Studie des Städteverbandes: Agglomerationsprogramme zentral für wirksame Verkehrspolitik
Mit den Agglomerationsprogrammen planen Kantone, Städte und Gemeinden koordinierte Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. In zwei Programmgenerationen lancierten sie bisher Projekte für insgesamt 8,4 Milliarden Franken. Der Bund beteiligte sich mit dem bisherigen «Infrastrukturfonds» mit 3,21 Milliarden Franken daran. Mit den dringlichen Massnahmen verbleiben für Agglomerationsprogramme nur noch 230 Millionen Franken im Infrastrukturfonds.
Positive Wirkung
Eine Studie des Schweizerischen Städteverbandes (SSV) zeigt nun erstmals im Überblick, dass die Agglomerationsprogramme entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Verkehrs in Städten und Agglomerationen haben. «Die Agglomerationsprogramme sind eine Errungenschaft, die nicht mehr aus unserer Verkehrs- und Siedlungsplanung wegzudenken ist», sagte Claudine Wyssa, Gemeindepräsidentin von Bussigny und Präsidentin der «Union des Communes Vaudoises».
Die Studie zeigte zudem folgende Resultate:
- Ohne die im Rahmen der Agglomerationsprogramme ergriffenen Massnahmen wären der öffentliche Verkehr und die Strassen noch stärker überlastet als heute. Fuss- und Veloverkehr wären zudem klar weniger attraktiv und verschiedene Tramprojekte konnten nur dank der Mitfinanzierung des Bundes realisiert werden.
- Agglomerationsprogramme fördern die verknüpfte Betrachtung von Verkehrs- und Siedlungsentwicklung und haben zur Bildung von tragfähigen Zusammenarbeitsstrukturen innerhalb der Agglomerationen geführt.
- Raumplanerische Ziele wie etwa die «Siedlungsentwicklung nach innen» und die auf die Siedlungsentwicklung abgestimmte Verkehrsplanung wurden dank den Programmen konkretisiert.
Verbessern und weiterentwickeln
Nebst zahlreichen Stärken ortet die Studie auch Verbesserungspotenzial. So etwa beim administrativen Aufwand für die Beteiligten. Lösungsansätze wie etwa Pauschalbeträge für Massnahmenpakete liegen vor. Der Städteverband fordert, dass solche Vorschläge unter Einbezug von Städten und Gemeinden rasch konkretisiert werden.
Weiter sei wichtig, dass die drei Bundesämter ARE, Astra und BAV ihre Planungsprozesse zeitlich und inhaltlich besser aufeinander abstimmen. «Nur ein koordiniertes Vorgehen sichert die grösstmögliche Wirkung der Programme und damit der eingesetzten Mittel», sagte Corine Mauch, Stadtpräsidentin von Zürich und Vizepräsidentin des Städteverbandes.
Die Studie empfiehlt, dass der Bund im Agglomerationsverkehr weiterhin alle Verkehrsmittel (ohne Eisenbahn) und Massnahmenkategorien mitfinanziert und offen für technische Innovationen bleibt. Nur so können die Programme den komplexen Verflechtungen im Stadtverkehr gerecht werden. Der Fokus der Agglomerationsprogramme soll auf den Themen «Verkehr und Siedlung» bleiben und nicht um zusätzliche Bereiche wie etwa Biodiversität erweitert werden. Dadurch drohte eine Verzettelung, die der Effizienz der Programme abträglich wäre.
NAF rasch verabschieden
Die Fortsetzung der Agglomerationsprogramme sei zur Lösung der wachsenden Verkehrsprobleme in den Agglomerationen dringend nötig, so das Fazit der Studie. Bisher haben 49 von 55, also beinahe 90 Prozent der berechtigten Agglomerationen und Einzelstädte, ein Agglomerationsprogramm erarbeitet. Es ist davon auszugehen, dass diese Quote ähnlich hoch bleibt, wenn dem Bund Ende 2016 neue Vorhaben zur Prüfung vorgelegt werden.
Bei der letzten Generation der Agglomerationsprogramme mussten Projekte im Umfang von 4.15 Milliarden Franken zurückgestellt werden (B-Liste).
Zur Fortsetzung der Agglomerationsprogramme muss laut SSV der befristete «Infrastrukturfonds» durch den neuen «Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds» NAF abgelöst werden. Kurz vor Abschluss der Parlamentsdebatte ist die unbefristete und ausreichende Finanzierungslösung unbestrittener Bestandteil der Vorlage. Der Städteverband fordert, den NAF nun rasch zu verabschieden, damit er rechtzeitig für die dritte Generation der Agglomerationsprogramme bereit steht.
Zusammenarbeit Vorbild für andere Politikbereiche
Kurt Fluri, Stadtpräsident von Solothurn und Präsident des Städteverbandes, lobt die Zusammenarbeit der drei Staatsebenen bei den Agglomerationsprogrammen. Diese sei ein Vorbild für andere Politikbereiche. Er monierte allerdings, dass bei der Unternehmenssteuerreform III oder der Prävention vor Radikalisierung und Extremismus diesem Vorbild kaum nachgelebt worden sei. Obwohl Prävention eine genuin lokale Aufgabe sei, habe der Sicherheitsverbund Schweiz seinen Bericht ohne Städte und Gemeinden erarbeitet.
Und bei der Unternehmenssteuerreform III lehnte das Parlament eine Bestimmung zur Berücksichtigung der Städte und Gemeinden ab, obwohl diese von den Auswirkungen stark betroffen sind. «Ich beobachte eine Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Handeln», stellt Fluri fest. (mgt/aes)
Die Studie «Agglomerationsprogramme Bilanz und Perspektiven» (PDF)