Projekt der KWO und für neue Staumauer und Kraftwerk an der Trift verzögert sich um zwei Jahre
Weil die Umweltschutzorganisationen Aqua Viva und Grimselverein Beschwerde erheben, verzögert sich der Neubau der Staumauer und des Kraftwerks an der Trift ein weiteres Mal. Die Kraftwerke Oberhasli (KWO) rechnen mit Verzögerungen von mindestens zwei Jahren.
Quelle: PD
Visualisierung: Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) plant im Triftgebiet im Gadmental den Neubau eines Speichersees und ein Wasserkraftwerk, da sich dort durch den Rückzug des Triftgletschers in den letzten Jahren im Gletschervorfeld ein See gebildet hat.
Bis 2040 will der Bund mit dem Zubau von Wasserkraft insgesamt zwei Terrawatt zusätzlichen Winterstrom generieren, um die Versorgungssicherheit in der Schweiz zu stärken. Eines der Projekte, das dazu beitragen soll, ist der Neubau des Speichersees, respektive einer neuen Staumauer, und des Kraftwerks Trift der Kraftwerke Oberhasli (KWO). Mit dem neuen Kraftwerk könnte gemäss KWO insgesamt 145 GWh zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Energien produziert werden. Vor allem aber liessen sich weitere 215 GWh Energie speichern. Damit könnte die KWO das anfallende Wasser vor allem im Winter nutzen, wenn der Strom ist.
Laut dem Energieunternehmen zählt der Neubau von Staumauer und Kraftwerk an der Trift zu den 15 vom „Runden Tisch Wasserkraft“ identifizierten Projekten, die energetisch am meist versprechenden seien und die mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Landwirtschaft umgesetzt werden könnten. Des Weiteren verweist die KWO darauf, dass der im vergangenen Herbst vom Parlament verabschiedete Energie-Mantelerlass festhält, dass die Wasserkraft den grössten Anteil am Ausbau einheimischer Energien haben soll.
Aqua Viva und der Grimselverein wollen Naturjuwel erhalten
Im Juni dieses Jahres hatte der Berner Grosse Rat die gesetzliche Grundlage für das Bauvorhaben geschaffen, und die entsprechenden Änderungen der Konzession gut geheissen. Unterdessen ist die Referendumsfrist ungenutzt verstrichen. Doch nun fechten die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva und der Grimselverein die Konzession beim Verwaltungsgericht des Kantons mit einer Beschwerde an. Sie wollen das «Naturjuwel Trift» erhalten, wie sie in ihrer gemeinsamen Medienmitteilung erklären.
Die beiden Organisationen warnen davor, dass das geplante Wasserkraftwerk mit Stausee das Gebiet vollständig zerstört. «Die Ergebnisse vorliegender, wissenschaftlicher Studien müssen ernsthaft geprüft und in die Interessensabwägung einbezogen werden», kritisiert Aqua-Viva-Geschäftsleiterin Salome Steiner im Communiqué. «Verglichen mit dem Verlust an Natur und Landschaft ist der energiewirtschaftliche Nutzen des Wasserkraft-Projekts gering.» Laut Aqua Viva und Grimselverein konnten die Studien zum Beispiel 58 Wasserinsekten im Trift-Gebiet nachweisen, die durch das Projekt ihren Lebensraum verlieren - darunter unter anderem zwei Arten der Roten Liste und zehn potenziell gefährdete Arten. Die Studien belegten ausserdem, dass das Triftgebiet die Kriterien zur Aufnahme ins Bundesinventar der Auen erfülle.
Aqua Viva und der Grimselverein werfen dem Kanton Bern vor, dass er die Studien, die die Schutzwürdigkeit des Gebiets nachweisen, bei der Interessensabwägung im Zusammenhang mit der Konzessionserteilung nicht berücksichtigt habe. «Es geht um unsere letzten unberührten Gewässerlandschaften, die wir alle lieben und brauchen», betont Nick Röllin, Präsident des Grimselvereins. Ihren Wert müsse man anerkennen und langfristig erhalten.
Umweltverbände und Gemeinde von KWO mit einbezogen
Daniel Fischlin, CEO der KWO, hat die Beschwerde zur Kenntnis genommen: «Ich bedaure sehr, dass Beschwerde eingereicht wurde, aber sie kommt für mich leider nicht überraschend.» Man lebe als Kraftwerksbetreiber bereits seit langem diesen Verzögerungen. Sie machten die Planung sehr anspruchsvoll. Laut Fischlin stehen die Beschwerden der Umweltverbände diametral zur Stossrichtung von Parlament und Bundesrat, die den Zubau erneuerbarer Energien beschleunigen und die Verfahren verkürzen wollen.
Bei der Erarbeitung der Konzessionsunterlagen für das Trift-Projekt hatte die KWO im Rahmen eines breitangelegten Begleitprozesses unterschiedliche Interessengruppen miteinbezogen. Dazu zählten die grossen Umweltverbände Pro Natura, WWF, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, der Schweizerische Alpenclub (SAC), der kantonale Fischereiverband und die Gemeinden in der Region. Gemeinsam habe man sich damals auf umfangreiche ökologische Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen, heisst es bei der KWO.
Sowohl der
Grimselverein als auch die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva hatten
damals gemäss dem Energieunternehmen bewusst darauf verzichtet, am
Begleitprozess teilzunehmen. – Weil Aqua Viva als nationale Organisation
über ein Verbandsbeschwerderecht verfügt, kann sie die Beschwerde gegen
die Konzession bis vor Bundesgericht ziehen. Tritt dieser Fall ein,
rechnet die KWO damit, dass sich das Bewilligungsverfahren um mindestens
drei bis vier Jahre verzögert. (mai/mgt)
Infos der KWO zum Projekt auf www.grimselstrom.ch
Bewilligungsprozess Trift-Projekt
2013 – 2017: Erarbeitung des Konzessionsgesuchs mit aktiver Beteiligung von Umweltverbänden und weiteren Stakeholdern aus der Region
14. November 2017: Einreichung des Konzessionsgesuchs bei der Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern
2020: Berner Regierungsrat heisst Antrag auf Konzessionsänderung gut und überweist diesen an den Grossen Rat
Ende 2020: Bundesgerichtsentscheid: Projekte Vergrösserung Grimselsee und Trift müssen zuerst im kantonalen Richtplan festgesetzt werden, Konzessionsgesuch der KWO wird sistiert
Ende 2022: Regierungsrat hat Richtplanänderung vorgenommen, Trift-Projekt und Vergrösserung Grimselsee auf den Koordinationsstand «Festsetzung» angepasst
Anfang 2023: Konzessionsverfahren für das Trift-Projekt wird wieder aufgenommen
Februar 2023: Berner Regierungsrat heisst Antrag auf Konzessionsänderung erneut gut und überweist das Geschäft an den Grossen Rat
Juni 2023: Grosser Rat heisst Konzessionsänderung mit 139 zu 3 Stimmen gut
September 2023: Schweizer Parlament verabschiedet das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, den sogenannten Mantelerlasses
November 2023: Referendumsfrist für Konzessionsänderung läuft ungenutzt ab
Dezember 2023: Der Grimselverein und die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva reichen beim bernischen Verwaltungsgericht Beschwerde gegen Konzessionsentscheid ein
(KWO)