13:27 KOMMUNAL

Temporärer Modulbau in Reinach: In vier Monaten zur neuen Schule

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Claudia Bertoldi

Nach den Fasnachtsferien ziehen die Schüler der Primarschule Surbaum in Reinach BL in eine neue Schule ein. Das Besondere daran: Die zwei Gebäude sind ein aus Modulen zusammengesetztes Ausweichquartier. Denn das alte Schulgebäude wird komplett erneuert.

Modulbau 1

Quelle: Claudia Bertoldi

Das Ausweichquartier für die Primarschule Reinach Surbaum besteht aus zwei gegenüberliegenden Gebäudekomplexen mit jeweils drei Geschossen. Ansicht eines der fast fertiggestellten Gebäude.

Ende September 2020 hat die Bevölkerung ihre klare Zustimmung zum Investitionskredit für den Neubau der Primarschule Surbaum in Höhe von rund 49 Millionen Franken gegeben. Das Projekt «Lernlandschaft» der Masswerk Architekten AG umfasst ein Schulhaus und eine Turnhalle und soll sensibel ins Quartier eingebettet werden. Dafür muss nun zunächst das alte Schulgebäude rückgebaut und für die komplette Bauzeit ein Ausweichquartier für die Kinder der 16 Primarklassen sowie deren Lehrpersonen geschaffen werden. 

Zweieinhalb Jahre sind für den Ersatzneubau der Primarschule Surbaum eingeplant. Währenddessen werden die Kinder in dem Provisorium unterrichtet, welches im Rahmen einer Generalunternehmerleistung von der Avesco Rent AG erstellt wird.

Das Schulausweichquartier für die Primarschule Reinach Surbaum besteht aus zwei parallel gegenüberliegenden Gebäudekomplexen mit jeweils drei Geschossen, die von einem zentralen Platz erschlossen werden. Der grosse asphaltierte Weiermattparkplatz, wo das Schulhausprovisorium zu stehen kommt, diente bisher den naheliegenden Schulkomplexen und Sportanlagen. 

Ab Ende September 2021 wurde er für die anlaufenden Bauvorbereitungen gesperrt. Seitens der Gemeinde wurden die Erschliessungsarbeiten mit Wasser- und Stromversorgung übernommen. 

Modulbau 2

Quelle: Claudia Bertoldi

Die Gebäude sitzen auf modularen Fundamentblöcken auf, die vorgefertigt geliefert und nach dem Abbau weiterverwendet werden können.

Die Planungen für den Modul-Ersatzschulbau begannen bereits 2020. Nach einigen Verzögerungen seitens der Bauherrschaft konnte Ende Oktober mit den ersten Arbeiten begonnen werden. Knapp 20 Wochen standen für die Vorbereitungen zur Verfügung. Die verwendeten Module sind fabrikneu, für ihre Produktion gab es nur knapp zwölf Wochen Vorlaufzeit.

Als erstes mussten die Fundamente gestellt werden. «Dafür mussten wir zunächst die Bodenfestigkeit überprüfen, die sich als ausreichend erwies. So konnten die modularen Fundamentblöcke zum Einsatz kommen, die fixfertig auf die Baustelle geliefert und mit dem Kran gesetzt werden», erklärt Andreas Hostettler, Leiter Mobilbau der Avesco Rent AG.

Das Murtener Unternehmen ist seit 20 Jahren im Mietgeschäft aktiv, seit 2014 gehören die Vermietung von einzelnen Containern und der Bau von massgeschneiderten temporären Gebäuden in Modulbauweise zum Firmenportfolio.

Modulbau 8

Quelle: Claudia Bertoldi

Den parallel gegenüberliegenden Gebäuden wurden zwei Personenlifte vorgestellt.. Die Liftschächte aus Holz wurden komplett in einem Stück angeliefert und vor Ort in der Höhe angepasst.

Fertigteile statt Tiefbauarbeiten

In Reinach stand dem Unternehmen eine grosse Fläche zur Verfügung, die als Zwischenlager für die Montageteile genutzt werden konnte. Dies und die gute Bodenfestigkeit waren für den schnellen Baufortschritt von grosser Bedeutung. Denn es entfallen aufwendige Aushubarbeiten sowie das Giessen der Fundamente.

Die modularen Fundamente bestehen aus einem oder zwei Betonelementen: Dem unteren Grundblock, der dem Kräfteabtrag dient, sowie bei Bedarf einem oben aufliegenden Nivellierblock zum Höhenausgleich bei abfallendem Gelände. Sie werden mit dem Kran versetzt und können nach dem Abbau des Gebäudes leicht entfernt und wiederverwendet werden. 

Die zwei Schulhäuser bestehen aus jeweils 90 Modulen, die dreistöckig angeordnet wurden. In Abstimmung mit der Schulleitung wurde ein Raumkonzept für den integrativen Unterricht umgesetzt. Dazu gehören grosszügige Klassenräume mit einer durchschnittlichen Grösse von 75 Quadratmetern.

Dies wird mit drei Meter breiten Modulen realisiert, die eine Länge von sechs beziehungsweise neun Metern aufweisen. An der Fassadenseiten ist jeweils ein Fenster integriert, die Fenster sind zur Sicherheit abschliessbar.


Modulbau 3

Quelle: Claudia Bertoldi

Ein grosser, fast fertiggestellter Gruppenraum: Die Platten der Fensterbrüstungstische sind noch zu montieren, ansonsten ist der Raum bereit zum Einrichten.

«Speziell auf Wunsch der Schulleitung wurden sehr grosse Räume angestrebt. Es soll viel Freiraum bestehen, um individuelles Lernen und Gruppenarbeit zu fördern. Frontalunterricht gehört inzwischen der Vergangenheit an», erklärt Hostettler die grosszügige Raumplanung.

Korridore dienen nur zu Erschliessung der zentralen Bereiche mit Treppenhäusern, Vorraum und Sanitärzellen. Jede Etage hat einen zentralen Multifunktions- und Aufenthaltsbereich, der mit den Klassenzimmern verbunden ist.

Hohe Sicherheitsstandards

«In den Gebäuden müssen alle gängigen Sicherheits-, Akustik- und Brandschutzvorschriften gewährleistet sein. Die Nutzungsform erfordert daher einen sehr hohen Ausbaustandard», sagt Andreas Hostettler. Die Containermodule sind bereits standardmässig mit nichtbrennbaren Akustikdecken ausgestattet. 

Alle brandabschnittsbildenden Wände und Türen sind gemäss Brandschutzvorschriften mit Feuerwiderstand EI 30 auszuführen. Die Bodenverlegung erfolgt direkt vor Ort, ein hochwertiger Linoleumbelag wird vollflächig ohne Bodenübertritte verlegt.

Auch der weitere Ausbau erfolgt laut Leistungsanforderung der Schule. Die Elektrik und IT-Kabel verschwinden unter einer feuchtigkeitsabweisenden Folie und doppelter Verschalung. Alle Schulräume werden bereits bauseitig voll funktionstüchtig mit programmierbaren elektrischen Storen, Elektroinstallationen, einem Waschbecken, Beamer, interaktiver Leinwand und Schultafel ausgestattet. Zudem verlaufen in den Klassen- und Gemeinschaftsräumen entlang der Fensterfront Fensterbrüstungstische, die als zusätzliche Arbeitsflächen genutzt werden können.

Modulbau 4

Quelle: Claudia Bertoldi

Im zentralen Erschliessungsbereich des zweiten Gebäudes müssen noch die Türen eingesetzt werden. Alle Teile sind vorgefertigt, die Montage geht zügig voran.

Bezugsfertiger Ausbau

Ähnlich Ausstattungen erhalten auch die Räume der Schulleitung, Lehrkräfte und des Hauswarts. Alle Wände sind in einem einheitlichen hellen Standard-Grauton gehalten. «Auf Wunsch ist die Farbe gegen Aufpreis wählbar. Aufgrund der recht kurzen Nutzungsdauer und der späteren Wiederverwendung für neue Projekte wird dies aber kaum in Anspruch genommen», so Hostettler.

Jedes einzelne Modul wird fixfertig verkabelt mit eigenem Sicherungskasten auf die Baustelle geliefert. Auch die Sanitärmodule sind komplett vorinstalliert und nach Wunsch ausgestattet, unter anderem getrennt nach Geschlecht mit entsprechender Sanitärkeramik und Toilettenkabinen.

Modulbau 5

Quelle: Claudia Bertoldi

Die Sanitärmodule werden fixfertig inklusive Sanitärkeramik oder Spiegel geliefert.

Barrierefreier Zugang

Nicht nur auf den Etagen sind alle Bereiche ohne Absätze, Stufen oder Schwellen behindertengerecht erschlossen. Jedes der zwei Gebäude wurde mit einem Personenlift ergänzt, der parallel zum Treppenhaus alle drei Etagen erschliesst. Auch nachträglich können Umbau- beziehungsweise Erweiterungsarbeiten einfach und schnell realisiert werden. Auch hier setzt die Avesco Rent AG auf Nachhaltigkeit, heisst Wiederverwendbarkeit. 

«Die zwei Liftfundamente wurden fixfertig in einem Stück geliefert. Das jeweils elf Tonnen schwere Betonelement kann nach dem Abbau in rund drei Jahren ausgehoben und bei einem neuen Projekt eingesetzt werden», so Andreas Hostettler. Auch die darauf montierten Liftschächte wurden in einem Stück mit dem Tieflader angeliefert. Sie sind aus Holz gefertigt und können vor Ort exakt an die benötigte Höhe angepasst werden. Nach dem Rückbau werden sie ebenfalls im Stück abtransportiert und wiederverwendet.


Modulbau 9

Quelle: Claudia Bertoldi

Der fertig angelieferte Holz-Liftschacht sitzt auf einem Fertigfundament. Das elf Tonnen schwere Betonmodul kann nach Bauende ausgehoben und wiederverwendet werden.

Nutzung bestimmt Ausbaustandard                                                                  

Die Montage und der Innenausbau schreiten rasch voran. Alle Einzelteile des Innenausbaus sind ebenfalls genormt und vorfabriziert, was eine schnelle Montage ermöglicht. Erfahrene Montagetrupps machen ein Zimmer nach dem anderen bezugsbereit. Türen werden eingebaut, die Leitungen mit Folie vor Feuchtigkeit geschützt und in Leitungskanälen und einer zusätzlichen Gips-Verschalung brandsicher abgedeckt.

Danach werden die Böden verlegt und verschweisst. In vielen Räumen sind bereits die Metallwinkel für die Tische entlang der Fenster montiert. Soeben werden paketweise  die Tischplatten angeliefert. Ein Radlader hebt sie von aussen über das Baugerüst durch die Fenster.

Die Containermodule werden je nach Anforderung bereits ab Werk entsprechend ausgestattet. Dabei werden sehr hohe Standards erreicht. Zur Auswahl stehen unter anderem als Basismodell Baucontainer, die als Umkleide- oder Aufenthaltsraum dienen.

Einen höheren Standard erfordern bereits die Module, die als Baubüro  zum Einsatz kommen. Hier ist eine bessere Isolation nötig, die Brandschutzvorschriften sind strenger. «Besondere Vorschriften für Brandschutz, Sicherheit, Akustik und Wärmedämmung sind bei den Modulen einzuhalten, die als temporäre Schule oder Kindergärten zum Einsatz kommen», erklärt der Leiter Mobulbau.


Individuell und wirtschaftlich

«Der Markt fordert immer schnellere, wirtschaftliche und möglichst anpassungsfähige temporäre Lösungen, die auch mehrfach verwendet und nach Bedarf angepasst werden können», so Hostettler. Der Modulbau ermögliche dies inzwischen mit einer flexiblen und individuellen Gestaltung. Der Aufbau selbst ist von Wetter und Jahreszeit unabhängig, kann dementsprechend kosten- und terminsicher kalkuliert werden. Die weitgehend wartungsfreien Materialien schaffen nebenbei auch noch geringe Unterhaltskosten.


Modulbau 7

Quelle: Claudia Bertoldi

Die temporären Ersatzschule in Reinach wird mit einem Heizsystem mit Luft/Luft-Wärmetauschprinzip klimatisiert, das an den Aussenfassaden montiert ist.

Entscheidend sind ebenso eine hohe Energieeffizienz, regenerative Heizsysteme, moderne Produktionswege und eine starke Materialeffizienz, die unter anderem durch die Wiederverwendung der Module und weiterer Bauteile gewährleistet wird.

In der temporären Ersatzschule in Reinach wird durch das Heizsystem über ein Luft/Luft-Wärmetauschprinzip und Isolierstandards nach SIA-Anforderungen auch ein klimafreundlicher Betrieb sichergestellt. Zudem erhält die Schule ihr individuelles Schliesssystem.

«Alles aus einer Hand» wird von Avesco Rent garantiert und geliefert. Der Einzugs-termin steht fest und wird garantiert eingehalten. Voraussichtlich bis Herbst 2024 wird der Lehrbetrieb hier laufen. Danach werden die beiden Schulhäuser in kürzester Zeit wieder abgebaut und kaum Spuren hinterlassen.


Schnitt Modulbau Primarschule Reinach

Quelle: zvg

Schnitt durch die zwei gegenüberstehenden dreigeschossigen Schulgebäude.

Die grösste temporäre Schule der Schweiz

Modulbau 11

Quelle: Avesco Rent

Ansicht des Schulgebäudeprovisoriums des Bildungszentrums Glâne in Fribourg.

Im Rahmen der Renovierung des Bildungszentrums in Glâne wurde von Avesco Rent eine temporäre Schule für mehr als 600 Schüler gebaut. Das temporäre Schulhaus wurde auf einem ehemaligen Schulsportplatz errichtet und konnte im August 2021 nach nur vier Monaten Bauzeit bezugsbereit übergeben werden. Voraussichtlich drei Jahre lang werden die Schülerinnen und Schüler in 27 Klassenräumen unterrichtet. Das aus insgesamt 246 Containern errichtete Gebäude umfasst neben den Unterrichtsräumen sowie Wissenschafts-, Kunst- und Vorbereitungsräumen auch Elemente für Sanitär- und Umkleideräume sowie Treppenhäuser. Einige Klassenräume wurden speziell mit angeschlossenen Tablets und interaktiven Whiteboards ausgestattet, die anschliessend in das neue Schulgebäude übernommen werden. (cs)

Modulbau 10

Quelle: Avesco Rent

Ansicht des Schulgebäudeprovisoriums des Bildungszentrums Glâne in Fribourg.

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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