Bundesrat will Zweitwohnungsgesetz lockern
Um die für Einheimische die teils angespannte Wohnsituation in Tourismusorten zu entschärfen, empfiehlt der Bundesrat dem Parlament in seiner Stellungnahme zu einer Parlamentarischen Initiative, dass, wer eine alte Wohnung mit einer neuen ersetzt, die Fläche künftig bis um 30 Prozent vergrössern kann. Entstehen auf diese Weise zusätzliche Wohnungen, sollen diese nur als Erstwohnungen genutzt werden können. - Die Parlamentarische Initiative sieht Lockerungen vor, die dem Bundesrat zu weit gehen.
Seit rund sieben Jahren ist das Zweitwohnungsgesetz (ZWG) in Kraft. Seither dürfen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent keine zusätzlichen Ferienwohnungen mehr gebaut werden. Zudem gelten für sogenannte altrechtliche Wohnungen spezifische Regeln, das heisst Wohnungen die 2012 vor der Volksabstimmung über die Zweitwohnungsinitiative erstellt worden sind. Diese Wohnungen sind in der Nutzung frei und dürfen bei einem Umbau um maximal 30 Prozent vergrössert werden. Werden sie vollständig abgebrochen und danach wieder neu gebaut, ist eine solche Erweiterung zurzeit allerdings verboten.
Diese Ungleichbehandlung will der Bundesrat beseitigen und schlägt dem Parlament deshalb vor, die Vergrösserung der Fläche um maximal 30 Prozent auch im Falle eines Abrisses und Wiederaufbaus zu erlauben. Dies, weil oft die Grenze zwischen Umbau einerseits und Abriss und Wiederaufbau andererseits zum Teil schwierig zu ziehen ist.
Der Bundesrat empfiehlt diese Änderung in seiner am 16. August verabschiedeten Stellungnahme zur Umsetzung der Parlamentarischen Initiative 20.456 von Nationalrat Martin Candinas (Mitte, GR). Diese verlangte eine Lockerung des Zweitwohnungsgesetzes, die weiter geht als die Empfehlung des Bundesrats: Es soll künftig möglich sein, bei einem Abriss und Wiederaufbau nicht nur die Fläche um maximal 30 Prozent zu vergrössern, sondern neu soll bei allen Vergrösserungen auch der Bau von zusätzlichen Wohnungen und Gebäuden erlaubt sein. Die zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat haben der Parlamentarischen Initiative im Jahr 2021 zugestimmt. Der Gesetzesentwurf liegt nun vor.
Zusätzliche Zweitwohnungen in Konflikt mit der Bundesverfassung
Dem Bundesrat geht dieser Entwurf zu weit: In den betreffenden Gemeinden trete der Bau von zusätzlichen Zweitwohnungen und Gebäuden in einen gewissen Konflikt mit der Bundesverfassung, hält er in seiner Stellungnahme fest. Er schlägt darum vor, dass zusätzliche Wohnungen, die im Rahmen einer Vergrösserung entstehen, ausschliesslich als Erstwohnungen zu nutzen sind.
Mit seinem Vorschlag will er berücksichtigen, dass in einigen touristischen Gemeinden die Wohnungssituation für Einheimische sehr angespannt ist. Wie der aktuelle Monitoring-Bericht zum ZWG vom Mai 2023, zeigt ist die Nachfrage nach Zweitwohnungen in Tourismus-Hot-Spots sehr hoch. Deswegen ist es für Eigentümerinnen und Eigentümer finanziell äusserst interessant, altrechtliche Wohnungen als Zweitwohnungen zu verkaufen oder zu vermieten. Werden die Bestimmungen für die Schaffung neuer Wohnungen gelockert, werden die Sanierung oder der Neubau solcher altrechtlichen Wohnungen und deren Umnutzung zu einer Zweitwohnung nach Meinung des Bundesrats noch attraktiver. Er will solches im Interesse der lokalen Bevölkerung, für die die Wohnungspreise häufig unerschwinglich geworden sind, verhindern. (mgt/mai)
Mehr zum Thema Wohnungsnot in Tourismus-Orten im Artikel Wenn trotz Zweitwohnunsgsgesetz Erstwohnungen zu Zweitwohnungen werden vom 20. Januar 2023.