Klimawandel verstärkt Verbreitung gebietsfremder Pflanzen
Mit dem Klimawandel wachse die Gefahr, dass sich mediterrane und subtropische Gewächse ausbreiten und heimische Arten verdrängen, sagte der Hauptautor der Studie, Mark van Kleunen von der Universität Konstanz. Er hat gemeinsam mit Kollegen unter anderem aus der Schweiz eine umfassende Übersicht über sogenannte Neophyten weltweit erstellt – von Pflanzen also, die sich auf fremdem Boden etabliert haben.
Mehr als 13'000 Neophytenarten weltweit, 500 bis 600 in der Schweiz
Überrascht habe ihn, wie gross die Zahl der ausgewanderten Arten sei, sagte der Ökologe. Fast vier Prozent der globalen Flora, insgesamt mehr als 13'000 Arten, seien auch fernab ihrer Heimat zu finden. Zum Vergleich: In ganz Europa gibt es rund 14'000 Pflanzenarten. Die Resultate werden in der Fachzeitschrift «Nature» vorgestellt.
In der Schweiz haben sich schätzungsweise 500 bis 600 Neophyten angesiedelt, in Deutschland rund 450. Nicht alle verdrängten die heimische Flora, sagte van Kleunen. Einige potenziell problematische Arten haben sich bislang kaum verbreitet. Doch sie könnten einen plötzlichen Boom erleben, wenn sich die Lebensbedingungen zu ihren Gunsten ändern – etwa, wenn die Sommer heisser und die Winter milder werden.
Vorsicht vor dem Wandelröschen und der Hanfpalme
Dies gelte unter anderem für einige Gartenpflanzen aus mediterranen und subtropischen Zonen, sagte der Biologe. Das hübsche, aber hochgiftige Wandelröschen etwa habe sich in anderen Teilen der Welt schon unkontrolliert verbreitet.
Ähnliches gelte für die Hanfpalme, ein beliebtes Gewächs für den Vorgarten. Im Tessin verdränge diese Art bereits den heimischen Wald. In der Schweiz ist der südliche Kanton mit seinem milden Klima von der Pflanzeninvasion besonders stark betroffen.
Zierpflanzen aus den Gärten sind das Hauptproblem
Van Kleunen rät generell zu mehr Vorsicht im Gartenbau. Es solle genau überlegt werden, welche Pflanzen man von anderen Kontinenten nach Europa hole. Problematische Arten sollten unbedingt im Auge behalten werde, um eingreifen zu können, bevor sie wirklich heimisch werden.
Wenn es um Neophyten geht, ist Europa aber nicht nur Opfer, sondern auch Täter. «Wir haben fast die ganze europäische Flora exportiert», sagte van Kleunen. So macht sich der rot blühende Blutweiderich in Nordamerika breit. Zur Plage wird dort auch die Knoblauchsrauke, die Einwanderer als Gewürz mitbrachten und die heimische Arten verdrängt.
Neuseeland: So viele Neophyten wie einheimische Pflanzen
Besonders betroffen ist jedoch Neuseeland. Weil dort die Weiden für Kühe und Schafe zu mager waren, brachten Siedler Pflanzen aus ihrer Heimat mit und säten sie teils sogar mit Flugzeugen aus. Die Folge: Heute hat Neuseeland eine fast europäische Flora. Es gibt 1500 einheimische Pflanzenarten - und 1500 exotische. «Das ist schon ein eher krasses Beispiel», sagte van Kleunen. Nicht überall auf der Welt seien solche Folgen zu erwarten. «Doch die Pflanzenwelt wird in Zukunft homogener und ein bisschen langweiliger.»
Die Forscher hatten für Analyse Informationen zu eingewanderten Pflanzenarten aus über 480 Festland- und mehr als 360 Inselregionen gesammelt. Die meisten nicht-heimischen Arten haben sich demnach mit fast 6000 in Nordamerika angesammelt, die schnellste Zunahme bei der Zahl der Invasoren gibt es derzeit auf den Pazifikinseln. (sda/mrm)