Karten zur Biodiversität in Zürich: Grosse Artenvielfalt im Stadtzentrum
Auch im Stadtzentrum kommen seltene Tierarten vor. Dies zeigen die erstmals von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald und Schnee und Landschaft (WSL) erstellten Biodiversitätskarten für die Stadt Zürich. Der Schutz dieser Vielfalt kann Städten im Kampf gegen den Klimawandel helfen.
Städte sind vielfältigere Ökosysteme, als gemeinhin angenommen. Dies zeigen die Biodiversitätskarten, die WSL-Doktorand Joan Casanelles Abella im Rahmen des Projekts BioVEINS für das Zürcher Stadtgebiet erstellt hat.
Die Basis für die Karten lieferte ein Datenschatz der WSL: Während der letzten zehn Jahre hat die WSL in der Stadt Zürich unter Leitung der Biologen Marco Moretti und Martin Obrist in mehreren Studien das Vorkommen und die Verbreitung diverser Tierarten untersucht. Dabei ist ein Inventar von insgesamt 1446 Arten zusammengekommen. Laut WSL verfügen nur wenige Städte ähnlich detaillierte Informationen zu ihrer Biodiversität. Neben Daten zur Verbreitung unterschiedlicher Vogel- und Insektenarten finden sich im Inventar auch Angaben zum Vorkommen von bislang weniger intensiv untersuchter Artengruppen, zum Beispiel Schnecken oder Tausendfüsser.
Vom Hausspatz bis zur Roten Wespe
Quelle: Silva Maier
Gehört zum Inventar der Stadt: Spatz auf Nahrungssuche in einem Café auf dem Sechseläutenplatz.
Casanelles Abellas Auswertungen zeigen, dass Zürich bezüglich der untersuchten Tiergruppen eine grossse Artenvielfalt aufweist: Nebst zum Beispiel dem stark verbreiteten Hausspatz (Passer domesticus) oder der häufig vorkommenden Gemeinen Narzissenschwebfliege sind in der Stadt auch zahlreiche seltene Arten zu Hause wie die Rote Wespe (Vespula rufa) oder der Tausenfüssler Haplophilus subterraneus, der allerdings nur in einem von 85 untersuchten Gärten festgestellt worden ist.
Um die Karten zu erstellen, kombinierte Casenelles Aballa die Verbreitungsdaten mit Angaben zur Umwelt, etwa zum lokalen Klima oder zur Art der Grünraumbewirtschaftung, in einem Computermodell. Dieses kann das Auftreten einer Art oder einer Artengruppe auf dem Stadtgebiet vorhersagen. «Wir hatten ja nur Momentaufnahmen von unseren ausgewählten Stichprobenflächen. Dank dem Modell können wir abschätzen, wie gross die Artenvielfalt in der Stadt Zürich potenziell sein könnte», erklärt Casanelles Abella.
Diese Informationen setzte er grafisch um und erstellte für verschiedene Artengruppen Karten mit den «Hotspots» und «Coldspots» der Biodiversität, respektive Gebiete mit hoher oder tiefer Artenvielfalt. «Bei genügend guter Datengrundlage kann unsere Modellierungsmethode auch in anderen Städten angewendet werden», so der Wissenschaftler
Kleinräumiges Klima kann seltene Arten fördern
Quelle: Richard Bartz, Munich aka Makro Freak - Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5
Die Rote Wespe, eine soziale Wespe, die im Boden nistet, zählt zu den selteneren Bewohnerinnen der Stadt Zürich.
Dabei zeigte sich auch, dass die Verteilung rarer Arten keinem klaren ökologischem Muster folgt, sondern dass vielmehr Faktoren auf lokaler Ebene wie zum Beispiel das kleinräumige Klima an einem bestimmten Standort oder die Bewirtschaftung durch den Menschen eine grössere Rolle spielen könnten. Wie Casanelles Abella erklärt, ist die Stadt als Ganzes ein wertvoller Lebensraum für Tiere, der geschützt werden müsse, so wie dies der Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz vorsieht.
Nebenbei könnte der Schutz der Biodiversität in der Stadt einen für die Bevölkerung einen angenehmen Nebeneffekt haben: «Jede zusätzliche Grünfläche ist nicht nur Lebensraum für Tiere und Pflanzen, sondern kann auch helfen, die Hitze in der Stadt zu mindern», so Casanelles Abella.
Die notwendige Anpassung an den Klimawandel, die die Stadt Zürich derzeit mit der Fachplanung Hitzeminderung angeht, lässt sich also mit dem Schutz der Biodiversität kombinieren. (mgt/mai)