13:41 BAUPROJEKTE

Weisse Wanne dichtet ganzheitlich ab

Teaserbild-Quelle: Bild: zvg

Die Grundwasserabdichtung bei Hochhäusern ist besonders anspruchsvoll – bei einem hohen Grundwasserspiegel wie auf der Baustelle des Roche Diagnostic-Gebäudes in Rotkreuz erst recht.


Das nahezu quadratische Hochhaus (28,8 x 27,0 Meter) steht auf einer Grundfläche von rund 777 Quadratmetern. Unter den 15 Obergeschossen und dem Erdgeschoss liegen zwei hoch dimensionierte Untergeschosse, wobei sich die Bodenplatte des zweiten Untergeschosses auf einer Tiefe von neun Meter befindet. Der Grundwasserstand liegt am Standort des Hochhauses während des ganzen Jahres über dem zweiten Untergeschoss. Wegen der sehr beengten Umgebung des Baugeländes musste die Baugrube mit Spundwänden und Ankern gesichert werden.

Zur Abdichtung der erdberührten Gebäudefläche war eine «Weisse Wanne» ausgeschrieben. Was versteht man darunter? Grundsätzlich wird dabei eine dichte Gebäudeschale im erdberührten Bereich garantiert, die durch die Abdichtung von Fugen und Durchdringungen und unter Berücksichtigung und Einsatz des tragenden Bauwerks erstellt wird. Der Baukörper selber ist dabei Teil der Abdichtung, indem ein wasserundurchlässiger Beton eingebaut wird, dies im Gegensatz zu anderen Abdichtungskonzepten, bei welchen die Dichtigkeit mittels Auftragen eines Dichtstoffes (Bitumen, Flüssigkunststoff, Folien usw.) auf die Betonoberfläche erreicht wird. Gemäss der Norm SN EN12390-8 gilt ein Beton als wasserundurchlässig, wenn die Wassereindringtiefe kleiner als 50 Millimeter ist.
Das ganzheitliche Abdichtungskonzept «Weisse Wanne» umfasst beim Roche-Hochhaus eine Totalfläche von 1782 Quadratmeter Boden- und Wandfläche. Nach eingehender Prüfung der auf dem Markt angebotenen Systeme erhielt die Chamer Filiale der Rascor Abdichtungen AG den Zuschlag für ihre Weisse-Wanne-Abdichtung. Dieses Unternehmensgruppe gilt in der Schweiz als ein Pionier in der Abdichtungstechnik.

Phase 1: Planen

Damit Risse am richtigen Ort entstanden, gab es bei der technischen Ausarbeitung der Weissen Wanne einige Besonderheiten zu beachten. Der Grund: Das Gebäude steht zusätzlich auf Pfählen. Diese statisch notwendige Massnahme beeinflusst das Abdichtungskonzept in der Fugenplanung. Die Stärke der Bodenplatte im Bereich der Aussenwand liegt bei 60 Zentimeter und nimmt zur Gebäudemitte bis auf 160 Zentimeter zu. In enger Zusammenarbeit mit dem planenden Ingenieurbüro WGG Schnetzer und Puskas berechneten und planten die Ingenieure von Rascor die Fugeneinteilungen so, dass die Statik nicht verändert wird und die Abdichtung seine Funktion voll erfüllen kann.

Jeder Beton entwickelt eine eigene Dynamik. Sie entsteht beim Abbindeprozess und unter Temperatureinfluss (Austrocknung, Hydratation, Schwinden und Dehnen). Als Konsequenz daraus resultiert in den meisten Fällen eine wilde Rissbildung, die unweigerlich zu Undichtigkeiten führen. Diesem Problem kann man auf drei Arten entgegen wirken. Eine Möglichkeit ist die Unterteilung in kleinere Betonierabschnitte, um so den Einfluss des Schwindens zu reduzieren. Eine zweite Möglichkeit besteht – zusätzlich zur statischen Bewehrung – im Einlegen einer Schwindbewehrung. Die entstehenden Schwindkräfte im Beton werden durch den zusätzlichen Stahl absorbiert bzw. es wird ihnen entgegengewirkt. Die effektivste und meist wirtschaftlichste Lösung im drückenden Grundwasserbereich ist es aber, nicht gegen das Entstehen von Rissen zu arbeiten, sondern Risse geplant und kontrolliert am richtigen Ort entstehen zu lassen. Dies ist mit dem Weisse Wanne-System von Rascor gewährleistet. Das System garantiert nicht nur die Abdichtung, sondern ermöglicht eine kontrollierte Rissplanung bei einem maximalen Baufortschritt ohne zusätzliche Massnahmen.

Phase 2: Installieren

Der Start für die Abdichtungsarbeiten fand kurz nach der Grundsteinlegung anfangs November 2009 statt. Durch den Einsatz von «Rascotec»-Sollrisselementen konnte beim Roche-Hochhaus die Bodenplatte in nur zwei Betonieretappen erstellt werden. Die entstehenden Schwindkräfte des abbindenden Betons werden beim Sollrisselement entspannt und verhindern dadurch wilde, unkontrollierte Risse innerhalb einer Etappe. Ohne diese Sollrisselemente hätte zusätzliche Schwindbewehrung eingebaut oder die Bodenplatte in vier Betonier-Etappen unterteilt werden müssen. Um keine Bauverzögerung zu verursachen, wurden diese Arbeiten in enger Abstimmung mit Implenia ausgeführt. Die Fugeneinteilung in den Aussenwänden wurde nach den gleichen Grundlagen berechnet. Hier ist bezüglich der Abdichtung zu beachten, dass das nicht fachgerechte Verdichten des eingebrachten Betons im untersten Wandbereich immer wieder zu undichten Stellen führen kann. Nicht selten sind Kiesnester die Folge davon. Diese Problemzonen können mittels eines Injektionssystems im gleichen Arbeitsschritt abgedichtet werden. Die entstandene Arbeitsfuge zwischen den beiden betonierten Bodenplatten, wie auch die Boden-/Wandfuge und Wand-/Deckenfuge wurde mit dem «Rascotec»-Injektionskanal abgedichtet. Dieser wird in der Fuge zwischen die Bewehrungen auf dem bereits existierenden Betonbauteil aufgedübelt, bevor der zweite Abschnitt betoniert wird.

Grundsätzlich arbeitet das «Rascotec»-Injektionssystems nach einem Zwei-Phasen-Prinzip. In der ersten Phase werden vor dem Betonieren die Sollrisselemente, die Injektionskanäle oder auch Injektionsmanschetten (für Durchdringungen) eingebaut. Dadurch wird im später verfestigten Beton ein Hohlraum geschaffen, der in der zweiten Phase, der Injektionsphase, mit einem Verpressmaterial verfüllt wird. Dabei wird in einem klar definierten Sektor das Injektionsgut innerhalb des Elements kontrolliert verteilt und mit Druck regelmässig in die Fuge gepresst, wo es schliesslich die eigentliche Abdichtungsfunktion wahrnimmt. Diese Technik ermöglicht eine kontrollierte, exakte und wirtschaftliche Injektion.

Phase 3: Injizieren

Im Mai wurden beim Roche Diagnostic-Hochhaus die letzten Abschnitte injiziert. Das dazu verwendete «Rascoflex»-Acrylat wird als sehr niederviskoses Zwei-Komponenten-Injektionsmaterial flüssig in die «Rascotec»-Injektionelemente injiziert und wird dort mittels chemischer Reaktion zum Gel. Acrylat-Gele haben die positiven Eigenschaften, dass sie eine fast gleichwertige Viskosität wie Wasser aufweisen und so in feinste Risse vordringen können und nicht durch verkleben der Fugen oder auch Risse abdichten, sondern durch Quelldruck. Acrylatgele sind hydrophil und quellen mit Wasserkontakt. Der Vorteil: Wenn sich Fugen öffnen, beispielsweise durch Setzungen oder auch thermische Einflüsse, quillt das Gel auf und dichtet so noch immer zuverlässig ab. ( Ruben Schmid)

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