07:49 BAUPROJEKTE

Hochhausprojekt «Frankfurt Four»: Die vier Elemente

Geschrieben von: Robert Mehl (rm)
Teaserbild-Quelle: Robert Mehl

Die «Frankfurt Four» sind vier neue, eng zusammenstehende Hochhäuser in Frankfurt. Das Bauprojekt ist so umfangreich, dass es in zwei Baulose geteilt wurde. Die Fassaden der vier Türme zeichnen sich durch eine maximale Bandbreite der verschiedenen Bauweisen aus.

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Blick von der erwähnten Ablageplattform auf die beiden kleinsten Türme. Der Niedrigste ist bereits vollkommen fertig gestellt, übergeben und in Nutzung. Der zweitniedrigste ist zum Wohnen gedacht.

Unweit des Rossmarkts in Frankfurt/Main befindet sich eine der grössten derzeitigen Baustellen Europas: Das Hochhausprojekt «Frankfurt Four». Es besteht aus vier eng aneinander stehenden Hochhäusern, die auf dem ehemaligen Deutsche-Bank-Dreieck, nahe dem Frankfurter Rossmarkt errichtet wurden. Der Entwurf stammt vom Amsterdamer Architekturbüro «UNStudio» um Ben van Berkel und Caroline Bos. Die Genehmigungs- und Ausführungsplanung erfolgte durch das Düsseldorfer Büro HPP. 

Die vier unterschiedlich hohen Türme sind nach den lateinischen Namen der vier klassischen Elemente benannt: Feuer, Erde, Wasser und Luft. Dabei ist «Aĕr» (Luft) mit 233 Metern der höchste und «Aqua» (Wasser) mit 100 Metern der niedrigste Turm, «Ignis» (Feuer) und «Terra» (Erde) liegen mit 173, respektive 120 Metern dazwischen. Die beiden mittleren Türme sind zum Wohnen gedacht, wobei im niedrigeren «Terra» nur Mietwohnungen entstehen, während in dem höheren «Ignis» ausschliesslich Eigentumswohnungen untergebracht sind. Der niedrigste und der höchste Turm sind reine Bürotürme, und die oberste 53. Etage wird einmal die höchste Bürofläche in ganz Deutschland sein. 

Modell Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Im Baustellenbüro der Bauherrschaft Gross & Partner befindet sich eine städtebauliches Modell des Quartiers. Die Hochhäuser stehen tatsächlich so nah beieinander.

Alle vier Türme ruhen auf einem fünfgeschossigen Sockelbau, der die Firsthöhe der umgebenden Bestandsbauten adaptiert. In diesem Sockel entsteht ein Fünf-Sterne-Hotel der zur Hyatt-Gruppe zählenden Marke «Kimpton» sowie zahlreiche Geschäfte und Restaurants. Im Keller befindet sich zudem eine grosse Tiefgarage. Das architektonische Konzept sieht in dem Hochhaus-Ensemble tatsächlich einen autarken Lebensraum vor, den ein Bewohner nur für besondere Anlässe verlassen muss. 

Entsprechend der Gebäudefunktionen wurde auch das Bauvorhaben separiert. So wurde das Fassadengewerk der beiden Wohntürme durch die Josef Gartner GmbH aus Gundelfingen ausgeführt, das der zwei Bürotürme von der Münchener Dobler Metallbau GmbH. Separat vergeben wurde auch der Fassadenbau des Sockels, mit dem ebenfalls die Firma Gartner beauftragt wurde. Die Frankfurter Gross & Partner Grundstückentwicklungsgesellschaft mbh ist Bauherr des Grossprojekts und koordiniert die gesamte Grossbaustelle. 

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Der Sockelbereich der «Frankfurt Four» vom Eingangspodium des benachbarten Commerzbank-Hochhauses. Gut erkennbar die horizontale Zäsur zwischen dem fünfgeschossigen Sockel und den Hochhäusern. Links und rechts die Gerüste und die aussen liegenden Baustellenaufzüge.

Logistische Herausforderungen 

Völlig unabhängig voneinander geben sowohl Karl Lindenmaier, Bauleiter von Gartner, Simon Riedl, Bauleiter von Dobler und Dennis Peter, Projektleiter von Gross & Partner zu Protokoll, dass die grösste Herausforderung bei dem ganzen Bauprojekt die Logistik war. Denn das fast im Frankfurter Stadtzentrum gelegene Baugrundstück weist keinerlei Flächen für eine Zwischenlagerung von Baumaterial auf. Alles muss just-in-time angeliefert und sofort montiert werden. Da aber die mitwachsenden Hochkräne – in der Hochzeit waren elf Kräne auf der Baustelle in Betrieb – in der regulären Arbeitszeit weitgehend dem Rohbau für den Betontransport vorbehalten waren, schieden diese überwiegend zur Nutzung für die eigentliche Montage aus. 

Insofern bestand die Lösung in einer nächtlichen Anlieferung jener Fassadenelemente, die am Folgetag verbaut werden sollten. Diese erfolgte in der Regel zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens. Die Fassadenelemente wurden in der Regel mit einem Hochkran über eine Ablageplattform in das jeweilige Geschoss gehoben oder bei abgeschlossenem Rohbau ganz auf dem jeweiligen Hochhausdach temporär abgelegt. Eine Ablageplattform ist eine auskragende Stahlkonstruktion, die temporär an das jeweilige Fassadenmontagegeschoss angebracht wird. Auf dieser kann der Hochkran die Elemente dann unproblematisch ablegen. Sind alle Elemente einer Ebene eingehoben, wird die dann wieder leere Plattform einfach an denselben Kran angehängt, ihre Befestigungen gelöst und eine Ebene höher gehoben, wo sich der Ablauf wiederholt. 

Im Durchschnitt besteht eine Etage bei allen vier Türmen aus etwa 90 bis 120 Fassadenelementen, wobei die Tagesleistung zwischen 20 bis 30 Stück schwankte. Alles in allem benötigten sowohl Dobler wie auch Gartner somit etwa eine Arbeitswoche Montagezeit pro Geschoss. Tatsächlich sind die Zeiten vorbei, in denen zunächst ein Rohbau komplett errichtet wurde, bevor dieser dann eine Fassade erhielt. Hier erfolgte alles annähernd gleichzeitig, wobei der Rohbau etwa sechs bis acht Etagen Vorsprung gegenüber dem Fassadenbau hatte. Diese Gleichzeitigkeit macht die intensive Kranauslastung nachvollziehbar. 

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Das «Frankfurt Four»-Ensemble vom nahen Frankfurter Rossmarkt aus gesehen.

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Auf diesem Geschoss in einem der beiden Wohnbauten werden gerade Fassaden montiert. Im Vordergrund ein Fassadenelement, im Hintergrund die temporäre Ablageplattform für den Hochkran zu sehen.

Fassadenkonstruktion 

Sowohl bei Dobler wie bei Gartner wurden alle Fassadenelemente im jeweiligen Werk komplett vorproduziert. Das heisst die Bauteile setzen sich aus allen erforderlichen Metallprofilen in der endgültigen, nur mit einer Schutzfolie bedeckten Oberfläche, allen Gläsern und dem integrierten Sonnenschutz zusammen. Ein Element einer Doppelfassade besteht somit aus der äusseren Prallscheibe aus teilvorgespanntem Glas (TVG), deren Halterung, dem innen liegenden Fensterrahmen, dem darin eingesetzten Schwenkflügel mit der Dreifachverglasung und dem darin integrierten Sonnenschutzrollo. Die Fensterflügel sind jedoch für die normalen Nutzer – gleichwohl davor noch die Prallscheibe sitzt – nicht zu öffnen. Stattdessen befindet sich unmittelbar neben dem geschosshohen Fenster ein ebenso hohes Lüftungsgitter, das manuell mit einer Klappe geöffnet werden kann. 

Alle Büros und Wohnungen kommen ohne Klimaanlage aus. Neben der natürlichen Belüftung weisen die Büros lediglich Kühldecken auf. Tatsächlich entwickelt ein manuelles Öffnen des Lüftungsgitters infolge der Hochhaushöhe – selbst an einem windarmen Tag – einen beeindruckenden Luftstrom.

Im Hochhausprojekt sucht man zudem vergeblich nach einer Regelfassade. Selbst die einzelnen Türme haben für sich genommen keine einheitliche Fassade. So weist der mit 53 Geschossen höchste der vier Türme eine weitgehend glatte Fassadenfläche aus Doppelelementen auf, die überwiegend der Geschossdeckenaussenkante folgt. An den abgerundeten Gebäudeecken nimmt die Prallscheibe den Krümmungsradius auf, die innere Wärmeschutzverglasung ist jedoch polygonal angeordnet. 

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Alle vier Türme weisen schienenartige «Frames» auf, in denen LED-Ketten installiert sind. Links bildet die Fassade eine homogene Fläche, rechts wirkt sie wie ausgestellt. Diese Kantigkeit ist von den Architekten gewollt und erforderte aufwändige Sonderkonstruktionen.

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Aus der Nähe betrachtet handelt es sich bei den geschlossenen Fassadenelementen der Technikgeschosse um Lochbleche.

Entlang einer turmhohen Zäsur, einem so genannten «Frame», wechselt diese glatte Aussenhaut hin zu Fassadenelementen, die entfernt an Fensterkästen erinnern. Hier wirken die Aussenscheiben im Verhältnis zur durchgehenden Fläche wie nach aussen verdreht oder ausgestellt, womit die Fassadenfläche ein ausgesprochen kantiges Gepräge erhält. Dabei weisen diese vorspringenden Elemente keinen einheitlichen Winkel auf. Vielmehr sind alle Bauteile Einzelstücke, die nur in ihrer Gesamtheit eine Logik erkennen lassen. Das Baulos der Firma Dobler umfasste insgesamt rund 6‘000 Fassadenelemente, von denen etwa 2‘800 unterschiedlich waren. Alle mussten separat geplant und gefertigt werden. Sie erhielten eine Nummer und waren an der vorgesehenen Position einzubauen. 

Alle vier Türme weisen die erwähnten «Frames» auf: Diese bestehen aus mehr oder weniger senkrechten, schienenartigen Lisenen, die sich ab dem Sockelgeschoss bis hinauf zur Krone über das gesamte Hochhaus erstrecken. In diesen «Frames» befinden sich leuchtstarke LED-Ketten, mit denen das neue Quartier nachts illuminiert wird. Die Leuchten können verschiedene Weisstöne annehmen, sind digital ansteuerbar und bilden etwa eine nach oben laufende Lichtlinie. 

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Auf dem Dach des über 200 Meter hohen Bürotowers werden die zur Montage bereiten Fassadenelemente zwischengelagert.

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Ein Monteur beim Fixieren eines Fassadenelementes an einem Doppel-T-Träger.

Elementmontage

Die Metallbauunternehmen Dobler und Gartner liessen sich die überwiegend im 1,35 Meter Achsraster angelegten und meist auch genauso breiten Fassadenelemente mit dem Hochkran auf die jeweilige Etagen heben. Dort wurden sie dann mit einem Langhubwagen zu ihrer Einbauposition gezogen. Der eigentliche Einbau erfolgte dann aus dem jeweiligen Geschoss heraus. Bei Gartner geschah dies unter Zuhilfenahme eines Manipulators, der mit Vakuumsaugnäpfen das Element griff und in die Endposition hob, wo Monteure es fixierten. Zusätzlich gegen Absturz gesichert wurde das Bauteil dabei über ein Aussenseil, das an einem mobilen Spinnenkran eine Etage darüber hing. 

Dobler Metallbau verzichtete hingegen auf Manipulatoren und arbeitete ausschliesslich mit Spinnenkränen. Da sie den höchsten Turm des Ensembles verkleideten, der über einen zusätzlichen Gebäudekran verfügte, war es ihnen gestattet worden, mit diesem die Fassadenmontage an den obersten Geschossen auszuführen. Dieser war tatsächlich zunächst in einem Aufzugsschacht platziert, wuchs mit dem Turm mit und wurde gegen Ende durch einen auf dem Dach sitzenden Kurzkran mit langem Ausleger ersetzt. Dennoch stockte bei Dobler in letzter Zeit der Montageprozess, weil auch dieser Kran zwischendurch Züge für andere Gewerke übernehmen musste. 

Baustelle Hochhäuser Frankfurt Four

Quelle: Robert Mehl

Blick vom zentralen Innenhof nach oben mit allen vier Türmen.

Ende März 2024 waren die geschossweise fortschreitenden Fassadenarbeiten am hohen Büroturm abgeschlossen, nunmehr ging es um die Montage der sogenannten Fassadenkrone. Dabei handelt es sich um die weitgehend geschlossene Metallverkleidung der Techniketagen, die sich in den oberen zwei Geschossen befinden. Darüber hinaus überragt eine zweigeschossige Metallverkleidung wie ein Zaun die eigentliche Dachfläche und bildet einen äusserlichen Sichtschutz auf die zahlreichen, hier aufgestellten Haustechnikaggregate. Optisch besteht die Turmkrone somit aus rund vier Geschosshöhen, die zusammen eine wohlproportioniert erscheinende Attika bilden. 

Beeindruckende Zahlen 

Die bei Wikipedia publizierten Zahlen zum Projekt «Frankfurt Four» beeindrucken: So weist das Bauvorhaben insgesamt eine Bruttogeschossfläche von 210‘000 Quadratmetern auf, von denen 90‘000 m² Bürofläche und 60.000 m² Wohnfläche sein werden, 30‘000 m² wird das Hotel einnehmen, und die restlichen 20‘000 m² stehen dem Einzelhandel und der Gastronomie zur Verfügung. Über die Baukosten wurde offiziell Stillschweigen vereinbart. Auf Wikipedia wird das Investitionsvolumen auf rund eine Milliarde Euro geschätzt. Künftig sollen einmal rund 4‘000 Menschen in dem Ensemble arbeiten und rund 1‘000 darin wohnen. Beeindruckend sind aber auch die aktuellen Menschenmassen auf der Baustelle, hier geht man von mehr als 1‘000 Arbeitskräften täglich aus.

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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