Egerkingen macht Namen von Steuersündern öffentlich
Die Ankündigung von Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi (FDP), an der Gemeindeversammlung die Namen von Steuerschuldnern mit mehrjährigen Ausständen und Verlustscheinen trotz Warnung des Kantons bekanntzugeben (mehr dazu hier), sorgte für einen Grossaufmarsch, wie die «Solothurner Zeitung» berichtet.
Kurz vor 21 Uhr war es dann so weit: Unter dem Traktandum «Steuerabschreibungen» erfuhr die Versammlung aus dem Munde von Gemeindepräsidentin Bartholdi, welche Personen noch namhafte Steuerausstände haben, ohne allerdings die Höhe des geschuldeten Betrags zu erwähnen. Sie nannte sechs Steuersünder. Dies geschah unter Ausschluss sämtlicher nicht stimmberechtigter Personen inklusive Medien.
Öffentliches Interesse versus Datenschutz
Mit der Offenlegung der Steuersünder widersetzte sich die Gemeindeexekutive der formellen Empfehlung der kantonalen Beauftragten für Information und Datenschutz, wonach auf die Offenlegung zu verzichten sei. Das Solothurner Verwaltungsgericht wird sich mit der Frage des Datenschutzes beschäftigen müssen. Der Gemeindepräsidentin droht ein Strafverfahren.
Die Gemeindeexekutive stellt sich jedoch auf den Standpunkt, «dass bei den betreffenden Schuldnern das öffentliche Interesse vor den persönlichen Datenschutz zu stellen ist», wie sie in den Unterlagen zur Versammlung schrieb.
Drohung spült 75 000 Franken in Gemeindekasse
Mit dem umstrittenen Vorgehen wollte die 3000-Seelen-Gemeinde den Druck auf langjährige, säumige Steuerzahler erhöhen. Mit Erfolg: Im Vorfeld der Gemeindeversammlung lenkten rund 35 Personen ein. Entweder beglichen sie die Steuerausstände oder schlossen mit der Gemeinde eine einvernehmliche Vereinbarung ab. So kamen 75 000 Franken in die Gemeindekasse. Noch fehlen aber rund 100 000 ausstehende Steuerfranken.
Keine Gefahr, an den Egerkinger Steuerpranger gestellt zu werden, laufen Personen, die Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen beziehen und die Steuern nicht bezahlen können. (aes)