Covid 19: Zweite Welle könnte BIP-Einbruch auslösen
In den meisten Branchen hat sich die Geschäftslage wieder etwas verbessert. Dies zeigt der KOF-Geschäftslageindikator. Erstmals seit April deutlich gestiegen. Die Lage bleibt gemäss KOF aber weiterhin schwierig.
Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie führte in der Schweiz zu dem gravierendsten Einbruch der Wirtschaftstätigkeit seit über vier Jahrzehnten.
Obwohl sich gemäss KOF-Geschäftslagenindikator eine Entspannung der Geschäftslage abzeichnet – der Indikator ist zuletzt wieder deutlicher angestiegen –, bleibt die Situation schwierig: Etwa 60 Prozent der an den Konjunkturumfragen der KOF teilnehmenden Unternehmen an, dass sie der Nachfragerückgang infolge der Pandemie stark in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Derzeit sehen sich etwa 14 Prozent der Unternehmen trotz Entspannungsanzeichen in ihrer Existenz als stark oder sehr stark gefährdet.
Baugewerbe und Verarbeitendes Gewerbe mit 10 Prozent weniger Umsatz?
Im April erreichte die Geschäftslage in den meisten Sektoren einen bisherigen Tiefpunkt während der Corona-Krise – im Projektierungsbereich, im Detailhandel, im Grosshandel, bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern sowie bei den übrigen Dienstleistern. Derweil setzte die Besserung im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe etwas später ein. Die beiden Sektoren erwarten einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie von rund 10% in diesem Jahr.
Im Gastgewerbe ist die Talsohle dagegen noch nicht durchschritten. Die Geschäftslage ist hier derzeit erheblich schlechter als noch zu Jahresbeginn 2020. Für das Gesamtjahr rechnet das Gastgewerbe mit einer Umsatzeinbusse von fast 40%. Bei den Unternehmen dieser Branche sind die Existenzängste entsprechend am grössten. Aber auch für den ansonsten erfolgsverwöhnten Bereich der übrigen Dienstleistungen sei der Weg zu einem Wert des Geschäftslageindikators wie zu Jahresbeginn noch sehr weit, teilt die KOF mitl. Die Unternehmen dieser Branche erwarten, dass sie die Pandemie etwa 15% ihres Umsatzes kosten wird. Einzig im Detailhandel hat der Geschäftslageindikator schon wieder die Werte vom Januar oder Februar erreicht.
Schweizer Wirtschaft kommt relativ gut durch die Krise
Die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft wird laut KOF stark davon abhängig sein, wie sich die Pandemie entwickelt. In aktualisierten Szenarien gehen die KOF-Ökomomen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 4.9 Prozent schrumpfen wird. Dieser Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass es in den Wintermonaten zu einem erneuten Anstieg der Neuinfektionen kommt, der sich jedoch relativ leicht wieder eindämmen lässt.
In der Prognose vom Juni wurde für dieses Basisszenario noch
ein Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 5.1 Prozent erwartet. Die KOF
rechnet damit, dass die Schweizer Wirtschaft trotz dieses starken Einbruchs im
europäischen Vergleich relativ gut durch die Krise kommt. Für das Jahr 2021 nimmt
die KOF, wie bereits in der letzten Prognose, eine BIP-Wachstumsrate von 4.1
Prozent an. Allerdings wird das BIP Ende des Jahres 2021 immer noch nicht das
Niveau von Ende 2019 erreicht haben.
Bessere Aussichten auf dem Arbeitsmarkt
Für den Schweizer Arbeitsmarkt haben sich die Aussichten
leicht aufgehellt: Die ersten Zahlen zu den abgerechneten Kurzarbeitsstunden
sind tiefer ausgefallen, als es die Voranmeldungen vermuten liessen. Zudem
fielen die Arbeitslosenzahlen seit Mai besser aus als prognostiziert.
Die Quote der registrierten Arbeitslosen wird somit in diesem Jahr im Durchschnitt bei 3.3% liegen. Für 2021 rechnet die KOF im Jahresdurchschnitt mit einer Quote der registrierten Arbeitslosen von 4.1%. Die international vergleichbare Arbeitslosenquote gemäss Definition der Internationalen Arbeitsorganisation dürfte 5 % und 5.7% erreichen.
Zweite Welle: BIP-Einbruch um 6 Prozent
Bricht eine zweite Coronawelle mit einer Reproduktionszahl von circa 2 aus, wären erneute Nachfrageeinbrüche, Lockdowns und Stilllegungen einzelner Geschäftszweige zu erwarten. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen im Umgang mit dem Corona-Virus rechnet die KOF in diesem Szenario mit weniger einschneidenden, aber aufgrund der höheren Ansteckungsgefahr im Winterhalbjahr zeitlich längeren Einschränkungen.
Für die Schweizer Wirtschaft würde daraus gemäss KOF ein Gesamtrückgang des BIP um 6% für 2020 resultieren. Aufgrund der zu Beginn des Folgejahres schwachen Konjunktur liesse der Wiederanstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktion für das Jahr 2021 auf eine BIP-Wachstumsrate von 2.9% schliessen.
Die Quote der registrierten Arbeitslosen gemäss Seco wird in
diesem Szenario im Jahr 2020 im Jahresdurchschnitt 3.7% (ILO: 5.3%) betragen.
Für 2021 wäre im Durchschnitt mit einer Quote von 4.7% (ILO: 6.3%) zu rechnen. (mgt/mai)