Heimat- und Denkmalschützer fürchten um ihren Einfluss
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien prallen die Interessen von Heimatschutz und Kraftwerkbetreiber aufeinander. «Unter dem Vorwand der Energiewende soll mit der Parlamentarischen Initiative ‚Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission und ihre Aufgabe als Gutachterin’ der Schutz wichtiger Baudenkmäler und Landschaften in der Schweiz geschmälert werden», hält die Alliance Patrimoine in einer Medienmitteilung fest.
Mitglied der Allianz sind Schweizer Heimatschutz (SHS), die Nationale Informationsstelle für Kulturgüter-Erhaltung, der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK) und die Archäologie Schweiz.
Mit der Allianz, die sich als «Anwältin des kulturellen Erbes» versteht, wehren sich die Organisationen gegen Bestrebungen, den Natur- und Heimatschutz zurückzubinden. Sie haben nun vorsorglich das Referendum ergriffen.
Demontage des Denkmal- und Landschaftsschutzes?
Dabei haben die Organisationen vor allem eine parlamentarische Initiative aus dem Ständerat im Visier: Derzeit arbeitete eine Kommission auf Basis des Vorstosses eine entsprechende Gesetzesrevision aus. Bei der Bewilligung von Bauten zur Nutzung erneuerbarer Energie soll Gutachten von Natur- und Heimatschutz-Verbänden künftig weniger Gewicht eingeräumt werden.
Die Allianz sieht darin eine «Demontage des Denkmal- und Landschaftsschutzes». Die Interessen des Natur- und Heimatschutzes dürften nicht über jene der Förderung der erneuerbaren Energie gestellt werden, erklärt dazu SHS-Geschäftsleiter Adrian Schmid.
Der Heimatschutz stehe hinter der Energiewende. Diese sei aber «kein Freipass, die letzten wilden Bergbäche zu betonieren oder die Dächer von geschützten Baudenkmälern willkürlich mit Solaranlagen zu bestücken.»
Dächer gibt es genug
Aus Sicht der Allianz gibt es genügend andere Möglichkeiten für Anlagen mit erneuerbaren Energieträgern, ohne dass dafür Kulturgüter in Mitleidenschaft gezogen werden. Denn laut der Allianz stehen gerade mal fünfzehn Prozent der Gebäude in der Schweiz stehen unter Denkmal- oder Ortsbildschutz. Damit blieben rund 1,5 Millionen Gebäude, auf denen bedenkenlos Solaranlagen gebaut werden könnten, so Nicole Bauermeister, Direktorin der GSK.
Verhindern will die Allianz beispielsweise Solaranlagen auf den Dächern der Berner Altstadt. Solche «Juwelen» gelte es zu schützen, meint Schmid. Für den Ausbau stünden aber vermehrt auch Schutzgebiete und -objekte wie etwa jene im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN). Des Weiteren gibt die Allianz zu bedenken, dass es viel effizienter sei, Solaranlagen auf Fussballstadien oder Einfamilienhäusern zu installieren, als in einer dicht gebauten und deshalb bereits energieeffizienten Altstadt.
Kritik wegen verlängerten Bewilligungsverfahren
Angesichts der deutlichen Annahme des neuen Raumplanungsgesetzes und des Erfolges der Zweitwohnungsinitiative sieht die Allianz ihr Anliegen des Kulturguterhaltes in der Bevölkerung breit abgestützt.
Zum Verhältnis von Schutz und Nutzen hat auch der Bundesrat Vorschläge in seiner Energiestrategie gemacht, die einen markanten Ausbau der erneuerbaren Energie vorsieht. Die Nutzung und der Ausbau erneuerbarer Energien soll nach dem Vorschlag als nationales Interesse verankert werden. Bei Anlagen ab einer gewissen Grösse wären die Interessen am Bau gleich- oder höherwertig als die Interessen des Heimatschutzes. Der SHS zeigte sich gegenüber diesem Vorhaben in der Vernehmlassung skeptisch und mahnte zu einer umsichtigen Umsetzung einer solchen Bestimmung.
Auf Kritik im Zusammenhang mit verlängerten für Bewilligungen durch Beschwerden, weisen die Heimatschützer darauf hin, dass der SHS solche zurückhaltend einsetzt und eine relativ hohe Erfolgsquote vorweisen kann. (mai/sda)