Bellinzona bald zehntgrösste Schweizer Stadt?
Die 16 umliegenden Gemeinden und die Stadtgemeinde Bellinzona könnten sich am Sonntag zu einer Grossgemeinde zusammenschliessen. Die Stimmberechtigten haben das letzte Wort, ob sie dem Zusammenschluss zustimmen. Der Tessiner Staatsrat hat bereits Anfang des Jahres zugesichert, dass er das Projekt mit 52,6 Millionen Franken unterstützt.
Mit dem Kredit solle eine neue «starke und wirtschaftlich dynamische» Grossgemeinde gegründet werden, teilte die Regierung damals mit. In Zukunft solle Gross-Bellinzona dann weniger auf die Hilfen aus dem interkommunalen Finanzausgleich angewiesen sein.
Die Gemeindestrategen, allen voran Bellinzonas Stadtpräsident Mario Branda, hoffen, dass sich mit der Fusion auch die wirtschaftlichen Gleichgewichte im Tessin ein wenig verschieben könnten: Bislang flossen viele Investitionen in das Südtessin, während das Sopraceneri häufig das Nachsehen hatte.
Die Grossgemeinde würde insgesamt 51 000 Einwohner zählen - 25 000 Menschen arbeiten aktuell in den Gemeinden, die einmal in einem Gross-Bellinzona aufgehen könnten.
Angestossen hat die Fusion nicht etwa die Kernstadt, sondern die Gemeinden Giubiasco und Sementina in der südlichen Agglomeration von Bellinzona. 2011 ergriffen sie unter dem Motto «Gemeinsam sind wir stark» die Initiative. «Wir haben uns gefragt, wie es in unserer Region weitergehen soll», erinnert sich Giubiascos Gemeindepräsident Andrea Bersani (FDP), Co-Präsident des Fusionskomitees.
Vorbereitung auf die Neat-Realität
Der Zusammenschluss sei bitter nötig, um sich gemeinsam und gezielt auf die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels vorzubereiten, sagte Simone Gianini, der für das Transportwesen im Raum Bellinzona verantwortlich ist, Ende September bei einem Treffen der Fusionsgemeinden. Nur so könne die Region wirklich von der Neat profitieren.
In Bellinzona wird sich die erste Haltestelle auf der Südseite des neuen Gotthard-Basistunnels befinden.
Gegenwehr im Norden
Die Gemeinde Lumino, welche nördlich von Bellinzona an Graubünden grenzt, hat in einem Gemeindebrief Ende September die Bürger dazu aufgerufen, gegen die Fusion zu stimmen: Die finanziellen Bedürfnisse der Gemeinde mit 1430 Einwohnern, würden in einem «Gross-Bellinzona» nicht befriedigt werden können, so die Befürchtung. Ausserdem könnte die Steuerbelastung für den einzelnen Bürger im Vergleich zum alten Status quo zunehmen. Die Gemeinde Sant'Antonino mit 230 Einwohnern hat etwa einen Steuerfuss von 65 Prozent, nach der Fusion sind in Bellinzona 90 Prozent vorgesehen.
Entgegen der Ankündigungen der Fusions-Befürworter, könnte sich auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr für Lumino verschlechtern, so die Gemeinde.
Eine Grossgemeinde könnte laut den beteiligten Gemeindepräsidenten frühestens im April 2017 Tatsache werden - der Grundstein wurde bereits bei einem gemeinsamen Gemeindetreffen im November 2012 gelegt.
Abgestimmt über die Fusion wird in folgenden Gemeinden: Arbedo-Castione, Bellinzona, Cadenazzo, Camorino, Claro, Giubiasco, Gnosca, Gorduno, Gudo, Lumino, Moleno, Monte Carasso, Pianezzo, Preonzo, Sant'Antonino, Sant'Antonio und Sementina. (aes/sda)