Zürcher Kantonsrat stellt sich hinter zwei Gerichtsneubauten
Der Zürcher Kantonsrat hat sich am Montag hinter die Kredite von jeweils über 40 Millionen Franken für Gerichtsneubauten in Winterthur und Hinwil gestellt. Die Vorlagen lösten Grundsatzdebatten über die angemessene Grösse der Arbeitsplätze aus.
Quelle: Zimmer Schmidt Architekten
Visualisierung des Projekts «Junis» der Zimmer Schmidt Architekten aus Zürich, das 2021 den Architekurwettbewerb für den Neubau des Sozialversicherungsgerichts in Winterthur gewonnen hat.
«Die Zeiten von Luxusbauten sind vorbei», sagte Peter Schick (SVP, Zürich). Obschon auch andere Fraktionen die Büroflächen in den geplanten Neubauten für das Sozialversicherungsgericht in Winterthur und das Bezirksgericht in Hinwil als zu grosszügig bemessen kritisierten, blieben die beiden Rückweisungsanträge von SVP- und GLP-Fraktion chancenlos.
Schliesslich war sich die Ratsmehrheit einig, dass die Rückweisung der Geschäfte «unverhältnismässige Kosten» generieren und personelle Ressourcen verschleudern würde, wie es Theres Agosti Monn (SP, Turbenthal) zusammenfasste.
41 Millionen für Neubau in Winterthur
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ist eines der drei obersten kantonalen Gerichte und behandelt jährlich rund 2500 Fälle. Es ist für Beschwerden und Klagen aus den Bereichen der Invaliden-, Unfall-, Arbeitslosen-, Kranken-, Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der beruflichen Vorsorge zuständig.
Derzeit ist es in einem Gebäude an der Lagerhausstrasse 19 in Winterthur eingemietet, das nicht mehr den betrieblichen Ansprüchen genügt. Als Ersatz ist ein rund 41 Millionen Franken teurer Neubau bei der Bezirksanlage Winterthur geplant.
SVP- und GLP-Fraktion wollten vor allem den Innenausbau dem kantonalen Büroflächenstandard anpassen. Roland Scheck (SVP, Zürich) stellte die Frage, ob die Arbeitsfläche pro Person beim Gericht mehr als doppelt so gross sein müsse wie bei der kantonalen Verwaltung. Und beantwortete sie gleich selbst: «Nein.» Sein Fraktionskollege Domenik Ledergerber (SVP, Herrliberg) sagte, eine Rückweisung bedeute keinen Scherbenhaufen. Aber das Projekt müsse redimensioniert werden.
Dass der Neubau zu gross geraten sei, stritt auch Simon Vlk (FDP, Uster) nicht ab. Doch da die FDP-Fraktion bei einer Rückweisung eine «lange und teure Extraschlaufe» befürchtete, stellte sie sich hinter das Bauvorhaben. Die befürchteten Mehrkosten waren auch für die Grünen ein Argument, den Neubau zu unterstützen, wie Wilma Willi (Grüne, Stadel) sagte. Zudem sei die beabsichtige Vermietung eines Stockwerks «eine gute Lösung».
Auch für andere Fraktionen konnte durch die vom Gericht in Aussicht gestellte Vermietung von einem der fünf Stockwerken die anfängliche Skepsis gegenüber dem Bauvorhaben beseitigt werden.
Quelle: ARGE Brütsch Riggio Ugolini
Visualisierung des Projekts «Salesch» von der Arge Brütsch Riggio Ugolini aus Bern für den Ersatzneubau des Bezirksgerichts Hinwil.
Ähnliche Argumente für Neubau Bezirksgericht Hinwil
Für das Bezirksgericht in Hinwil ist ein Neubau vorgesehen, der knapp 44 Millionen Franken kosten soll. Das Gericht meldete wegen der stetigen, wachstumsbedingten Erhöhung des Personalbestands der letzten Jahre Bedarf an zusätzlichen Flächen mit neuen Raumbedürfnissen an.
Aufgrund von betrieblichen und sicherheitstechnischen Anforderungen, hoher Kosten eines benötigten Provisoriums während der Bauarbeiten sowie des hohen Landverbrauchs ist ein Neubau geplant. Das Bezirksgericht Hinwil erledigt mit insgesamt bis zu 50 Mitarbeitern jährlich rund 2800 Verfahren und behandelt dabei vorwiegend erstinstanzliche Zivil- und Strafverfahren.
Auch bei diesem Geschäft wurde der durchschnittliche Flächenverbrauch der Mitarbeitenden kritisiert. «Es braucht einen Neubau, aber keinen überdimensionierten», sagte Domenik Ledergerber (SVP, Herrliberg). «Das Projekt ist zu gross» unterstrich Thomas Wirth (GLP, Hombrechtikon).
Schliesslich entschied sich die Ratsmehrheit aus ähnlichen Gründen wie beim Sozialversicherungsgericht in Winterthur, das Bauvorhaben zu unterstützen.
Postulat dringlich erklärt
Um solche Debatten künftig zu vermeiden, stimmten am Montag 156 Ratsmitglieder der Dringlichkeit des Postulats der Kommission für Planung und Bau (KPB) zu – nötig waren mindestens 60 Stimmen. Die Regierung hat nun fünf Wochen Zeit für eine Stellungnahme. Anschliessend entscheidet der Kantonsrat definitiv über die Überweisung des Postulats.
Dieses will die Regierung beauftragen, zusammen mit den obersten kantonalen Gerichten eine Verordnung auszuarbeiten, welche den Büroflächenstandard der Gerichte dahingehend regelt, dass er sich dem kantonalen Flächenstandard Bürogebäude weitestgehend annähert. (sda/pb)