"Grossartige Räume zum Blühen bringen"
Die Zürcher B.E.R.G. Architekten gewannen den Studienauftrag für die Innensanierung des 140-jährigen Schulhauses in Aarau. Kernthema ihres Projektes ist die Annäherung an die historische Bauqualität.
Im selben Jahrhundert, als Heinrich Pestalozzi seine revolutionäre Vorstellung von Erziehung niederschrieb, wurde das Schulhaus in Aarau gebaut und nach ihm benannt. Ein Palast für Wissensdurstige war das zwischen 1873 und 1875 erstellte Gebäude direkt am Bahnhof Aarau. «Auf das vom damaligen Kantonsbaumeister Rothpletz erbaute Gemeindeschulhaus sind die Aarauer noch heute stolz», betont Felix Fuchs, Stadtbaumeister von Aarau. Es ist im kantonalen Schutzinventar eingetragen, da es als bedeutender Schulbau des Historismus im Kanton Aargau gilt. Mehrmals wurde das Gebäude seither renoviert, letztmals zwischen 1979 und 1982. Dabei ging fast die ganze historische Ausstattung des prachtvollen Baus verloren beziehungsweise wurde von zusätzlich aufgebrachten Elementen überdeckt. «Der Umgang mit historischen Bauten hat sich in den letzten 30 Jahren zweifelsohne gewandelt», sagt Fuchs. «Heute werden die Eingriffe als wenig sensibel empfunden und es gilt, die eine oder andere Massnahme der früheren Sanierungen rückgängig zu machen.»
Strategie der Annäherung
Die Stadt Aarau führte einen Studienauftrag mit fünf ausgewählten Architekturbüros durch. Es waren dies die Architektengemeinschaft 4 GmbH, Aarau; B.E.R.G. Architekten, Zürich; Diethelm & Spillmann, Zürich; Graf Stampfli Jenni Architekten, Solothurn, und Arge Joos & Mathys Architekten, Zürich. Das Projekt sollte den heutigen Bedürfnissen einer modernen Berufsschule und einer zukunftsweisenden Erwachsenenbildung gerecht werden und die Energieeffizienz wenn möglich optimieren. Ausserdem musste es im Einklang mit dem Denkmalschutz stehen. Der Entscheid der Jury fiel auf das Projekt von B.E.R.G. Architekten. «Aufgrund einer präzisen Analyse der Aufgabenstellung und der Bausubstanz wählen die Architekten die Strategie der Annäherung, und nicht die der Rückführung oder des Kontrastes zur bestehenden Bausubstanz», begründet Fachpreisrichter Fuchs den Juryentscheid. «Mit dieser Strategie werden ursprüngliche Raumqualitäten wieder hergestellt und eine eigenständige integrative Gestaltung der Räume mit Bezug zur Baugeschichte erzielt.» Insbesondere schätzt er die anspruchsvolle Umsetzung zwischen denkmalpflegerischen und energetischen Aspekten. Kernpunkt des Projektes von B.E.R.G. Architekten war, eine nachhaltige Raumstimmung im Sinne des Originals zu schaffen. Wie dies erreicht werden soll, erläutert die Architektin Sibylle Bucher. Bei der Sanierung soll zudem eine Optimierung von Haustechnik und Gebäudehülle sowie die mögliche Reduktion des Energieverbrauchs angestrebt werden. Bei denkmalgeschützten Objekten eine schwierige Angelegenheit. Zudem war beim Pestalozzi-Schulhaus erst vor kurzem die Gasanlage zur Wärmeerzeugung erneuert worden, und eine Erneuerung der Energieerzeugungsanlage wurde als nicht wirtschaftlich angesehen.
Die Schulungsräume kommen im Siegerprojekt schlicht-modern daher. Der Bezug zur historischen Bauqualität zeigt sich vorwiegend in den öffentlicheren Bereichen, allen voran in der Aula. Auflagen der Denkmalpflege bestehen nur für die Gestaltung der Fassade, nicht für den Innenbereich. Die Arbeiten für die Innensanierung sollen 2012 beginnen. Anschliessend folgt die Renovation der Aussenhülle. Danach wird der Schulpalast ein architektonisches Highlight für moderne Zeitgenossen sein, an dem wahrscheinlich auch Heinrich Pestalozzi seine Freude hätte. (ka)