Wann dürfen Zürcher Kirchen umgenutzt werden?
Die «Interorganisationale Kommission Sakralbauten und Kirchliche Liegenschaften Zürich» untersuchte die Potenziale der Kirchen, Kirchegemeindezentren und Kirchgemeindehäuser. Sie nahm in den letzten zwei Jahren jeden sakralen Bau der Stadt Zürich genauer unter die Lupe. Der nun veröffentlichte Bericht zeigt erstmals die Gesamtsicht der 25 römisch-katholischen und 26 evangelisch-reformierten Kirchenzentren, der 21 alleinstehenden Kirchen und der 19 alleinstehenden Kirchgemeindehäuser der Reformierten Kirche Zürich.
«Wir haben eine Situationsanalyse gemacht», sagte Kommissionspräsident Daniel Kündig. In enger Zusammenarbeit zwischen der Stadt, der reformierten sowie der katholischen Kirche entstand ein Instrument, das künftig Entscheidungen bezüglich der Gestaltung, Entwicklung und Bewirtschaftung von kirchlichen Liegenschaften vereinfachen soll.
Kirche, Disco oder Bordell?
«Heute wird die Frage nach einer Umnutzung zu schnell gestellt», so Kündig. Man spreche schon von einer Disco, einer Bibliothek oder einem Bordell, bevor man eine weitere kirchliche Nutzung überhaupt abgeklärt habe. «Es darf keine Liegenschaftsstrategie ohne kirchliche Strategie geben», so Kündig. Die Gottes- und Kirchgemeindehäuser seien ein teures Vermächtnis. «Die Kirchgemeinden sind oft mit sinkenden Steuereinnahmen bei steigenden Liegenschaftskosten konfrontiert», sagte der Kommissionspräsident. Selbstbindung, gesetzliche Auflagen, finanzielle Begrenzung und unprofessionelle Strukturen führten zu langwierigen, teuren Prozessen und unnötigen politischen Verhärtungen.
Im Bericht wurden das kirchliche Nutzungspotenzial, Städtebau und Architektur, die Ökonomie, der Quartiernutzen, Erschliessung und Einzugsgebiet sowie die denkmalpflegerische Betrachtung untersucht. Auf diesem Hintergrund erarbeitete die Kommission zehn Empfehlungen an die Stadt.
Als eine der vordringlichsten Massnahmen bezeichnete der Kommissionspräsident die Professionalisierung: «Es braucht eine Liegenschaftenbuchhaltung nach anerkannten Standards». Zudem seien viele Entscheide ressourcen- statt bedürfnisabhängig. Die Kommission rät zudem, die Frage nach der Umnutzung nicht zu schnell zu stellen.
Kirchlicher Hintergrund im Auge behalten
André Odermatt (SP), Vorsteher des Hochbaudepartements, versprach, bei der Diskussion um eine neue Nutzung eines sakralen Gebäuden immer den kirchlichen Hintergrund im Auge zu behalten. «Die Kirchen sind aber zu wertvoll, um sie abzuschliessen.» Odermatt nannte Quartiercafés, Proberäume zum Musizieren oder Betreuungsangebote als Nutzungsmöglichkeiten. Um zu Fantasieren, brauche es Fakten, sagte der Hochbauvorsteher. «Diese haben wir nun zusammengetragen.» Die Objekte seien minutiös untersucht und bewertet worden, nun könne man mit der Arbeit beginnen. (sda/aes)