15:36 BAUPROJEKTE

Vom Berg schneller ...... auf die Autobahn

Motorisierte Einwohner der Zuger Berggemeinden wollen so zur Autobahn gelangen, dass sie die Zentren von Zug und Baar umfahren können. Für 200 Millionen Franken soll daher bis 2020 eine neue Kantonsstrasse gebaut werden. Die Gegner finden dies zu viel Geld für zu wenig Nutzen. Im November wird abgestimmt.

Mit der Tangente Zug/Baar will die Zuger Kantonsregierung Berggemeinden wie Ägeri und Menzingen eine direkte Verbindung zur Autobahn schaffen, deren Weg bisher durch die Zentren von Baar und Zug führte. Die Tangente schliesse diese Lücke, heisst es vonseiten der Regierung. Dieses Projekt sei auch im Hinblick auf die direkte Fahrt auf der Autobahn A4 durchs Knonaueramt nach Zürich ab 2010 zu sehen. Die Linienführung der Tangente sei so gewählt, dass Zug und Baar ihren Siedlungsraum wie vorgesehen weiter entwickeln könnten. Besser erschlossen würden gleichzeitig Gewerbegebiete zwischen Baar und Zug (Neuhof, Neufeld, Göbli, Baarermatt), womit die Chance für die Ansiedlung neuer Unternehmen gegeben sei. Die Tangente ist ein Bauvorhaben erster Priorität und wurde in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Zug, mit Baar und den Berggemeinden entwickelt.

Durch die neue Verbindung würden die beiden Stadtzentren entlastet, argumentiert die Regierung weiter, und der öffentliche Verkehr erhalte bessere Fahrplanstabilität. Untersuchungen zur Verkehrsbelastung ergeben beispielsweise für die Zugerstrasse eine Abnahme um 41 Prozent, von jetzt über 28 000 auf 12 100 Fahrzeuge des Verkehrsflusses im Jahr 2020 mit Tangente.

Drei Kilometer lange Strasse

Die Tangente Zug–Baar verläuft vom Knoten Süd-/Weststrasse direkt beim Autobahnschluss Baar auf der bestehenden Südstrasse zum Knoten Zugerstrasse. Dort beginnt die eigentliche Neubaustrecke. Sie führt über die Knoten Industriestrasse und Inwilerriedstrasse zum Knoten Rigistrasse. Die folgende Steigung überwindet die Tangente mit Hilfe des 370 Meter langen Tunnels Geissbüel. Im Gebiet Margel schliesst die Tangente an die Ägeri-strasse an. Die Strasse ist drei Kilometer lang. Dazu kommen ein Kilometer Anschlussstrecken bei den Knoten als Erschliessung der Siedlungsgebiete. Bei der Tangente handelt es sich um eine zweispurige Kantonsstrasse, die jedoch zwischen dem Autobahnanschluss Baar und dem Knoten Zugerstrasse dreispurig geführt wird.

Keine Ventilatoren, sechs Notausgänge

Der Tunnel Geissbüel mit einer der Länge von rund 370 Metern und einer Längsneigung von 7,5 Prozent erfordert keine mechanische Lüftung, weder im Normalbetrieb noch im Brandfall. Studien zeigen, dass im Brandfall eine mechanische Lüftung bei der grossen Längsneigung kaum zur Sicherheit der Tunnelbenützer beiträgt. Daher werden im Tunnel Geissbüel keine Ventilatoren installiert. Dies bedeutet, dass sich im Brandfall die Rauchgase nach oben ausbreiten werden und dass aufgrund der zu erwartenden raschen Rauchausbreitung die Fluchtwege kurz sein müssen, damit eine Selbstrettung der Tunnelbenützer möglich ist. Dies wird mit sechs Notausgängen sichergestellt. Der Bereich unmittelbar nach dem Notausgang beziehungsweise vor der Treppe muss genügend Platz bieten, so dass einzelne gehbehinderte oder ältere Personen sich hier vorübergehend in Sicherheit aufhalten können. Die Fluchtwegdistanz beträgt im Maximum zirka 50 Meter. Der Tunnel wird im Tagbau als Rahmenkonstruktion gebaut.

Besondere Herausforderungen erwartet das Zuger Tiefbauamt bei den Arbeiten in der Grundwasserschutzzone (zum Beispiel bei der Unterführung Neufeld, Kreuzung Süd-/Zugerstrasse) und unter Aufrechterhaltung des Verkehrs sowie bei der Erstellung einer zweiten Grundwasserwanne im Bereich Südstrasse bei der SBB-Linie Zug–Zürich unter Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs.

Die Kosten der Tangente gehen laut den Angaben des Kantons zu Lasten der Spezialfinanzierung Strassenbau. Für Planung, Landerwerb und Bau müssen rund 200 Millionen Franken aufgewendet werden. Der Baubeginn ist für 2016 geplant, das Bauende für 2020 vorgesehen.

Flankierende Massnahmen

Brauchen die Berggemeinden tatsächlich eine direkte Anbindung an die Autobahn? Die betreffenden Gemeinden jedenfalls bejahen die Frage und monieren die langen Staus in Zug und Baar. Die Regierung betont, dass kein Mehr- oder Schleichverkehr durch Wohngebiete entstehe, weil flankierende Massnahmen wie Lärmschutzwälle und -wände sowie spezielle Verkehrsführungen geplant seien. Mit dem Bau der Tangente gehe keine weitere Einzonung von Siedlungsgebieten einher, so wie auch das Naherholungsgebiet zwischen Inwil und Baar mit der neuen Strasse durch verschiedene flussbauliche und landschaftliche Massnahmen aufgewertet werde. Vorsichtig geht der Regierungsrat von der Annahme aus, dass die Verkehrsentlastungen spürbar würden; allerdings erwiesen sich Prognosen als schwierig angesichts der Tatsache, dass sich der Verkehr seit den 60er-Jahren verachtfacht hat. Gerade deshalb und weil in dieser Zeit kein Ausbau der Kantonsstrassen stattfand, sieht man in der neuen Kantonsstrasse eine Verbesserung des Kantons als Wirtschafts- und Wohnstandort.

Ein Projekt mit Gegnerschaft

Wie viele andere Strassenbauprojekte hat auch die Tangente Zug/Baar das Los, nicht unumstritten zu sein. Das Gegnerkomitee mit dem Namen «Grüne Lunge Zug-Baar» argumentiert mit dem Inhalt eines regierungsrätlichen Zusatzberichts zur Kantonsratsvorlage. Dort gehe der Regierungsrat von mehr Verkehr aus, woraus folge, dass wer mehr Strassen baue, mehr Verkehr anziehe. Zudem zeige der Bericht, dass der Verkehr von den Berggemeinden in Richtung Autobahn gar nicht so bedeutsam ist, wie immer behauptet werde. «Für rund 6000 Fahrzeuge pro Tag sollen 200 Millionen Franken ausgegeben werden. Dafür wird das Naherholungsgebiet zwischen Zug und Baar unwiederbringlich zerstört.» Damit wird der Nutzen eines solchen Bauwerks bezweifelt.

Die Gegner übersähen aber, dass mit der Tangente Zug/Baar auch weiträumig Arbeitsplatzgebiete im Gebiet Zug–Baar–Ennetsee erschlossen werden, sagt dagegen die Baudirektion. «Der Grüngürtel bleibt intakt», hält die Behörde fest. Bei der Planung habe man besonders darauf geachtet, dass Siedlungen und Landschaft geschont würden. «Dank einer sorgfältig gewählten Linienführung und naturnaher Schutzbauten ist garantiert, dass der Grüngürtel zwischen Zug und Baar als Erholungsraum erhalten bleibt. Neue Fuss- und Velowege sowie renaturierte Bäche werden das Gebiet sogar noch aufwerten.»

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