09:29 BAUPROJEKTE

Erneuerung des Theaters St. Gallen: Sanierung einer Brutalismus-Ikone

Geschrieben von: Stefan Breitenmoser (bre)
Teaserbild-Quelle: Hochbauamt Kanton St. Gallen

Die Sanierungsarbeiten am Theater St. Gallen laufen zurzeit auf Hochtouren. Teil des rund 48 Millionen Franken teuren Gesamtprojekts sind ein Provisorium, ein Anbau und die Aufrüstung und Instandsetzung des brutalistischen Gebäudes. Zu denken gab den Verantwortlichen aber nicht etwa der sechseckige Grundriss, sondern viel eher der Sichtbeton.

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Quelle: Stefan Breitenmoser

Theater St. Gallen: Für die einen ein «hässlicher Betonklotz», für die anderen eine «Ikone der Nachkriegsarchitektur».

Anecken ist wohl das richtige Verb für das Theater St. Gallen. Denn angeeckt hat es schon immer. Einerseits nur schon deshalb, weil es kaum ein zweites Gebäude in der Schweiz gibt, das über so viele Ecken verfügt. Denn das Theater, das 1968 eröffnet wurde, beruht auf einem Grundriss aus einem Raster von Sechsecken. 

Diese Grundidee begründete der 2004 verstorbene Architekt Claude Paillard mit der Tatsache, dass sich ein Zuschauerraum von der Bühne her auf-weiten solle, also von der Bühnenkante zwei offene Winkel ausgehen. Daher kam fast nur ein Sechseck in Frage, das Paillard aber äusserst konsequent durchzog. Bis in die hintersten Winkel ist das Sechseck anzutreffen, sogar in den Türgriffen oder der Beleuchtung.

Andererseits eckt das Theater St. Gallen aber auch optisch an. So sprechen die einen von einer «Ikone der Schweizer Nachkriegsarchitektur», während es für andere nur ein «hässlicher Betonklotz» ist. Deshalb stand sogar kurz zur Debatte, das in die Jahre gekommene Gebäude abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen. 

Doch dies wäre nicht nur aus Sicht von Fans brutalistischer Nachkriegsarchitektur, von denen das Theater St. Gallen einer der wenigen Zeugen hierzulande ist, schade gewesen, sondern es wäre vor allem mit geschätzten Kosten von 150 Millionen Franken etwa drei Mal so teuer geworden wie die Sanierung und Erneuerung. «Es ist ein Zeitzeuge», sagt denn auch Projektmanager Sacha Vaucher vom kantonalen Hochbauamt. «Ich bezweifle, dass man das Theater heute noch so bauen würde. Aber räumlich ist es sehr interessant. Wie man sich als Zuschauer erst ins Gebäude reinducken muss, dann auf diese riesige Parkfassade zugeführt wird, bevor man von dort den Saal erleben kann. Das ist immer noch zeitgemäss und richtig gut gemacht.»

Volumen aufteilen

Tatsächlich stellte sich die Frage der Raumaufteilung schon damals beim Bau. Vor seiner Eröffnung 1968 war das Theater St. Gallen am Bohl untergebracht, dort wo heute McDonalds seine Burger verkauft. Am neuen Ort am Rande des Stadtparks, zwischen dem 1877 eröffneten Kunstmuseum und der 1909 eröffneten Tonhalle, war der Platz allerdings eng bemessen. 

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Quelle: Hochbauamt Kanton St. Gallen

Wie aus der Vogelperspektive klar ersichtlich ist, wurden die sechseckigen Grundrisse auch beim Erweiterungsbau wieder aufgenommen.

Dementsprechend blieb Paillard gar nicht viel anderes übrig, als das Volumen aufzuteilen und in der Höhe zu stapeln. Denn für eine «Schuhschachtel», welche für den Theaterbetrieb bedeutend einfacher wäre, bestand gar nicht genug Platz. «Die Struktur und die Plastizität des Gebäudes sind sehr interessant und stufen das Volumen ab. Deshalb sieht es von aussen vielleicht ein bisschen zersetzt aus, aber damit konnte Paillard das Volumen schaffen, das ein Theater nun mal braucht», sagt Vaucher.

Wer durchs Gebäude läuft, verliert aufgrund der sechseckigen Grundrisse zwar schnell die Orientierung, dürfte aber trotzdem erstaunt sein, wie viel Platz das Theater sowohl für Zuschauer als auch für Mitarbeiter bietet. Das muss es allerdings auch. Denn das Theater St. Gallen ist ein Dreispartenbetrieb. Das bedeutet, dass nebst dem klassischen Schauspiel- auch Tanz- und Musiktheater aufgeführt werden, letztere sogar in Form von Oper, Operette und Musical. 

Deshalb verfügt das Theater St. Gallen nicht nur über rund 260 Festangestellte, sondern beispielsweise auch über eine hauseigene Schneiderei, Schlosserei, Schreinerei oder Malerei. Jede Spielzeit werden über 20 Neuinszenierungen auf die Bühne gebracht, die mehr oder weniger komplett im Gebäu-de produziert werden. Denn das Theater St. Gallen, das als ältestes Berufstheater der Schweiz gilt, kauft keine Produktionen ein und bespielt teilweise auch die Lokremise und die Tonhalle.

Provisorium wird gezügelt

Nur schon aufgrund der grossen Mitarbeiterzahl kam es deshalb nicht infrage, den Spielbetrieb während der Sanierungsarbeiten zu pausieren. Rund sieben Millionen Franken des Sanierungs- und Erneuerungskredits in der Höhe von 48,6 Millionen Franken, den die St. Galler Stimmbevölkerung im März 2018 mit rund zwei Dritteln guthiess, entfallen auf das Theaterprovisorium. Dieses hört auf den Namen «Um!Bau», steht gleich neben der Ton-halle auf dem Unteren Brühl und fasst rund 500 Besucher. 

Gebaut hat es das Gossauer Holzbauunternehmen Blumer-Lehmann, das für den Holzbau rund 350 Kubikmeter Fichten- und Tannenholz benötigte. «Zurzeit laufen gerade Diskussionen mit interessierten Partnern, damit das Provisorium danach weiterverwendet werden kann», verrät Vaucher. Dadurch, dass es erst seit Sommer 2020 in Betrieb ist, erfülle zumindest die Aussenhaut die energetischen und schallschutztechnischen Anforderungen eines Neubaus. «Mit nicht allzu grossen Eingriffen kann man es als Gebäude nutzen», so der Projektleiter.

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Quelle: Stefan Breitenmoser

Die grosse Fensterfront Richtung Stadtpark ist äusserst charakteristisch für das Gebäude, weshalb nicht erkennbar ist, dass bei den Fenstern nachgerüstet wurde.

Doch auch wenn das Theaterprovisorium ganz hübsch aussieht, hält es den Vergleich mit dem Paillard-Bau kaum stand, der natürlich viel mehr Platz bietet. Deshalb dürften sich vor allem die Mitarbeiter freuen, wenn sie wieder über die Strasse siedeln können. Denn sie sind diejenigen, die am meisten von der Sanierung und Erneuerung profitieren. 

Die Besucher dürften nach der Wiedereröffnung kaum merken, dass in und am Theater vieles neu ist. Das ist natürlich so gewollt. Zwar dürfte der Komfort, insbesondere dank einer neuen Lüftungsanlage, einer neuen Akustik und neuer Stühle im Saal höher sein als vor der Sanierung. Optisch wird das aber kaum merkbar sein.

Paillards Werk weitergebaut

Einzig der Anbau dürfte dem einen oder anderen langjährigen Theaterbesucher ins Auge stechen. Für einen Laien ist er trotzdem kaum erkennbar, da man sich nach längerer Abwägung dazu entschied, die Architektursprache Paillards wiederaufzunehmen. Darin zeigt sich, dass in den letzten Jahren im Denkmalschutz ein Umdenken von der sogenannten «Kontrastdoktrin» stattgefunden hat. Diese besagt, dass sich ein Anbau deutlich vom Altbau abheben soll. Zwar wird es auch im Falle des Erweiterungsbau, der rund 750 Quadratmeter mehr Platz schafft, eine Fuge geben, welche Alt- von Anbau trennt. Doch diese ist so subtil gehalten, dass man schon Fachmann sein muss, um sie zu erkennen. 

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Quelle: Stefan Breitenmoser

Das Theaterprovisorium fügt sich in die Umgebung des Parks am Unteren Brühl ein.

Die Fragen, inwiefern man ein denkmalgeschütztes Gebäude einfach «weiterbauen» darf und ob es sich dabei nicht um Geschichtsverfälschung handelt, wurden in St. Gallen kontrovers diskutiert. Laut Aussagen von Michael Niedermann, Leiter des kantonalen Amtes für Denkmalpflege, gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» entschied man sich aber vor allem da-für, weil es sich erstens um eine rollende Planung handelte, es zweitens im Verhältnis zum gesamten Volumen eine kleine Erweiterung sei und drittens ein formal abgesetzter Anbau ein erheblicher Störfaktor gewesen wäre.

In der Planung sei die Wiederaufnahme von Paillards Architektursprache hingegen keine grössere Schwierigkeit gewesen, auch die 120-Grad-Winkel nicht, meint Vaucher: «Interessant wurde es vor allem bei der Haustechnik, der Wegeführung und den ganzen Details. Hinzu kommt, dass der Anbau im Splitlevel zum restlichen Gebäude steht. Es gibt also Ebenen, die versetzt sind.» 

Ausserdem musste alles nach aussen hin mit Sichtbeton betoniert werden, so dass sich die Frage stellte, wo man überhaupt Fugen machen konnte. «Es sind Decken zum Teil zwischen die Wände betoniert worden, die eigentlich in den Wänden drinhängen. Das ist sicherlich eine Herausforderung gewesen», so Vaucher, der die 120-Grad-Winkel «gar nicht so grob» fand. Die Mitarbeiter des Theaters dürften sich auf jeden Fall über den Anbau freuen. Denn nun gibt es mehr Platz für Garderoben, Maske, Chorsaal und Kasse. Zudem bringt der Anbau mehr Licht in zuvor fensterlose Arbeitsräume im Untergeschoss wie beispielsweise jene der Beleuchtungswerkstatt.

Forschung für Betonfassade

Zurzeit hebt sich der Anbau vor allem durch den frischeren und scharfkantigeren Sichtbeton vom restlichen Ensemble ab. Doch das wird sich mit der Zeit legen, so dass Neu- und Altbau zu einem Gesamten zusammenwachsen. Die Schwierigkeit war aber sowieso eher der Sichtbeton des Bestands als jener der Erweiterung. «Die Herausforderung war, eine Methode zu finden, mit der man den alten Beton zeigen, ihn aber trotzdem konservieren kann», erklärt Vaucher. Zwar hätte es auch die Überlegung gegeben, alles vorzubetonieren und dem Gebäude somit eine neue Haut zu verpassen. Dies wurde von den Verantwortlichen aber als falsch empfunden. «Denn dann hätte man dem Gebäude seine rund 50 Jahre nicht mehr angesehen», so der Projektleiter.

Also wurden im Submissionsverfahren mehrere Bewerber dazu aufgefordert, verschiedene Musterflächen zu liefern, bis schliesslich das richtige Verfahren gefunden wurde. «Man muss sich vorstellen, dass bei der Erstellung des Gebäudes der Beton noch nicht so einheitlich produziert werden konnte. Deshalb hatte er überall ein bisschen eine andere Farbe und natürlich einige Abplatzungen.» 

Ausserdem musste man erst die Aussenhaut, einen sogenannten Poren-Lunker-Verschluss, abtragen, welche bei der Fassadensanierung vor 20 Jahren erstellt wurde. Darunter waren viele ältere Flickstellen, die angepasst werden mussten. Also wurde in der Folge die ganze Fassade mit einer Steinmehl-Lasur bearbeitet, welche die Farbunterschiede des Betons abmildert. «Der Prozess zur richtigen Methode war lange und intensiv und hat viel Überzeugungsarbeit gebraucht. Das Interessante ist aber, dass diese nun günstiger ist, als wenn wir eine Haut vorgehängt hätten, weil wir relativ zurückhaltend arbeiten.»

Decken angehoben

Zurückhaltend war man allerdings bei der gesamten Sanierung, was aufgrund der hohen Kosten erstaunen mag. So wurde beispielsweise aus Kosten- und bühnentechnischen Gründen auf eine Drehbühne oder Hubpodeste, mit denen man verschiedene Ebenen und Schrägen bauen kann, verzichtet, obwohl es an anderen Theater «state of the art» ist. Dafür werden beispielsweise die Handkonterzüge, mit denen man die Prospekte auf der Bühne bewegt, durch Elektrozüge ersetzt. Bisher mussten diese von Hand bewegt werden, was auch ein Umschichten von Gegengewichten nötig machte.

Ausserdem sind die Garderoben und Maskenräume grösser und teils neu und sowohl Ballettsaal als auch das Bühnenbilderlager erhalten höhere Decken. Das führt dazu, dass man künftig grössere Bühnenbilder direkt auf die Bühne verschieben kann und die Balletttänzer können dadurch Hebefiguren üben, ohne sich die Köpfe an der Decke zu stossen. Ganz einfach war die Erhöhung der Decken aber nicht. Denn zuerst mussten die Decken abgesägt und mit dem Kran rausgehoben werden. Dann wurden die Wände aufbetoniert und neue Decken erstellt, was wohl die spektakulärste Aktion der ganzen Sanierungsarbeiten darstellte.

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Quelle: Hochbauamt Kanton St. Gallen

Im letzten Winter wurde die Decke des Bühnenbildlagers erhöht. Dafür musste erst die gesamte Decke abgesägt werden.

Doch natürlich geht es nicht nur um mehr Licht und Platz für die Mitarbeiter. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wird das Betongebäude auch besser isoliert. Dafür wurde insbesondere bei den Flachdächern und den Fenstern nachgebessert. Bei der grossen Glasfassade Richtung Park fällt das trotzdem nicht auf, denn die zusätzliche Isolierung findet sich – nebst der Dreifachverglasung – vor allem im Metall der Sprossen und Pfosten. 

Ausserdem ist die Haustechnik fast komplett neu und das Gebäude nun ans Fernwärmenetz angeschlossen. Dem Besucher am ehesten auffallen werden wohl vor allem die neuen Toiletten, denn dass die Beleuchtung nun aus LED besteht, wird nicht ersichtlich sein. «Der Besucher soll sich innen so wohl fühlen wie vorher. Und das schutzwürdige Objekt so erleben, wie es geplant war», meint Vaucher.

Regenerative Akustik

Das heisst natürlich nicht, dass man als Zuschauer nicht von der technischen Aufrüstung profitieren soll. So soll es sich bei der bisherigen Lüftungsanlage im Saal um eine der ältesten der Schweiz gehandelt haben. Nun wird die Temperatur angenehmer sein. «Ausserdem wird sicherheitstechnisch nachgerüstet. So erhalten Saal und Bühnenturm beispielsweise eine maschinell unterstützte Entrauchungsanlage. Bisher war es eine Klappe, welche durch die Höhe des Bühnenturms immer noch effektiv war, aber mittlerweile überholt ist», so Vaucher.

Angenehmer soll auch die Akustik im Saal werden, welche die Verantwortlichen vor eine Herausforderung gestellt hat. Das «Problem» war nämlich, dass im grossen Saal Musicals wie Opern aufgeführt werden. Opern benötigen aber viel mehr Hall. Also überlegte man, ob man mit physischen Methoden wie beispielsweise Vorhängen oder Absorber-Platten den Hall beeinflussen könnte. 

Einerseits liess das aber die gestufte Holzdeckenkonstruktion nicht zu, andererseits hätte es auch sonst bauliche Probleme gegeben. Also entschied man sich für ein sogenanntes regenerativ elektroakustisches System. Dabei werden verschiedene Mikrofone im Saal «versteckt», damit nicht nur die Signale der Bühne, sondern auch der Klang im Saal aufgenommen werden können. 

So können die akustisch entscheidenden Parameter der Signale je nach Anforderung bearbeitet und danach wieder über eine grosse Zahl unauffällig installierter Lautsprecher in den Saal ausgegeben werden. Die Verzögerung von einigen Millisekunden ist für die Zuschauer nicht hörbar und der Klang wird im Allgemeinen als sehr natürlich empfunden. Trotzdem kann so der Hall und die gesamte Akustik an die Art der Veranstaltung angepasst werden.

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Quelle: Stefan Breitenmoser

Noch stehen die Gerüste, in Zukunft wird aber kaum ein Unterschied zwischen Alt- und Neubau ersichtlich sein.

Eröffnung im Herbst 2023

Bis man als Zuschauer in den Genuss des neuen Komforts in alter Architektur kommen kann, wird es allerdings ein bisschen länger dauern, als ursprünglich geplant. Denn eigentlich hätte das Theater im Februar 2023 eröffnet werden sollen. Jetzt wird es Oktober 2023. Grund dafür ist insbesondere die Schadstoffsanierung. 

Denn obwohl bei so einem alten Gebäude mit Asbest gerechnet wurde, war es in der Menge mehr als erwartet. «Man hat insbesondere in den Isolationen um Haustechnik-Leitungen und Dichtungen deutlich mehr Asbest gefunden. Deshalb mussten wir ganze Haustechnik-Komplexe durch die Asbestfirma und nicht etwa durch den Haustechniker ausbauen lassen, was ziemlich aufwendig war», erläutert Vaucher. Dabei handelte es sich allerdings um festgebundenen Asbest. Für die Zuschauer bestand also vorher nie eine Gefahr, da die Werte im Saal regelmässig gemessen wurden, da man wusste, dass solche Baustoffe bei der Erstellung verbaut wurden.

Ausserdem kam es beim Abbruch und dem Aushub zu leichten Verzögerungen, welche vor allem durch den Winter 2020/2021 bedingt waren. Dadurch schob sich der Beginn der Erweiterungsarbeiten ein bisschen nach hinten. «Der letzte Winter war deutlich nasser als dieser. Allein aus der Baugrube rauszukommen, war schwierig», so Vaucher. Nun laufen die Arbeiten allerdings wie geplant und sollten im April 2023 fertiggestellt sein. «Wir können die Kosten im Gesamten einhalten, auch wenn die Schadstoffsanierung teurer war als geplant. Zwar mussten wir das intern auffangen, aber das sind Herausforderungen, die Bauen im Bestand und ein denkmalgeschütztes Gebäude im Speziellen mit sich bringen», so Vaucher.

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Quelle: Stefan Breitenmoser

In einem weiteren Schritt sind die Wände aufbetoniert und eine neue Decke erstellt worden. Von der Deckenerhöhung ist heute nichts mehr zu merken.

«Massvolles Haus»

«Als wichtigstes Merkmal des Neubaus kann die Tatsache gelten, dass es ein massvolles Haus ist. Ein Theater, bei dem Mass gehalten wurde: bei der Aufstellung des Raumprogrammes, bei der Bestimmung der Raumabmessungen, bei der Dosierung der Ansprüche – und daher auch bei den Kosten. Diesem Umstand ist es sicher zu verdanken, dass das neue Stadttheater in St. Gallen gebaut werden konnte», schrieb der Architektur Claude Paillard anno 1968 in der Zeitschrift «Bauen und Wohnen». Und genau das Gleiche liesse sich auch über die Sanierung sagen. Denn eigentlich wird das Theater nur für die nächsten Jahrzehnte in Schuss gebracht und an den Stand der Technik angepasst. Auf zusätzlichen Prunk wird verzichtet, auch wenn man künftig ein bisschen bequemer sitzt und die Mitarbeiter mehr Platz zum Umziehen und Proben haben.

Das war schon immer das Ziel von Paillard. So schrieb er ebenfalls 1968 im «Schweizer Theaterjahrbuch», dass «nicht mehr die prunkvolle Gestaltung, die Theaterfassade als grossartige Geste, sondern weit mehr die sinngemäss differenzierte Formung der einzelnen Bauteile zum ganzen Bauwerk» gefragt sei. Diese Idee wird mit der Sanierung und Erweiterung keinesfalls verraten. Vielmehr wird sie einfühlsam weitergeführt, damit uns dieser demokratische Bau noch für längere Zeit erhalten bleibt und uns daran erinnern kann, dass Beton mal für mehr stand als die Farbe grau.

«Heute wird es mit den energetischen Anforderungen immer schwieriger mit Beton zu bauen. Deshalb wird öfter eine Betonfassade vorgehängt. Und da frage ich mich, ob das noch ehrlich ist. Das Theater St. Gallen ist für die damalige Zeit ehrlich, das geht aber heute energetisch nicht mehr. Und diese Frage muss man sich stellen, wenn man heute weiter mit Beton brutalistisch bauen möchte», bringt es Projektleiter Sacha Vaucher auf den Punkt. Umso schöner, dass zumindest das Theater St. Gallen als Zeitzeuge erhalten bleibt, auch wenn es damals angeeckt hat und wohl auch zukünftig anecken wird. Aber das sollte ja auch der Auftrag eines jeden Theaters sein.

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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