Elektrizitätsunternehmen stellen Szenarien für die Zukunft vor
Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) hat Szenarien für die energiepolitische Zukunft vorgestellt, um der Unsicherheit im Energiesektor zu begegnen. Denn bisherige Geschäftsmodelle würden immer stärker unter Druck geraten. Die Szenarien beruhen auf vier denkbaren «Energiewelten» und der plausibelsten Entwicklung bis ins Jahr 2035, wie der VSE an einer Medienkonferenz in Bern bekannt gab.
Unter dem Titel «VSE Trend 2035» beschreibt der VSE die gemäss heutigem Wissensstand plausibelste Entwicklung bis ins Jahr 2035, die jedes Jahr überprüft und aktualisiert werden soll. In diesem Szenario dominiert die Wasserkraft nach wie vor und die Energie wird zentral und dezentral produziert. Die dezentralen Speicher nehmen mit dem Anteil des Eigenverbrauchs zu. Die Energienetze wachsen enger zusammen, Gas gewinnt an Bedeutung. Die Schweiz muss nach wie vor viel Strom importieren.
Vier «Energiewelten»
VSE-Direktor Michael Frank und VSE-Chefökonom Stefan Muster haben anhand der vier sehr unterschiedlichen, aber denkbaren Zukunftswelten demonstriert, wie sich die Schweizer Energiewirtschaft im Jahr 2035 auch präsentieren könnte. Die vier Szenarien unterscheiden sich insbesondere in den Dimensionen zentrale und dezentrale Versorgung sowie Markt respektive Integration ins europäische System. Wahlweise dominieren die lokale Produktion, die technische Vernetzung, der internationale Handel oder konventionelle Kraftwerke.
«Wir können die Zukunft nicht voraussagen, aber wir müssen möglichst gut darauf vorbereitet sein», wird VSE-Direktor Frank in der Mitteilung zitiert. Deshalb sei ein ganzheitliches Bild mit Fokus auf die Gesamtenergie notwendig. Im Szenario «Trust World» ist die zentrale Versorgung Trumpf. Europäische Länder und die Schweiz schotten sich im Bereich Strom zunehmend ab. Wasserkraft und neue Gaskraftwerke dominieren in der Schweiz. «Hauptsache sicher, bewährt und zuverlässig» lautet die Devise.
Bei «Trade World» lautet das Credo «Hauptsache preiswert und stets verfügbar». Energie wird europaweit dort produziert, wo sie am günstigsten ist. Erneuerbare Energien werden nicht subventioniert, der Ausbau stagniert. Zentrale Grosskraftwerke setzen sich durch.
Digitalisierung gewinnt an Bedeutung
Im Szenario «Local World» wird einheimisch produziert und getauscht, ganz nach dem Motto «In der Schweiz für die Schweiz». Der Staat fördert die dezentrale Versorgung und den Eigenverbrauch. Strom-, Gas- und Fernwärmenetze wachsen eng zusammen. Grundlage ist eine digitale Energiewirtschaft.
Doch nicht nur in der Variante «Local World» spielt Digitalisierung eine Rolle. Noch viel wichtiger ist sie im Szenario «Smart World». Dort ist ICT überall. Technologischer Fortschritt macht Erneuerbare und Speicher wirtschaftlich. Versorgung und Verbrauchssteuerung sind sehr flexibel und dezentral. Die Schweiz ist dabei stark mit Europa vernetzt. Energie wird dort produziert, wo es am effektivsten ist.
Jörg Wild, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Elektrizitätswerks Altdorf, erläuterte aus Sicht eines mittleren Energieversorgungsunternehmens den Nutzen dieser Energiewelten für die Praxis. «Jeder muss die Strategie selber definieren und Geschäftsmodelle ableiten», sagte er. Der Strategieprozess sei im aktuellen Umfeld sehr anspruchsvoll. Die Energiewelten seien sehr interessant, um die eigenen Ansätze zu reflektieren und die Strategie zu hinterfragen. (sda/nsi)