Soldatenstube: Luzerner Stadtrat stellt "letztes Ultimatum"
Die Bewohnerinnen und Bewohner der Soldatenstube am Murmattweg bei der Luzerner Allmend müssen das Gebäude dringend räumen. Nachdem sie es bis heute Montag hätten verlassen sollen, dies aber nicht taten, hat ihnen der Stadtrat ein "letztes Ultimatum" gestellt: Sind sie bis am Donnerstag nicht ausgezogen, wird er Strafanzeige einreichen.
Danach liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft, die über
eine allfällige Räumung entscheiden müsse. Dies erklärte Luzerns Baudirektorin
Manuela Jost (GLP) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone SDA. Die Fakten
seien klar, das Haus sei in einem prekären Zustand.
Diese Tatsache wollten die Bewohnerinnen und Bewohner auch
heute Montag, am Tag, als sie das Haus eigentlich hätten verlassen und die
Schüssel der Liegenschaft der Stadt hätten zurückgeben sollen, nicht
anerkennen. Sie teilten bereits am frühen Morgen mit, dass sie bleiben werden.
In einer Medienmitteilung schreiben sie: "Wenn wir hier rausgehen, wird
das Haus abgerissen." Das würden sie nicht übers Herz bringen.
"Nicht nach all dem, was wir die letzten zweieinhalb Jahre für diesen Ort
gemacht haben."
"Familie Eichwäldli" will Soldatenstube erhalten
Die Gruppierung, die sich "Familie Eichwäldli" nennt, wohnt seit 2018 in der 1935 erbauten Soldatenstube: Nachdem sie 2018 als Untermieter in das Gebäude eingezogen und der Mietvertrag ausgelaufen war, hatte sie die Besetzung ausgerufen. Darauf legalisierte die Stadt die Besetzung mit einem Gebrauchsleihvertrag, der im September 2020 auslief, und gewährte bis heute Montag eine Frist, um auszuziehen.
Danach soll das
als baufällig eingestufte Gebäude abgerissen werden. Um dies zu verhindern,
habe man in der vergangenen Woche ein "Expertenteam aus den
Bereichen Architektur, Statik, Holzbau und Denkmalschutz" für eine
Neubeurteilung des Gebäudes zusammengestellt, schreibt die "Familie Eichwäldli"
in ihrer Medienmitteilung weiter.
Die Kosten für diese Neubeurteilung wollen die
Bewohnerinnen und Bewohner selber tragen. Weiter schlagen sie vor, sämtliche
Kosten zu übernehmen, die durch Messungen und Sofortmassnahmen in der
Erarbeitungsphase dieser Neubeurteilung anfallen. Sie seien zuversichtlich,
dass der Stadtrat an einer "deeskalativen und konstruktiven Lösung"
interessiert sei, heisst es. "In diesem Sinne werden wir uns weiter mit
allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, kreativen Ideen und starkem Willen
für den Erhalt des Eichwäldlis einsetzten."
Areal für Zwischennutzungen freigeben
Derweil hält der Stadtrat in seiner Medienmitteilung fest,
dass man am Wochenende den Vorschlag der "Familie Eichwäldli", auf
eigene Kosten eine gesamtheitliche Neubeurteilung zur Sanierung der
Soldatenstube vorzunehmen, diskutiert habe.
Das Resultat: "Der Vorschlag bringt nichts Neues",
so Baudirektorin Manuela Jost auf Anfrage der SDA. Der Stadtrat habe in den
Ausführungen keine substantiellen Anhaltspunkte gefunden, die ihn veranlassen
könnten, seine städtebauliche, baustatische, finanzielle und rechtliche
Beurteilung sowie seine Einschätzung zu den Risiken zu ändern. Der Vorschlag
enthalte keine Zusagen, der die Kostenrisiken und die Haftungsrisiken für die
Stadt mindern würden. Dies habe er am Sonntagabend der "Familie
Eichwäldli" per E-Mail mitgeteilt.
Nach dem Rückbau der Soldatenstube will der Stadtrat das
Areal für Zwischennutzungen freigeben. Da es eine Landreserve für zukünftige
Bedürfnisse ist, stehe es dafür für mehr als zehn Jahre zur Verfügung.
Demonstration gegen Pläne der Stadt
Dass man bei der Stadt nicht bereit gewesen ist, den Vertrag zu
verlängern, liegt daran, dass man die Investitionen zum Erhalt des 1935
erbauten und als baufällig eingestuften Gebäudes für unverhältnismässig
erachtet. Darum plante die Stadt den Rückbau, gewährte den Bewohnerinnen und
Bewohnern für den Auszug aber eine Frist bis Ende Januar 2021. Ende Januar
wiederum verlängerte der Stadtrat die Frist für den Auszug erneut. Und zwar bis
am 15. Februar, weil der Grosse Stadtrat in der Zwischenzeit über die Nutzung
der Soldatenstube debattierte. Ende Januar demonstrierten 300 Personen gegen
die Pläne der Stadt.
Unterstützung für Soldatenstube-Bewohner
Der Grosse Stadtrat unterstützte schliesslich das Anliegen der "Familie Eichwäldli". Mit einem dringlichen Postulat forderte das Stadtparlament die Stadtregierung auf, die Soldatenstube vorderhand stehen zu lassen. Mit baulichen Massnahmen solle dafür gesorgt werden, dass das Gebäude noch ein weiteres Jahr bewohnt werden könne. Aber auch dies konnte die Haltung der Stadtrats nicht ändern. Genau so wenig wie der aktuelle Vorschlag der Bewohner einer Neubeurteilung auf eigene Kosten. So stellte der Stadtrat ihnen am Montag schliesslich "ein letztes Ultimatum". (sda/mai)