Asylsituation spitzt sich zu
Die Asylsituation im Kanton Luzern hat sich unerwartet rasch zugespitzt. Während die kantonalen Zentren voll belegt sind, überweist der Bund dem Kanton Luzern seit Juni mit rund 130 Personen pro Monat doppelt so viele Asylsuchende wie in den Vormonaten. Der Kanton muss in der Folge monatlich 60 bis 80 neue Unterkunftsplätze schaffen. Trotz intensivsten Bemühungen stösst er nun an Grenzen. Die Regierung macht deshalb von ihrer Möglichkeit Gebrauch, die Gemeinden zur Mitwirkung zu verpflichten. 67 Gemeinden haben einen Zuweisungsentscheid erhalten. Sie haben zehn Wochen Zeit, Unterkunftsplätze zu schaffen.
Luzerner Gemeinden zu passiv
Mitte Juli 2014 hat das Gesundheits- und Sozialdepartement die Gemeinden auf den sich anbahnenden Notstand aufmerksam gemacht und dringend zur aktiven Mithilfe bei der Suche nach Wohnraum aufgefordert. Aus den Gemeinden sind wenige Rückmeldungen eingetroffen: Es wurde lediglich eine Unterkunft für fünf Personen angeboten. Auch die intensiven Bemühungen der kantonalen Stellen um kollektive Unterkünfte führten nicht zu genügend neuen Unterkunftsplätzen. Die beiden kantonalen Asylzentren Sonnenhof in Emmenbrücke und Hirschpark in Luzern sind seit drei Monaten massiv überbelegt. Gegen zwei weitere geplante kantonale Asylzentren laufen Beschwerdeverfahren. Sie sind zum Entscheid beim Kantonsgericht.
67 Gemeinden mit Zuweisungsentscheid
Der Kanton Luzern verpflichtet nun die Gemeinden zur Mitwirkung. Das Gesundheits- und Sozialdepartement stützt sich dabei auf die kantonale Asylverordnung. Nach Paragraf 8 kann der Kanton Luzern den Gemeinden Asylsuchende zuweisen, wenn er selber nicht mehr in der Lage ist, genügend Plätze zu schaffen. Das Gesundheits- und Sozialdepartement hat an 67 Gemeinden einen Zuweisungsentscheid erteilt. Gemäss kantonalem Verteilschlüssel erfüllen diese Gemeinden ihr Aufnahme-Soll nicht oder nur ungenügend. Der Verteilschlüssel sieht vor, dass pro 1000 Einwohner vier asylsuchende Person aufgenommen werden müssen. Mit dem Zuweisungsentscheid von heute haben die Gemeinden zehn Wochen Zeit, um Unterkunftsplätze für die zugewiesenen Asylsuchenden bereit zu stellen.
Die Betreuung der Asylsuchenden sowie die Finanzierung der Kosten bleibt Aufgabe des Kantons. «Für einige Gemeinden liegt die Lösung eigentlich auf der Hand», sagt CVP-Regierungsrat Guido Graf, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements. «Diverse Gemeinden können ihre Zivilschutzanlagen für den Betrieb von temporären Asyl-Notzentren zur Verfügung stellen.» Gemeinsam mit der Abteilung Zivilschutz des Kantons Luzern hat das Gesundheits- und Sozialdepartement die geeigneten Zivilschutzanlagen vorgängig evaluiert.
Bis zu 100 Plätze im alten Zuger Kantonsspital
Auch im Kanton Zug wird der Platz für Asylsuchende knapp. Aktuell stellt der Kanton zusammen mit den elf Einwohnergemeinden in rund 50 Unterkünften etwa 700 Plätze für Asylsuchende zur Verfügung. All diese Unterkünfte seien voll und mögliche Optionen zur Verdichtung ausgeschöpft, teilt die Kantosregierung mit. In dieser Situation beschloss der Regierungsrat auf seine Notfallplanung zur Unterbringung von Asylsuchenden zurückzugreifen. Zwei leerstehende Geschosse des ehemaligen Kantonsspitals Zug werden nun für die längerfristige Unterbringungen von Asylsuchenden eingerichtet. Dies schafft Platz für 52 zusätzliche Asylbewerber. Im Notfall kann die Kapazität kurzfristig auf 100 Personen erweitern. Ein erster Teil der neuen Unterkunft ist im Oktober bezugsbereit, im November soll dann die volle Kapazität zur Verfügung stehen.
Für die baulichen und sicherheitstechnischen Massnahmen sowie für die betrieblichen Einrichtungen hat der Regierungsrat insgesamt 350 000 Franken bewilligt. Diese Kosten gehen zu Lasten der Investitionsrechnung der Baudirektion. Der Aufwand für die Grundausstattung der Zimmer im Betrag von etwa 100 000 Franken sowie die Kosten für die Betreuung der Asylsuchenden werden der Laufenden Rechnung der Direktion des Innern belastet.
Bund rechnet weiterhin mit hohen Asylzahlen
Eine Entspannung der Lage ist momentan nicht in Sicht. Das Bundesamt für Migration BFM rechnet mit jährlich rund 26 000 Asylgesuchen. Aufgrund der aktuellen Lage in den Herkunftsländern der grössten Asylgruppen (Eritrea, Syrien, Sri Lanka) wird auch die Quote der Schutzanerkennungen weiterhin hoch bleiben. Auf den Herbst hin wird zudem eine grössere Wanderbewegung von Asylsuchenden aus Italien nach Nordeuropa erwartet. (mgt/aes)