22:28 BAUPROJEKTE

Zürich: Das Schauspielhaus bleibt wie es ist

Teaserbild-Quelle: Andreas Praefcke, selbst fotografiert, CC BY 3.0

Nun heisst es doch noch „Ende gut, alles gut“ für den Pfauensaal des Zürcher Schauspielhauses. Zumindest für diejenigen, die sich für den Erhalt des geschichtsträchtigen Saals engagiert hatten. Der Gemeinderat hat die Umbaupläne des Stadtrats abgelehnt.

Saal Schauspielhaus Zürich

Quelle: Andreas Praefcke, selbst fotografiert, CC BY 3.0

Geschichtsträchtiger Ort: Unter anderem wurde 1941 auf dieser Bühne "Mutter Courage und ihre Kinder" uraufgeführt. Bertold Brecht hatte das Stück im Exil verfasst.

Nun heisst es doch noch „Ende gut, alles gut“ für den Pfauensaal des Zürcher Schauspielhauses. Zumindest für diejenigen, die sich für den Erhalt des geschichtsträchtigen Saals engagiert hatten. Der Gemeinderat hat heute Abend die Umbaupläne des Stadtrats abgelehnt. Stattdessen soll der Theatersaal nun lediglich sanft renoviert werden.

Bei dem Bauprojekt geht es somit nicht mehr um einen Totalumbau sondern um „sanfte Eingriffe“, zum Beispiel bei der Akustik, bei der Sicht auf die Bühne sowie um den Brandschutz. Für das Bauvorhaben hat der Gemeinderat nun einen Projektierungskredit von 13,9 Millionen Franken gesprochen. Insgesamt kostet es jedoch über 100 Millionen Franken.

Geld hat für einmal jedoch nicht das ausschlaggebende Argument geliefert: Fast alle Fraktionen wurden sich intern nicht einig, die SP entschloss sich gar zu einer Stimmfreigabe. Als einzige Fraktion unterstützte die GLP geschlossen den Totalumbau. Ihre Sprecherin räumte ein, dass bei dieser Frage „das Baugefühl entscheidet, nicht die Kosten-Nutzen-Analyse“. Für sie hänge Geschichte aber nicht an roten Sesseln. Das Bauchgefühl der Parlamentsmehrheit wollte den Pfauen nun bewahren. Der Stadtrat muss somit eine Vorlage mit kleineren Eingriffen ausarbeiten. In einigen Jahren soll das Stimmvolk diesen Umbau dann noch bewilligen. - Angedacht ist dabei, dass das angrenzende Restaurant zur Schauspielhausfläche dazugeschlagen wird. Zudem soll das neue Foyer, auch ein Gastroangebot beinhalten.

Pfauensaal vollständig ersetzen           

Der Totalumbau, den Stadtrat und Theaterführung gefordert hatten, hätte dazu geführt, dass der Pfauensaal und die Bühne – sie stammt von 1926, das Schauspielhaus selbst ist Ende des 19. Jahrhunderts als Volkstheater am Pfauen mit bayerischem Biergarten und Kegelbahn erbaut worden. Gemäss dem geplanten Umbauprojekt wäre der Theatersaal komplett entfernt und um eine Etage höher verlegt worden, um mehr Fläche zu schaffen. Lediglich bei der Fassade wäre alles erhalten geblieben.

Dem Vorhaben hatte von Anfang an eine eisige Brise entgegen geweht: Eine Allianz aus Kulturschaffenden und Denkmalschutzinteressierten setzte sich für den Erhalt des Saals ein. Darunter auch drei ehemalige Direktoren des Schauspielhauses, wie Gerd-Leo Kuck, Achim Benning und Gerd Heinz. Dabei ging es weniger um die architektonische als um die geschichtliche Bedeutung des Ortes. Denn als im Dritten Reich Autoren wie Bertold Brecht von der Bühne verbannt wurden und Schauspieler und Regisseure um ihr Leben fürchteten, weil sie jüdisch waren und oder weil ihre politischen Ansichten zu links waren, bot ihnen das Schauspielhaus Zuflucht. Das zuvor unbedeutende Theater wandelte sich während jener Zeit zu einem Hort des geistigen Widerstands gegen den Nationalsozialismus.

Verwaltungsrat reagiert enttäuscht

Der Verwaltungsrat der Schauspielhaus AG zeigte sich in einer Mitteilung enttäuscht über den Entscheid des Stadtparlaments. Die gewählte Variante mit der leichten Sanierung werde dazu führen, dass das Publikum auch in Zukunft unbefriedigende Akustik- und Sichtverhältnisse in Kauf nehmen müsse, monierte er. Den Entscheid gelte es aber zu respektieren. „Damit ist der erste Vorhang gefallen“, schreibt der Verwaltungsrat. Selbstverständlich sei es das Ziel, auch unter schlechteren Bedingungen das weiterhin bestmögliche Theater auf die Bühne zu bringen. Es werde sich aber zeigen, ob die Stimmbevölkerung gleicher Meinung sei wie das Parlament und „einem Sanierungskredit von weit über 100 Millionen zustimmt, der die aktuellen Probleme der Theaterschaffenden nicht löst, sondern noch verschärft“.

Allerdings: Die drei Sanierungsprojekte, die der Stadtrat präsentiert hatte, sind alle teurer. Zudem hat das Schauspielhaus neben der Spielstätte am Pfauen respektive am Heimplatz mit der Schiffbauhalle in Zürich West seit über 20 Jahren eine hochmoderne Bühne. (mai/sda)


Interessiert an weiteren Bauprojekten im Kanton Zürich?


Auch interessant

Anzeige

Firmenprofile

Post Baulogistik AG

Finden Sie über die neuen Firmenprofile bequem und unkompliziert Kontakte zu Handwerkern und Herstellern.

Reports

analyse

Kostenfreie Reports zur Bauindustrie

Jetzt noch mehr inhaltsstarke Quartalsanalysen, kostenlos für Baublatt Abonnent*innen. Neben der Baublatt Analyse, die neu «Baublatt Project Categories» heisst, erhalten Sie ab April 2025 zwei brandneue Reports als Zusatz. Erfahren Sie hier was «Baublatt Top Players» und «Baublatt Regional Projects» zu bieten haben – wie gewohnt digital, prägnant und graphisch auf den Punkt gebracht.

Dossier

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten
© James Sullivan, unsplash

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

Bauaufträge

Alle Bauaufträge

Newsletter abonnieren

newsico

Mit dem Baublatt-Newsletter erhalten Sie regelmässig relevante, unabhängige News zu aktuellen Themen der Baubranche.