09:57 KOMMUNAL

Photovoltaik in Ziegeloptik: Kompromiss von Erhalt und Solarleistung

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: zvg

Denkmalgeschützte Gebäude unterstehen zwar bei baulichen Eingriffen gesetzlichen Bestimmungen. Doch im Bedarfsfall liessen sich Dächer bestimmter Gebäude für die Produktion von Solarstrom nutzen. Zu Forschungszwecken installierte das Fraunhofer-Institut ISE in der deutschen Stadt Eppingen eine ziegelrot beschichtete PV-Anlage auf das Dach eines historischen Gebäudes.

Solardach

Quelle: zvg

Dächer bestimmter denkmalgeschützter Gebäude bieten zwar auch Potenzial für die Produktion von Solarstrom, doch darf der bauhistorische Bezug zur Entstehungsepoche nicht allzu stark beeinträchtigen werden. Das Fraunhofer-Institut ISE forscht an Lösungen.

Über Jahrhunderte gewachsene Siedlungsstrukturen oder frei stehende historische Gebäude benötigen bei baulichen Eingriffen neben der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ein besonderes kunsthistorisches Feingefühl. Mit der anvisierten Energiewende geraten mitunter auch schützenswerte Bauten ins Blickfeld, um deren Dachflächen für die Produktion von Solarstrom nutzen zu können. Dabei müssen sich integraler Erhalt und Funktionalität modernster Technik nicht ausschliessen.

Auf dem Dach einer Turnhalle im deutschen Eppingen will das Fraunhofer ISE nun mit einem konkreten Anwendungsfall zeigen, auf welche Weise Photovoltaik möglichst dezent auf Dächern integriert werden könnten. Harry Wirth, Bereichsleiter photovoltaische Module und Kraftwerke am Fraunhofer ISE, sieht die praxisorientierte Anwendung als wichtigen Forschungsbeitrag, dass bauwerkintegrierte PV funktioniert. 

Ziel des Forschungsprojekts «PVHide» ist es zudem, für die Eigentümerschaft skalierbare Konzepte für kostengünstige Lösungen zu entwickeln. Erreicht werden liesse sich das Ziel mit der vom Fraunhofer ISE entwickelten neuen Generation einer photonischen Morpho-Color-Struktur zur farbigen Gestaltung des Deckglases von PV-Modulen oder auch von solarthermischen Kollektoren. Umgesetzt wurde das Projekt der speziellen Beschichtung der Modul-Gläser von industriellen Partnern.

Für Auf- und Indachbereich

Forschung und Industrie erhoffen sich einen Durchbruch für die grossflächige Anwendung der Morpho-Color-Technik. «Seit der Herstellung der farbigen Glasscheiben konnten wir unser Verständnis für die Optik und Winkelstabilität der Farben noch deutlich verbessern», sagt Thomas Kroyer, Projektleiter am Fraunhofer ISE. Unabhängig davon, aus welcher Richtung die Sonnenstrahlen auf die mit dem Morpho-Color-Verfahren beschichten PV-Module treffen, präsentiert sich die Dachfläche immer im selben Farbton.

Für Thomas Frey, Architekt und Abteilungsleiter Hochbau der Stadt Eppingen, ist das Projekt zudem ein wichtiger Schritt in Richtung einer ästhetischen Integration von PV-Anlagen in den schützenswerten Bestand der Fachwerkstadt. Die PV-Module kombinieren Optik und Klimaschutz, sodass auch energieintensive denkmalgeschützte Altbauten mit leistungsstarken und farblich angepassten PV-Anlagen ausgestattet werden könnten. Die rot beschichteten Solargläser sollen sich dem Vernehmen nach sowohl für den Auf- als auch für den Indachbereich.

Zuerst Flächen anderer Nutzbauten

Laut Forscherinnen und industriellen Entwicklern soll die Lösung einen «fast gleichbleibend hohen» Wirkungsgrad ermöglichen. Die Pilotinstallation auf der nach Osten und Westen ausgerichteten Dachfläche besteht aus 224 PV-Modulen mit einer Gesamtleistung von 66 Kilowatt Peak produziert laut Mitteilung mindestens 90 Prozent des Stroms, den eine klassische PV-Dachanlage mit unbeschichteten Gläsern erzeugen würde. In den kommenden Monaten wird das Institut ein Monitoring durchführen. Anhand der gemessenen Einstrahlungswerte wird der zu erwartende Ertrag berechnet und mit den real ermittelten Erträgen verglichen.

Auch soll die Beschichtungstechnologie, die vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, weiterentwickelt werden, um auch andere farbige Schichten im Prototypenmassstab realisieren und eine mögliche Produktion skalieren zu können. Mit der patentierten Technik liessen sich neue oder breitere Anwendungsfelder für die Photovoltaik erschliessen. Zu denken ist dabei etwa an die Dächer und Fassaden landwirtschaftlicher Nutzbauten sowie von Industrie- und Gewerbegebäuden bevor die Dächer denkmalgeschützter Häuser mit PV-Anlagen bestückt werden. (mgt / sts )

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Redaktor Baublatt

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