08:11 BAUPROJEKTE

Freie evangelische Kirche (FEG): Grossprojekt in Wetzikon

Geschrieben von: Claudia Porchet (cet)
Teaserbild-Quelle: Kevin Weber

Für 24 Millionen Franken will die freie, evangelische Gemeinde Wetzikon ihr Hauptgebäude erneuern. Gleichzeitig entsteht ein Nebengebäude mit Wohnungen und Gewerbe.

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Quelle: Kevin Weber

Das Hauptgebäude mit Gottesdienstsaal wird saniert und ergänzt.

Die freie, evangelische Gemeinde (FEG) Wetzikon hat Grosses vor: Sie saniert und erstellt einen Neubau für Wohnung, Bildung und Gewerbe, dies an guter Lage: Das Areal grenzt an ein Naherholungsgebiet. Kostenpunkt: 24 Millionen Franken. Die Baueingabe ist frühestens auf Anfang 2024 geplant. Die Realisierung benötigt je nach Etappierung gut drei Jahre, so könnten die neuen Gebäude voraussichtlich im Jahr 2027 eingeweiht werden.

Zeitzeuge der achtziger Jahre

Zunächst einmal wird das Hauptgebäude mit Gottesdienstsaal saniert und ergänzt. An diesem «schönen Zeitzeugen der achtziger Jahre» möchte die FEG Wetzikon festhalten. Es handle sich um nach wie vor gute Bausubstanz. «Sichtbackstein, Sichtbeton und die wunderschönen Holzträger sollen bleiben», erläutert Marcel Fässler. Vergrössert wird hingegen das «zu kleine» Foyer. «Dieses möchten wir erweitern, um flexibler zu werden und um beispielsweise Feste oder Aperos zu veranstalten», so der Architekt und Leiter Kreatives bei der FEG Wetzikon.

Das Nebengebäude aus den neunziger Jahren wird teilweise oder ganz abgebrochen und neu erstellt. Die gesamte Parzelle umfasst 8300 Quadratmeter, das oberirdische Gebäudevolumen 23 200 Kubikmeter, das sich bis auf 26 800 Kubikmeter steigern lässt, wie im Projektheft zu lesen ist. Entsprechend gross wird der Neubau. Dieser umfasst im Erdgeschoss Gewerberäume sowie rund 35 Wohnungen. Vorgesehen sind zum jetzigen Zeitpunkt Fünf-, Vier-, Drei-, Zwei und Einzimmerwohnungen. Familien werden sich also freuen, denn Vier- und Fünfzimmerwohnungen sind in Wetzikon kaum vorhanden und bezahlbar.

Auf die Frage nach dem Mieterprofil zeigt sich der FEG-Pastor David Gronau offen: «Auch ein lesbisches Paar als potenzielle Mieter hätte Chancen. Als Vermieter entscheiden wir von Fall zu Fall», teilte er dem «Zürcher Oberländer» mit.

Multifunktionale Bildungsräume

Zudem werden im Neubau Bildungsräume geschaffen. Es handelt sich um einen Plenumssaal und vier Gruppenräume. Diese Örtlichkeiten nutzt die Kirche am Wochenende für Jugendarbeit. Wochentags ist die christliche Schule « SalZH» eingemietet, wie der Gesamtleiter der Schule, Stefan Dudli, auf Anfrage bestätigt: «Wir planen den Zusammenzug von Primar- und Sekundarstufe in den neuen Räumen der FEG.»

Der Plenumssaal für Kinder und Jugendliche eigne sich auch für Bewegung, Tanz oder Musik, so Marcel Fässler. In welcher Form genau die Schule die vier Gruppenräume nutzen wird, sei allerdings noch offen. «Es ist eine Challenge, die Räume so zu gestalten, dass sich Kinder und Jugendliche darin wohlfühlen und gleichzeitig so flexibel sein müssen, so dass man verschiedene Nutzer ansprechen kann.» Der FEG Wetzikon sei es wichtig, die unterschiedlichen Nutzungen bis ins Erdgeschoss zu zeigen, «so dass man im Quartier die Vielfalt der Nutzungen wahrnehmen kann», so Marcel Fässler.

FEG in Wetzikon

Quelle: Kevin Weber

Das Nebengebäude wird teilweise rückgebaut. An seine Stelle kommt ein Neubau für Wohnung, Bildung und Gewerbe.

Studienauftrag

Für die Sanierung des Hauptgebäudes und den Neubau wurden fünf Architekturbüros aus Zürich und Winterthur angefragt, die derzeit Projektvorschläge ausarbeiten. Ausgewählt wurden Philipp Knorr und Moritz Pürckhauer aus Zürich, deren poppiger Erweiterungsbau des Alterszentrums St Peter & Paul in Zürich für Aufmerksamkeit sorgte. Vom Büro Loeliger Strub Architektur, ebenfalls aus Zürich, sind S- und L-förmige Wohnbauten in Cham bekannt. 

Die FEG Wetzikon schreibt in diesem Zusammenhang von einer «neuen Frische» in einer «leichten, heiteren» Architektur. Bei den Zürcher Soppelsa Architekten, die grosse Überbauungen realisiert haben, steht der «Optimismus im Vordergrund, dass Architektur die Möglichkeit bietet, frische Ideen in die Wirklichkeit zu übersetzen», so die FEG. Mit dabei ist auch das Architektenkollektiv aus Winterthur mit Erfahrungen im Sakralbau, welche sämtliche Prozesse dialogisch gestaltet und «kulturelle und ökologische Werte» vertritt, wie auf ihrer Homepage steht. 

Zu guter Letzt machen noch Igual & Guggenheim Architekten mit, die immer wieder mit «interessanten Wettbewerbsbeiträgen» überraschen. Die FEG Wetzikon nennt als Beispiel das Projekt Amselweg in Dübendorf, dessen Grundriss die Form eines Schmetterlings hat.

Frische Entwürfe, freche Projekte

Es sind Architekturbüros mit unterschiedlichen Profilen. «Wir haben eine durchmischte Auswahl getroffen, von jung bis alt und Büros ausgesucht mit ganz unterschiedlichen Stossrichtungen», sagt Marcel Fässler. «Jedes Büro hat seine eigene Qualität, wir erhoffen uns frische Entwürfe sowie spannende und freche Projekte.» Was genau im Detail erweitert und rück-gebaut wird, ist indessen noch offen. «Wir schauen uns die Projektvorschläge an, der Wettbewerb wird zeigen, welches die beste Lösung ist.» Ende Oktober soll der Sieger feststehen.

Etwas zeigt sich aber schon jetzt: Es soll kein 0815-Projekt werden. Allein die Grösse des Neubaus ist unübersehbar. Neben den Schülerinnen und Schülern werden zirka hundert Menschen darin wohnen und arbeiten, auch die gemischte Nutzung belebt das Quartier. Die neue Parkanlage und die Erweiterung des Kaffees laden zum Verweilen ein. Hinzu kommt eine signifikante Architektur, die alles sein darf, nur nicht durchschnittlich. Das Ganze soll ohne Zweifel Strahlkraft haben. 

«Interessant ist die Umgebungsgestaltung, das ganze Areal wird aufgewertet. Ich bin positiv überrascht, dass sich das Projekt in solchen Dimensionen entwickelt», meint der Stadtrat und Präsident des Bauausschusses Wetzikon, Stefan Lenz. Gleichzeitig räumt er ein, dass aus Sicht der Baubehörde Wetzikon wenig bekannt sei über das Projekt. «Nun freuen wir uns auf die nächsten Schritte und die Präsentation sowie darauf, das Projekt und die Bauherrschaft kennenzulernen.»

Die Kosten von 24 Millionen Franken kommen aus unterschiedlichen Quellen. Über eine Bankhypothek werden 19 Millionen finanziert. Durch Spenden oder Darlehen sollen weitere vier Millionen generiert werden. Eine Million steuert die FEG Schweiz als Darlehen bei.

«Jeder Mensch soll mit der Botschaft erreicht werden»

Anders als die Landeskirchen sind Freikirchen frei von irgendwelchen organisatorischen Verbindungen mit dem Staat, in der Schweiz mit dem jeweiligen Kanton. Aus den Freikirchen sind – wie aus jeder Tradition – auch Gemeinschaften herausgewachsen, die wegen ihres Absolutheitsanspruchs oder ihrer autoritären Struktur als Sondergruppen angesprochen werden können. Die FEG Schweiz umfasst zurzeit 92 Gemeinden. Die Zahl der Angehörigen der FEG-Gemeinden in der Schweiz beträgt insgesamt rund 7000 Personen, wie im Lexikoneintrag auf relinfo.ch steht. 

Wie die anderen Freikirchen auch betone die FEG die persönliche Hinwendung zu Gott, erklärt Georg Schmid. Freikirchen seien bewusst bibeltreu, «das Neue Testament soll möglichst wörtlich umgesetzt werden», so der Religionsexperte. Ist die FEG bezüglich homosexueller Mieter so offen, wie sie sich gibt? «Die grosse Mehrheit der Menschen in Freikirchen hat verstanden, dass sich Homosexualität nicht verändern lässt», führt Schmid aus. Allerdings werde von Homosexuellen erwartet, dass sie ihre Sexualität nicht ausleben, genauso wie unverheiratete Heterosexuelle mit Sex bis zur Ehe warten sollten. 

«Eine Kirche kann frei entscheiden, wen sie zu den Gottesdiensten zulässt. Wenn sie Wohnungen besitzt, muss sie als Mietende aber auch Andersgläubige und Anderslebende akzeptieren, sonst würde sie gegen das Diskriminierungsverbot verstossen.» Wozu dienen die Begegnungsräume? Freikirchen sind Bewegungen, die ihren Glauben weitergeben wollen: «Jeder Mensch soll mit der Botschaft erreicht werden», so Schmid. (cet)

Geschrieben von

Redaktorin Baublatt

Claudia Porchet ist Philologin und interessiert sich für Architekturgeschichte, Kunst am Bau und Design. Ebenso begeistern sie neue Forschungsresultate aus allen Bereichen. Zudem ist sie für die Kolumnen zuständig und steht deshalb in Kontakt mit allen grossen Verbänden.

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