Buchtipp: Das verborgene Potenzial der Hinterhöfe von Basel
Die Aussenquartiere von Basel sind von Blockrandbauten geprägt, und damit auch von Innenhöfen. Ihr Potenzial angesichts von Verdichtung und vom Wunsch nach mehr Lebensqualität und Nachhaltigkeit zeigt der Band «Kosmos Hinterhof» und liefert Beispiele aus der Praxis.
Quelle: Nicolas Gysin
Bewachsene Dächer, begrünte Sitzplätze und Bäume: eine grüne, verborgene Oase in Basel.
Ein Innenhof kann dies und noch viel mehr sein: eine blühende, grüne Oase, ein Hort der Ruhe inmitten des Stadtgetümmels, ein Kinderspielplatz, ein Standort für eine Werkstatt oder eine Parkfläch für Autos und Velos. Etwas haben all diese Innenhöfen trotz ihrer Unterschiedlichkeit gemeinsam: Sie bleiben Passanten in der Regel verborgen.
Rund 500 solch versteckter Orte gibt es in den von den Blockrandbauten des 19. Jahrhunderts geprägten Aussenquartieren Basels. Bei der Mehrheit handelt es sich um sogenannte Gewerbehöfe. Innenhöfe, in denen etwa Läden oder andere kleine Unternehmen angesiedelt sind. «In Zeiten der Urbanisierung wächst der Entwicklungs- und Verdichtungsdruck auf die städtischen Gebiete», schreibt Elias Aurel Rüedi, Herausgeber des reich bebilderten Bandes «Kosmos Hinterhof» im Vorwort. Der Architekt und Stadtforscher lädt zur Entdeckungstour durch Basler Hinterhöfe ein und erzählt von ihrem Wandel von der stiefmütterlich behandelten Brache zum privaten Rückzugsort für die Anwohner.
Gleichzeitig zeigt Rüedi Interessierten und Fachleuten auf, was in einem Innenhof alles möglich sein kann und illustriert dies anhand von fünf Beispielen mit völlig unterschiedlichen Nutzungen. Sie werden mit Fotos, Plänen und Hintergrund-informationen vorgestellt, daneben zeigt Rüedi die Chancen auf, die sie bieten. Und je nachdem hinterfragt er auch den Umgang mit den Höfen kritisch.
Wohnräume statt Freiräume?
Quelle: Nicolas Gysin
Die vielfältige verborgene Welt eines Hinterhofs lädt zum Erkunden ein.
«Immer öfter wird das Potenzial des architektonischen
Verdichtens in den Hofflächen überprüft», schreibt Daniel Baur,
Landschaftsarchitekt und Stadtentwickler, in seinem Beitrag. «Mit der
Argumentation des Schaffens von Wohnraum, wird versucht bestehende
Freiräume in Wohnraum im grünen Hof zu überführen.» Dahinter erkennt
Baur «ein Missverständnis des Dichtebegriffs». Er plädiert dafür, bei
der Verdichtung nicht die Ausnutzungsziffer in den Vordergrund zu
stellen, sondern den Wohnflächenkonsum pro Person. Und somit sollten
Höfe nicht als «Hochbauressource» sondern als «Potenzialraum für die
nachhaltige Entwicklung» zu verstanden werden. Höfe werden sozusagen zum
erweiterten Wohnraum.
Neben Fachleuten lässt Herausgeber Rüedi auch Jugendliche zu Wort kommen. Rund 120 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten hatten im Rahmen eines Projekts Gedanken über die Funktion von Innenhöfen gemacht - und Visionen entwickelt. Die Ideen reichen Velounterstand mit bepflanztem Dach bis zum Kulturcafé, allgemein wollen sie Innenhöfe für die Allgemeinheit öffnen. Gut möglich, dass den Höfen ein weiterer Wandel bevorsteht.
Elias Aurel Rüedi (Hrsg.): Kosmos Hinterhof – Einblicke und Perspektiven. Broschierte Ausgabe. 144 Seiten. Christoph Merian Verlag 2023. ISBN 978-3-85616-990-9. 43 Franken 90