11:35 KOMMUNAL

Grünflächen: Nichts zu klein, um Natur zu sein

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Natur und Landschaft können auf verschiedenste Art und Weise gefördert und gestaltet werden. Von den vielen Möglichkeiten sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Denn schon mit einfachen Mitteln lässt sich aus vernachlässigten Gärten oder kleinen Restflächen Grünes herauskitzeln.

Restfläche bei einem Parkplatz

Quelle: zvg

Karge Restflächen können durch gezielte Aufwertung zu urbanen Oasen werden.

Naturförderung in der Gemeinde ist nicht bloss ein Engagement für die Umwelt. Schöne Grünflächen stärken das Image einer Ort­schaft. Die Nähe zur Natur ist bei der Wohnortwahl für viele ein wichtiges Kri­terium. So verschieden wie die gemein­despezifischen Begebenheiten sind, so breit ist auch das Spektrum an Möglich­keiten, mit denen eine Gemeinde die Grünflächengestaltung beeinflussen kann. Und der Nutzen ist nicht zu unter­schätzen: «Naturförderung ist ein Gewinn für den Lebensraum und die Artenvielfalt und sorgt für eine Landschaft mit hohem Erholungswert. All das ist auch ein Wer­beargument für die Gemeinde», sagte Hans-Ruedi Kunz, Präsident des Natur-und Vogelschutzvereins Suhr (NVV), im Kurs «Naturförderung in der Gemeinde» im Naturama Aargau. Der NVV fördert im Auftrag der Gemeinde Suhr AG die Natur im Siedlungsraum, im Landwirt­schaftsland und im Wald.

Gestaltung auf allen Ebenen

Die «Naturförderungsbrille» kann in der Gemeinde in unterschiedlichen Aufga­benbereichen und Situationen aufgesetzt werden:

■ Gestaltungsplan

Bereits auf Stufe Gestaltungsplan kön­nen Vorgaben zur Naturförderung formu­liert werden, beispielsweise dass nur ein­heimische Pflanzen und keine Exoten ge­pflanzt werden dürfen. Auch Forderungen zum Schutz bestimmter Tiere sind denk­bar. «Gleiches gilt für die Lichtverschmut­zung. Wenn man Vorgaben zu den Licht­quellen macht, so dass diese nicht ein­fach irgendwo in den Himmel strahlen, sondern dorthin, wo man das Licht auch tatsächlich haben möchte, hat man schon viel gewonnen», sagt Sebastian Meyer, Abteilung Landschaft und Gewäs­ser des Departements Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau.

■ Baugesuch

Die Gemeinde kann mit Auflagen in der Baubewilligung zur Naturförderung bei­tragen. Im Bereich der Lichtverschmut­zung etwa kann sie sich auf das Umwelt­schutzgesetz stützen. Zur Vermeidung von Vogelschlag hingegen gibt es bei­spielsweise keine gesetzliche Grundlage. Dort lohne es sich, das Gespräch mit den Bauherren zu suchen, sagt Meyer. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele Bauher­ren das Vogelschlagproblem nicht ken­nen. Wenn man es ihnen mit entspre­chenden Lösungsvorschlägen aufzeigt, ist es aber selten ein Problem.»

■ Eigene Grundstücke

Die Gemeinde hat meist auch eigene Grundstücke, über deren Gestaltung sie ohne gesetzliche Grundlage entscheiden kann. Das sind zum einen landwirtschaft­liche Flächen, die die Gemeinde verpach­tet. Dort kann sie direkte Auflagen ma­chen. In der Gemeinde Suhr AG beispiels­weise verlangt die Gemeinde von den Pächtern mindestens 15 Prozent Biodi­versitätsförderflächen auf den entspre­chenden Grundstücken. «Das ist ein wich­tiger Hebel, den die Gemeinde seit etli­chen Jahren einsetzt und der sich in der Landschaft deutlich abbildet», sagt Hans-Ruedi Kunz.

Zum andern geht es bei den gemein­deeigenen Grundstücken beispielsweise um öffentliche Grünflächen und Freiräu­me, Restflächen oder Verkehrsinseln, die man aufwerten und so aktiv Naturförde­rung betreiben kann. «Nur schon die klei­nen grünen Restflächen rund um den Werkhof kann man bewirtschaften», schlägt Sebastian Meyer vor.

■ Imageförderung

Naturschutzvereine und Gemeinden kön­nen sich gemeinsam darum bemühen, dass die Gemeinde als aktiv und attrak­tiv wahrgenommen wird, und so zur Imageförderung beitragen. «Eine Ge­meinde kann zum Beispiel Aufwertun­gen in privaten Gärten finanziell unter­stützen. Das muss kein hoher Betrag sein, schon mit 500 Franken pro Garten kann man viel machen», sagt Meyer. Auch die Finanzierung einer professio­nellen Gartenberatung wäre eine Option. Naturförderung kann aber auch über kleinere Aktionen in der Ge­meinde gelingen. Dafür hat Meyer kon­krete Vorschläge auf Lager: Wildsträu­cher oder Wildstauden können gratis ab­gegeben, Töpfchen mit Blumen – etwa zum Muttertag – verschenkt oder Samen­tüten verteilt werden. Solche Aktionen schaffen ein Bewusstsein für die Natur und sorgen ohne Umwege für mehr Grün in den Gärten.

■ Öffentlichkeitsarbeit

Auch in diesem Bereich bietet sich eine Zusammenarbeit mit Naturschutzverei­nen an. «So können beispielsweise Exkur­sionen oder Standaktionen angeboten, Infotafeln aufgestellt oder sogar ein gan­zer Naturlehrpfad eingerichtet werden», so Meyer. Aktive Kommunikation ist da­bei essenziell.

Ein weiterer Aspekt der Öffentlich­keitsarbeit ist die Umweltbildung. So­wohl in den Schulen als auch an ausser­schulischen Lernorten kann ein Bewusstsein für die Umwelt geschaffen werden. Die Gemeinde könnte beispiels­weise eine spezielle Exkursion einer Schulklasse finanziell unterstützen. «Zu­dem bietet sich die Zusammenarbeit mit dem Standortmarketing an, um heraus­zufinden, wie man die Werbung verbes­sern kann», ergänzt Meyer.

■ Finanzen und Politik

Ein Budget für Natur und Landschaft ver­einfacht die Umsetzung von Fördermass­nahmen. Die Bezeichnung sei dabei aber wichtig, betont Meyer. Es solle nicht bloss ein Budget für «Umweltschutz» festge­legt werden, denn dieses Geld fliesse in der Regel in energetische Massnahmen. «Und auch ein Budget für ‹Natur und Landwirtschaft› genügt nicht, denn dann fliesst das Geld primär in die Landwirt­schaft.» Doch bei einem bewussten Ent­scheid für die «Natur und Landschaft» werde das Geld auch dort eingesetzt.

Will eine Gemeinde noch einen Schritt weiter gehen, kann sie einen Naturschutz­beauftragten oder eine Landschaftskom­mission einsetzen. «Im Minimum sollte aber eine bestehende Kommission, etwa diejenige für Landwirtschaft, Umwelt oder Bau, um Vertreter aus dem Natur­schutz erweitert werden», so Meyer. Wich­tig sei auch, das Pflichtenheft dieser Kom­missionen so anzupassen, dass die Zuständigkeit für Natur und Landschaft klar sei. Zudem könnte ein Leitbild, ein Freiraum- und Grünraumkonzept oder so­gar ein Jahres- oder Mehrjahresprogramm zur Naturförderung erstellt werden.

■ Partner

Wie in vielen Bereichen ist auch in Sa­chen Naturförderung der Einbezug von Schlüsselpersonen in der Gemeinde wich­tig. «Ein guter Draht zum Bauverwalter und dem Leiter des Werkhofs ist wichtig», so Meyer. Aber auch der Einbezug von Personen mit einer anderen Perspektive lohne sich, etwa der lokalen Naturschüt­zer und Naturschutzvereine, Landwirte, Förster, Lehrpersonen oder Jugendorga­nisationen. Ebenso sollten auch die Er­holungssuchenden konsultiert werden.

Wer nun hochmotiviert in den Sommer starten möchte, sollte jedoch nichts überstürzen. «Wichtig ist vor allem, nicht alles auf einmal machen zu wollen», be­tont Meyer. Am besten beginne man im ersten Jahr mit ein oder zwei Projekten und lerne aus den Erfahrungen.

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