Für manche Auslandschweizer ist E-Voting Voraussetzung zum Wählen
«Ich würde gerne wählen. Leider sind die Unterlagen noch nicht angekommen, und die Zeit um die Unterlagen zurückzuschicken, wird knapp», schreibt Stefan Heusser aus Südafrika auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Heusser, der seit 1991 bei Kapstadt lebt, ist nicht der einzige Auslandschweizer, welcher die Wahlunterlagen jeweils spät oder gar erst nach dem Urnengang erhält.
«Wir erhalten viele Emails von Auslandschweizern, welche sich deswegen aus dem Stimmregister austragen wollen», sagt Anne-Catherine Clément, Medienbeauftragte der Auslandschweizer-Organisation ASO. Die ASO kämpfe deshalb dafür, möglichst schnell schweizweit das E-Voting einzuführen. Auslandschweizer nutzten E-Voting rege, wenn sie könnten, schreibt die ASO in einer Publikation zu den Wahlen.
E-Voting nur in vier Kantonen
Derzeit bieten vier Kantone ihren Stimmberechtigten im Ausland die Möglichkeit, im Internet abzustimmen, nämlich Basel-Stadt, Genf, Luzern und Neuenburg. In Heussers Heimatkanton Zürich durften Auslandschweizer in den letzten sechs Jahren ebenfalls elektronisch abstimmen, ebenso in acht weiteren Kantonen.
Im August lehnte der Bundesrat allerdings ein Gesuch dieser neun Kantone ab, auch für die kommenden Wahlen E-Voting anzubieten. Grund dafür waren Sicherheitsbedenken. Auch Heusser hatte bisher E-Voting genutzt, ebenso wie Romy Höppli, welche seit 2013 im kanadischen Vancouver doktoriert. «Brieflich abzustimmen ist zwar nicht viel schwerer, aber aus dem Ausland muss ich Porto zahlen und früh genug daran denken, die Unterlagen abzuschicken», schreibt Höppli.
Wahlunterlagen sind Holschuld
Die Wahlbeteiligung der rund 580 000 Wahlberechtigten unter den insgesamt 746 000 Auslandschweizern liegt deutlich unter jener in der Heimat. Rund 25 Prozent der volljährigen Stimmberechtigten im Ausland sind im Stimmenregister eingetragen. Zum Vergleich: Bei den Nationalratswahlen 2011 lag gemäss Bundesamt für Statistik die gesamte Wahlbeteiligung bei 48,5 Prozent.
ASO-Sprecherin Clément erklärt die tiefere Wahlbeteiligung auch damit, dass Auslandschweizer selbst aktiv werden müssen, wenn sie wählen wollen. Sie erhalten die Wahlunterlagen nicht automatisch, sondern müssen sich dafür in ein Stimmenregister eintragen.
Schwierig, an Informationen zu kommen
Interessiert am politischen Geschehen in der Schweiz zeigen sich Höppli aus Kanada sowie Heusser aus Südafrika. «Ich möchte mitreden bei dem, was daheim passiert», so Höppli, auch weil sie plant, in drei Jahren zurückzukommen. Sie wählt links und möchte nicht, dass ihre Stimme für linke Parteien «verloren geht».
Etwas weniger engagiert zeigt sich Gabriel Brunner, der in Asien aufgewachsen ist und seit 2014 in der südostasiatischen Wirtschaftsmetropole Singapur arbeitet. Er wählt oder stimmt jeweils dann ab, wenn ihn das Thema besonders anspricht. Bei den nationalen Wahlen wolle er nun mitmachen, weil er demnächst in die Schweiz ziehe.
Über die Wahlen informiert er sich über Freunde in der Schweiz und seine Familie in Singapur, die regelmässig in die Schweiz reist, sowie Schweizer Online-Medien. Höppli schaut regelmässig Schweizer Informationssendungen übers Internet. Zudem hat sie die Wahlhilfe smartvote.ch genutzt, bevor sie den Wahlzettel ausgefüllt hat.
In Südafrika sei es schwierig, sich über die Wahlen zu informieren, findet Heusser. Er habe keine Möglichkeit, Diskussionsrunden zu verfolgen. Heusser will darum eher Parteien als einzelne Kandidaten wählen. Er fragt aber auch mal bei Freunden und Bekannten in der Schweiz nach, wie sie gewisse Parteien oder Kandidaten einschätzen. (sda/aes)