Gotteshaus wird zum Kiffer-Palast
Der US-Amerikaner Steve Berke macht das Unmögliche möglich: Er verbindet Religion mit Cannabis-Konsum. Dafür liess er eine 113 Jahre alte lutherische Kirche in Denver, Colorado,
umbauen und mit psychedelischen Mustern auffrischen. Damit machte sich der Cannabis-Aktivist nicht nur Freunde.
Quelle: Jeffrey Beall (CC BY 4.0)
Nur die Fenster und Türen, die mit Universumsmustern angemalt sind, verraten, dass es sich hierbei nicht um eine gewöhnliche Kirche handelt.
Von Jovana Djuric*
Seit einem Jahr gibt es die «International Church of Cannabis» in Denver, im US-Bundesstaat Colorado. Dass aus der ehemaligen lutherischen Kirche eine Kiffer-Glaubensgemeinschaft würde, war aber nicht von Anfang an geplant. Ursprünglich wollten die Eltern des Gründers und Cannabis-Aktivisten Steve Berke das Gebäude in Wohnungen umbauen. Doch Berke und seine Freunde konnten sie mit ihrer kreativen Idee einer Kiffer-Kirche umstimmen.
Psychedelische Bemalungen
Für den Umbau engagierte Berke den bekannten Künstler Kenny Scharf, der unter anderem die Räume des New Yorker Museum of Modern Art in Whitney und New York gestaltet hatte. Ebenfalls einfliegen liess er den spanischen Künstler Okuda San Miguel.
So speziell wie die Religion sollten auch die Malereien im Inneren der Kirche werden. Statt christliche Kunst, wie man sie aus anderen Gotteshäusern kennt, zieren die Wände abgespacte, geometrische und bunte Malereien. Und auch von aussen erkennt man, dass dies keine «normale» Kirche ist: Auf den Fenstern und Türen lachen den Besucher Planeten mit Gesichtern an.
Nach Umbauarbeiten von rund neun Monaten wurde die internationale Cannabis-Kirche am 20. April 2017, der als inoffizieller Kiffer-Feiertag gilt, eröffnet. Im August 2017 zählte die Kirche schon rund 1400 Mitglieder und es werden laufend mehr. Die Anhänger nennen sich «Elevationists» – eine Kombination aus Evangelisten und dem englischen Wort für «Erhabenheit».
Selbstfindung beim Kiffen
Einen kleinen Haken hat die ganze Sache aber: Cannabis ist in Colorado zwar legal, jedoch wird das Rauchen nur zu Hause oder in privaten Clubs toleriert und der Raucher muss das 21. Lebensjahr erreicht haben. Somit ist der Konsum in der Kirche während der Öffnungszeiten nicht erlaubt.
Doch es wäre keine Cannabis-Kirche ohne Marihuana-Genuss: Jeweils freitags ist der private Cannabis-Messe-Tag. Das bedeutet, dass alle Mitglieder herzlich zum Paffen eingeladen sind.
Ob Christ, Jude, Muslim oder sonstiger Gläubiger, jeder Mensch sei willkommen auf der spirituellen und tiefgründigen Reise zur Selbstfindung mit der Hilfe von Marihuana, schreiben die Gründer auf ihrer Webseite. Ob die «Elevationists» an Gott glauben? Die Anhänger beziehen sich auf eine universelle, kreative Kraft und überlassen jedem Mitglied die Entscheidung, an was es glauben möchte.
Eine Goldene Regel gibt es jedoch: «Behandle jeden so, wie du auch selbst behandelt werden möchtest.» Wer diese Regel befolgt, kann Teil der Cannabis-Community werden.
Gegner der Gemeinschaft
Nicht überall treffen die «Elevationists» auf offene Arme. Lokale Politiker und Nachbarn ärgern sich über die Kirche. Ein Anwohner liess seiner Wut in einem Lesebrief in der lokalen Zeitung freien Lauf: Er fühle sich hintergangen und sei wütend darüber, dass das Projekt ohne Diskussion mit den Nachbarn umgesetzt wurde.
Der Politiker und Demokrat Dan Pabon sieht die Kirche als eine Beleidigung für jede Religion und für die Wähler, die Cannabis legalisiert haben, wie «20 Minuten» berichtete. Egal ob man dafür oder dagegen ist: Im Moment bleibt Denver sowohl die Kirche als der Konsum des grünen Krauts erhalten.
*Jovana Djuric ist KV-Lernende im zweiten Lehrjahr bei der Kommunalmagazin-Herausgeberin Docu Media Schweiz GmbH.