Geothermie: Messungen und Projekte in Bern und im Jura geplant
Die Geothermie erhält neuen Auftrieb. In dreizehn Berner Gemeinden sollen Messungen das Potenzial ausloten. Das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL will die Gebäude des Nationalen Sportzentrums in Magglingen mit Erdwärme versorgen. Auch im Kanton Jura soll ein geothermisches System sauberen Strom und CO2-freie Wärme liefern.
Quelle: zvg
Die Beschaffenheit des Untergrunds wird in diesem Perimeter erkundet für den Bau eines stimulierten geothermischen Systems.
Die Erschliessung geothermischer Energiequellen ist wegen gescheiterter Grossprojekte ins Stocken geraten. Nun ist bei Bund, Kantonen und Gemeinden das Interesse an dem nachhaltigen Verfahren wieder grösser. Auch im Kanton Bern soll die Geothermie vermehrt genutzt werden. Der Bund führt dazu im Herbst in dreizehn Seeländer Gemeinden erstmals Untersuchungen des Untergrunds durch.
Mit Warmwasser aus Tiefenschichten sollen laut dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) Gebäude des Nationalen Sportzentrums in Magglingen mit Erdwärme beheizt werden, was den CO2-Ausstoss um über 90 Prozent senken soll. Die meisten Gebäude des Sportzentrums werden laut BBL heute noch mit Gas beheizt.
Energiequelle in 1300 Metern Tiefe vermutet
Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich über rund 30 Quadratkilometer, davon betreffen vier Quadratkilometer den Bielersee. Drei Vibrofahrzeuge werden während etwa drei bis vier Wochen Wellen an mehr als 3000 Messpunkten erzeugen. Pro Messpunkt werden drei bis vier Vibrationen ausgelöst. 2500 Messgeräte zeichnen die Resultate auf. Eine einzelne Vibration dauert etwa 30 Sekunden, ist hörbar und wird in einem engen Umkreis von rund 50 Metern spürbar als leichte Erschütterung wahrgenommen.
Laut dem Bund stellen diese Erschütterungen weder für Mensch, Tier noch Umwelt eine grössere Belastung dar. In bewohnten Gebieten werden die Messungen in der Regel zwischen 20 und 22 Uhr durchgeführt. Geologische Gutachten hätten gezeigt, das im Untergrund von Magglingen warmes Wasser zu erwarten sei. Erst detaillierte Untersuchungen und eine Probebohrung brächten aber Gewissheit. Das warme Wasser wird in 1300 Metern Tiefe vermutet.
Möglicher Beginn der Bohrarbeiten 2025
Nach Abschluss der Untergrund-Untersuchungen werden die Daten ausgewertet und bis Sommer 2023 zu einem präzisen Modell zusammengefügt. Dies erlaubt es, ein Bohrziel zu definieren. Stimmen die eidgenössischen Räte der Finanzierung des Geothermieprojekts zu, können die Bohrarbeiten voraussichtlich 2025 beginnen. Frühestens 2027 wird die Geothermieanlage in Betrieb gehen.
Im Herbst 2021 schrieb das BBL, bei einer solchen Anlage sei nicht mit Erdbeben zu rechnen, da im Tiefengestein kein Druck erzeugt werde. Im vergangenen Jahr sind derartige Untersuchungen bereits in den Kantonen Basel-Landschaft, Genf, Waadt und Wallis erfolgreich durchgeführt worden. In Riehen BS ist seit 1994 eine ähnliche Anlage zuverlässig in Betrieb.
Quelle: zvg, Bundesamt für Bauten und Logistik
Wasserführende Schichten werden in einer Tiefe von 1300 Metern vermutet (1). Zwei Bohrschächte ermöglichen die Wasserzirkulation (2). Wärmepumpen bringen das Tiefenwasser auf höhere Temperaturen (3), sodass die Wärme übers Netz in die Gebäude verteilt werden kann.
Projekt im Jura weiter fortgeschritten
Der Kanton Jura, Geo-Energie Suisse (GES) und Geo-Energie Jura haben diese Woche eine Vereinbarung über das Geothermie-Projekt Haut-Sorne unterzeichnet. Die Sicherheit für die Bevölkerung soll beim Pilotprojekt an erster Stelle stehen. Den Bedenken der lokalen Bevölkerung sowie der ansässigen Unternehmen wegen möglicher seismischer Erschütterungen werde Rechnung getragen.
Eine Vereinbarung regelt laut Mitteilung die zusätzlichen Sicherheitsauflagen der Kantonsregierung sowie die Begleitung des Projekts durch eine unabhängige Expertengruppe. Die Vereinbarung sehe auch die Einführung eines Protokolls zur Überwachung der Gebäude vor. Damit soll die Beweisführung für die Beurteilung möglicher Schäden im Zusammenhang mit den Bauarbeiten erleichtert werden. Zum Sicherheitsdispositiv gehört auch eine verstärkte seismische Überwachung während der gesamten Projektlaufzeit.
Vier bis fünf Kilometer tief bohren
Mit dem Pilotprojekt in Haute-Sorne soll mit Hilfe von stimulierten geothermischen Systemen sauberer Strom und erneuerbare, CO2-freie Wärme für die Region produziert werden. Die geophysikalische Messkampagne, die während der Explorationsbohrung zum Einsatz komme werde, biete in der ersten Phase ein zusätzliches Sicherheitsnetz.
Mit den Bohrungen könne die Beschaffenheit des Untergrundes bis in die Endtiefe von vier bis fünf Kilometern ausgelotet werden. Dies bringe zudem erdwissenschaftliche Erkenntnisse zum Jurabogen zwischen Genf und Basel. Da die Technologie von Geo-Energie Suisse nicht nur im tiefen Kristallin, sondern auch in Sedimentgesteinen zur Anwendung kommen könne, lasse sie sich fast überall in der Schweiz einsetzen.
Leistung von rund fünf Megawatt
Das Hauptziel der Erkundungsbohrung und der Stimulationstests sei, das seismische Risiko, also von Erdbeben, sorgfältig zu evaluieren. Entscheide über eine allfällige zweite Bohrung würden jeweils erst nach der sorgfältigen Analyse der Messdaten gefällt, hiess es in der Mitteilung weiter. Das geothermische Kraftwerk werde voraussichtlich eine Leistung von rund fünf Megawatt erbringen. Ein Rekurs gegen das Bauprojekt war 2018 in letzter Instanz vom Bundesgericht abgewiesen worden. (mgt/sts)