Eigenverbrauchsgemeinschaft: Eine Siedlung mit eigenem Kraftwerk
Dank des revidierten Energiegesetzes haben Nachbarn seit Jahresbeginn bessere Möglichkeiten, selbst produzierten Strom gemeinschaftlich zu nutzen. Wie die Umsetzung einer solchen Eigenverbrauchsgemeinschaft konkret aussieht, führt das neue Energiequartier in HuttwilBE vor Augen: Dort entsteht eine Überbauung, deren Bewohner den in der Siedlung produzierten Solarstrom gemeinschaftlich nutzen.
Quelle: IGD Grüter AG, Dagmersellen (Visualisierung)
Ab Sommer 2018 wird im Hohlen-Quartier in Huttwil (BE) schrittweise eine Überbauung mit 15 Einfamilien- und Doppeleinfamilienhäusern sowie sieben Mehrfamilienhäusern entstehen.
Von Benedikt Vogel*
Die Gemeinde Huttwil liegt in einer ländlich geprägten Region an der Grenze zum Kanton Luzern. Ein Ort, wie es viele gibt im Schweizer Mittelland. Der Südhang im Hohlen-Quartier eignet sich besonders zur Nutzung von Sonnenenergie. Er hat eine günstige Neigung und relativ wenig Nebel.
Hier wird ab diesem Sommer schrittweise eine Überbauung mit 15 Einfamilen- beziehungsweise Doppeleinfamilienhäusern und sieben Mehrfamilienhäusern entstehen. Nach der Fertigstellung im Jahr 2020 soll die neue Siedlung rund 100Wohneinheiten umfassen.
Die Menschen, die hier künftig wohnen werden, sollen zu einer ganz besonderen Gemeinschaft zusammenwachsen: Sie werden den Solarstrom, der auf den neuen Gebäuden erzeugt wird, eigenverantwortlich verbrauchen, indem sie sich zu einer sogenannten Eigenverbrauchsgemeinschaft (EVG) zusammenschliessen.
Solche Gemeinschaften erlaubt das neue Energiegesetz, das die Schweizer Stimmberechtigten im Mai 2017 gutheissen haben und das Anfang 2018 zusammen mit den Ausführungsbestimmungen Gesetzeskraft erlangt hat (siehe Box «Nachbarn bilden Verbrauchsgemeinschaften» und Artikel «Solarstrom auch für Mieter»). (...)
*Benedikt Vogel betreibt eine Agentur für Forschungskommunikation in Berlin.
Nachbarn bilden Verbrauchsgemeinschaften
Am 21. Mai 2017 haben die Stimmbürger das revidierten Energiegesetz gutgeheissen. Seit 1. Januar 2018 sind die gesetzlichen Neuerungen einschliesslich der Ausführungsbestimmungen in Kraft. Mit dem neuen Energierecht wurde unter anderem die Möglichkeit eingeführt, dass sich Nachbarn zum gemeinsamen Eigenverbrauch zusammenschliessen. Das war zwar auch bisher schon möglich, doch das neue Energierecht definiert nun klare Rahmenbedingungen für das Innen- und Aussenverhältnis der neu möglichen Zusammenschlüsse. Diese umfassen Rechte und Pflichten der Grundeigentümer, allfälliger Mieter und Pächter sowie das Verhältnis zum Netzbetreiber, wie das Bundesamt für Energie (BFE) festhält.
Der Zusammenschluss kann sich über Grundstücke erstrecken, die aneinander grenzen. Mindestens eines dieser Grundstücke muss dabei an das Grundstück mit der Produktionsanlage (zum Beispiel eine Solarstromanlage) angrenzen. Die am Zusammenschluss beteiligten Grundstücke dürfen nicht durch öffentlichen Grundstücke wie etwa eine Strasse getrennt sein, deren Eigentümer sich nicht am Zusammenschluss beteiligt.
Ebenfalls zu beachten: Der Strom zwischen der Anlage und den Eigenverbrauchern darf nicht durch das Verteilnetz des Netzbetreibers fliessen, das heisst, der Zusammenschluss liegt hinter einem einzigen Netzanschlusspunkt. Auch muss die Leistung der dezentralen Stromproduktion mindestens 10Prozent der Anschlussleistung betragen. «Die neuen Regelungen geben einen wichtigen Impuls, um dezentral produzierten Strom gemeinsam zu verbrauchen», sagt Wieland Hintz, Fachspezialist Erneuerbare Energien im BFE. (bv)