15:01 KOMMUNAL

Koppigen im Clinch mit dem Kanton Bern

Teaserbild-Quelle: Bild: Dietrich Michael Weidmann/Wikicommons

«Die Finanzlage unserer Gemeinde ist schwierig, wie in vielen anderen bernischen Gemeinden auch. (...) Vor allem die Umverteilung der Lasten vom Kanton zu den Gemeinden belastet diese enorm.» So beginnt ein offener Brief, den die Emmentaler Gemeinde Koppigen am 12. Dezember 2014 an den Berner Regierungsrat schrieb. Mitunterzeichnet haben die 17 Gemeinden Aefligen, Affoltern, Alchenstorf, Dürrenroth, Ersigen, Kernenried, Krauchthal, Lauperswil, Lützelflüh, Niederösch, Oberösch, Rüdtligen-Alchenflüh, Rüti, Schangnau, Signau, Sumiswald und Willadingen.

Juristen statt Sachbearbeiter

In den Bereichen öffentlicher Verkehr, Sozialhilfe und Ergänzungleistungen hätten sich die Ausgaben für Koppigen in den letzten zehn Jahren um 59 Prozent erhöht, rechnen Gemeinderatspräsidentin Ursula Kilchenmann und Gemeindeschreiber Peter Kindler vor. Schuld an dieser Steigerung seien vor allem die Professionalisierungs- und Zentralisierungstendenzen im Kanton: «Man fragt sich, ob beim Kanton Leistungen erbracht werden, die eventuell gar nicht nötig sind, oder die den Direktbetroffenen in Rechnung gestellt werden könnten. Überall dort, wo die "Professionalisierung" Einzug gehalten hat, sind die Kosten explodiert.» Als Beispiel wird, einmal mehr, die viel gescholtene Kesb erwähnt: «Die Personalkosten bei der Kesb explodieren, da aus Sachbearbeiterlöhnen Juristenlöhne geworden sind.»

Koppigen hat beim Kanton auch Sparpotenzial entdeckt. Im Brief wird die Durchleuchtung des Verwaltungsapparates, die Überprüfung von Stellen, die überqualifiziertes Personal aufweisen, von Informatik- und Strassenunterhaltsprojekten oder die Streichung von Beiträgen an Privat- und Sportschulen erwähnt.

Hat Koppigen falsch gerechnet?

Knapp zwei Monate brauchte der Regierungsrat um auf den Brief aus Koppigen zu antworten. Darin schreibt die Kantonsregierung, dass die Lastenverschiebungen zwischen Kanton und Gemeinden jeweils kostenneutral vorgenommen worden seien. Die Kosten für Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen und öffentlichen Verkehr hätten zwischen 2004 und 2013 nicht um 59, sondern lediglich um 33 Prozent zugenommen.

Die Gemeinde berücksichtige nämlich nicht, dass im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) der Bund 2008 den bisherigen Finanzierungsanteil der Kantone übernommen habe. «Dies führte ab dem Jahr 2010 zu einer finanziellen Entlastung der Gemeinden von rund 95 Millionen Franken.»

Bei den KESB trage der Kanton Bern den allfälligen Mehraufwand in der Abklärung und Mandatsführung. Und passiv sei der Kanton nicht, wie die kantonale Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP) gezeigt habe.

Wer das Antwortschreiben genau liest, der entdeckt sogar versöhnliche Passagen – oder zumindest Entschuldigungen, dass weder Kanton noch Gemeinden für die Kostensteigerungen verantwortlich sind: «Verbundaufgaben werden vom Kanton und den Gemeinden gemeinsam finanziert, Kanton und Gemeinden sitzen somit in Bezug auf die Kostendynamik „im gleichen Boot". Bei den Lastenausgleichen sehen wir uns grösstenteils mit Entwicklungen konfrontiert, welche weder der Kanton noch die Gemeinden direkt beeinflussen können.» (aes)

Der offene Brief aus Koppigen (PDF)

Die Antwort des Regierungsrats (PDF)

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