Video zum Wochenende: Neue Normalität in Namie
Namie wurde besonders hart von der Nuklearkatastrophe von Fukushima getroffen. Wegen der Verwüstungen durch das Erdbeben und den damit verbundenen Tsunami und weil Namie in nächster Nähe des zerstörten Kernkraftwerks liegt. Wie hier die Normalität wieder einkehrt, zeigt das Video von Mattias Evangelista.
Kurz nach dem Unglück wurde das Gebiet um Fukushimas
zerstörtes AKW in einem Radius von 20 Kilometern zur Sperrzone erklärt. Namie
lag mehrheitlich innerhalb dieses Bereichs. Ein Tag nach dem Reaktorunfall
dürfte die Kleinstadt leer gewesen sein. Ihre Bewohner hatten sich selbst
evakuiert, ein Grossteil war mit dem Auto über die Nationalstrasse in Richtung
Nordwesten geflüchtet. Unseligerweise war das auch dieselbe Richtung, in der
die radioaktiven Wolken unterwegs waren.
Studien zufolge war die Mehrheit von ihnen einer Belastung
von 19 Mikrosievert pro Stunde (μSv/h) ausgesetzt. Dies liegt somit knapp
unter dem Schwellenwert von 20 μSv/h, den die Behörden für Gebiete festegelegt
hatten, die man zwar ohne Schutzausrüstung betreten, aber in denen man nicht übernachten
durfte und die später wieder dauerhaft besiedelt werden sollten.
Langwierige Dekontaminierung
Weil die Dekontaminierung solcher Regionen relativ
langwierig ist, wurden „temporäre Städte“ für die Evakuierten eingerichtet.
2017 konnten die Einwohner Namies und weiterer nahegelegener Ortschaften
schliesslich offiziell wieder in ihre Häuser zurückkehren, die japanische
Regierung hatte die entsprechenden Evakuierungsbefehle aufgehoben.
Allerdings haben rund ein Drittel der Bewohner von Namie
ihrem früheren Zuhause für immer den Rücken gekehrt, wie Studien ergeben haben.
Unter anderem, weil sie fürchten, dass sich die Strahlenbelastung nicht
konstant senken lässt.
Das Leben in Namie geht weiter
Zu denjenigen, die trotz der schwierigen Situation ihrem
Herkunftsort treu geblieben sind, gehören die Snowboarder Futa Adachi und
Hiroki Matsuura. Sie sind die Protagonisten im Video von Mattias Evangelista,
das den Alltag Namies und seine Entwicklung in den letzten Jahren aus Sicht der
beiden aufzeigt.
Futa war zum Zeitpunkt des Reaktorunfalls in Kanada, während
Hiroki zu Hause war. „Ich war hier bei meiner Familie und fragte mich, was hier
passiert, ich war durcheinander und hatte Angst. Es gab keine Evakuationen. Ist
unser Gebiet sicher?“ Ihm sei es wie vielen Leuten ergangen: „Wie kann man den
Ort verlassen, an dem man aufgewachsen ist? Man liesse ja alles hinter sich,
Familie, Freunde und die Arbeit. Später machte ich mir mehr Sorgen. Wir wollten
weg, aber wir hatten keinen Ort, an den wir hingehen konnten.“
Die Aufnahmen von Futa und Hiroki, wie sie über
schneebedeckte Hänge und durch eine scheinbar intakte Natur gleiten,
kontrastieren mit den Geschichten, die sie erzählen. Ebenso kontrastiert das
Interview mit einem Feuerwehrmann, der während des Unglücks im Reaktor vor Ort
gearbeitet hatte, mit den alltäglich anmutenden Bildern.
Dennoch haben ihre Geschichten eine Art Happy End. „In den letzten Jahren habe ich gesehen, dass die Leute wieder zurückkommen“, sagt Futa. „Ich habe viele bekannte Gesichter getroffen. Es ist schön sie wieder zu sehen.“ (mai)