Diese Bauprojekte beschäftigen den Kanton Graubünden 2023
Mit dem Projekt «La Pendenta» soll die bald längste Hängebrücke des Kantons Graubünden Realität werden. In Chur wird derweil über die Waldhaussiedlung gestritten, die einer Überbauung weichen soll. In Davos wird ein Relikt der Kurzeit zu einem Tourismusobjekt.
Quelle: IBC Energie Wasser Chur
Visualisierung der künftigen Grünzone Titt in Chur: Das Unterwerk Lacuna mit oberirdischen Bauten der IBC und einer WC-Anlage.
Oben ein grüner Park, unten eine Energiezentrale
Chur – Im Jahr 1980 wurde in Chur eine Fläche von rund 45 000 Quadratmetern, die sich entlang des Untertorer Mühlbachs vom Dreibündenweg bis zur Rheinmühle erstreckt, vom Stimmvolk als Grünzone gesichert. Im Rahmen des Masterplans Titt sollen auf der Fläche nun nach Plänen der Stadt zwei Bauprojekte realisiert werden. Auf dem südlichen Teil ist ein Generationenpark (Freiraum Titt) mit einer WC-Anlage geplant, der «zu Spiel, Bewegung, Aufenthalt und Erholung einlädt». Das zweite Projekt «Neubau Unterwerk Lacuna» beinhaltet den Ersatz des bestehenden Unterwerks Titt der Energie Wasser Chur (IBC).
Beim bestehenden Bau wurde 2021 festgestellt, dass
die Erdbebensicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Deshalb soll das Unterwerk
verschoben und neu in einem Gebäude mit einer integrierten Energiezentrale
vereint werden, das unterirdisch realisiert wird. An der Oberfläche sollen nur
Überbauten zu sehen sein, die als Zugang dienen. Im April behandelten der
Stadt- und der Gemeinderat den Masterplan. Diskussionen gab es bei der Zonenkonformität,
da das Unterwerk in einer Grünzone gebaut würde. In den Schlussabstimmungen
fand die Vorlage aber eine Mehrheit. Der Ausgabenbeschluss von rund einer
Million Franken für das Teilprojekt Freiraum Titt sowie die 200'000 Franken für
die WC-Anlage unterstehen dem fakultativen Referendum.
Weitere Bauprojekte im Kanton Graubünden
Quelle: PD
Visualisierung der geplanten Hängebrücke in Disentis.
«La Pendenta»: Die längste Hängebrücke des Kantons Graubünden
Disentis / Mustér – Mit dem Projekt «La Pendenta» soll bald die «längste Hängebrücke Graubündens» Realität werden. Diese wird auf einer Länge von rund 300 Metern direkt über dem Quellrhein vom Dorf Disentis/Mustér zum Weiler Mumpé Medel führen. Für Fussgänger ergibt sich mit dem Bauwerk zwischen Disentis-S. Gada und Ragisch unterhalb des Weilers eine direkte Verbindung über die «kleine» Rheinschlucht. Gleichzeitig entsteht für den Tourismus eine neue Attraktion; die Brücke mit einem Bodenabstand von fast 100 Metern wird an beiden Seiten an historische Säumerwege anknüpfen und in zehnminütiger Gehdistanz zur Haltestelle Acla der Matterhorn-Gotthardbahn liegen.
Nachdem das Projekt im Juni noch einen Rückschlag erlitt – die Bevölkerung lehnte einen Gemeindebeitrag von 390'000 Franken ab –, konnten die Bergbahnen Disentis AG Mitte August vermelden, dass ihr Hauptaktionär Marcus Weber das Vorhaben mit dem abgelehnten Beitrag unterstützen wird und die Baubewilligung für die Hängebrücke vorliegt. Laut den Initianten ist die Finanzierung zu 90 Prozent gesichert. Aktuell fehlt noch die definitive Zusage des Kantons, der mündlich einen Beitrag von 30 Prozent der Gesamtkosten von 1,9 Millionen Franken in Aussicht gestellt hat, wie auf der Projektwebseite nachzulesen ist. Zusätzlich werden noch 200'000 Franken benötigt. Man sei zuversichtlich, dass der Fehlbetrag in den nächsten Monaten gedeckt werden könne, heisst es. Ziel ist es, nächstes Jahr mit dem Bau zu starten. Realisiert werden soll die Brücke von einer Arge aus dem bernischen Trubschachen.
Weitere Bauprojekte im Kanton Graubünden
Quelle: Bollhalder Eberle Architektur / Nightnurse Images
Visualisierung der Überbauung «Baumweissling», der die Waldhaussiedlung in Chur weichen soll.
Waldhaussiedlung soll Wohnüberbauung weichen
Chur – Im Jahr 1891 wurde nördlich von Chur die Klinik Waldhaus gebaut. Später entstand 1945 für die Angestellten im Obstgarten unterhalb der Klinik die «Siedlung Waldhaus», die sich aus zwölf Häuschen mit grossen Gärten zusammensetzt. Heute gehört die Siedlung nicht mehr zur Klinik. Die Bauten sind zudem stark sanierungsbedürftig. Der Kanton Graubünden als Eigentümer der Siedlung wollte das Areal an der Cadonaustrasse deshalb für eine Bebauung im Baurecht abgeben und suchte dafür in einem Investorenwettbewerb nach einem Partner. Am Ende konnte die Projektstudie «Baumweissling» der Asga Pensionskasse Genossenschaft, des Architektenbüros Bollhalder Eberle und des Fachplanungsbüros Büro Sima / Breer Landschaftsarchitektur überzeugen. Diese sieht eine Überbauung mit mehreren Objekten vor, die insgesamt 120 Wohnungen beinhalten.
Gegen das Neubauprojekt hat sich aber Widerstand formiert: 16 Privatpersonen sowie die Stiftung Helvetia Nostra wehren sich gegen die Pläne, die den Abbruch der alten Siedlung zur Folge hätten. Die Waldhaussiedlung ist im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (Isos) als «Personalsiedlung, Kleinsthäuser mit Pflanzgärten, 40er-Jahre» unter dem Erhaltungsziel «Erhalten der Substanz» eingestuft. Die Gegner hatten gegen den für das Grundstück erarbeiteten «Quartierplan Cadonau» Einsprache erhoben. Im Mai gab ihnen das Verwaltungsgericht Recht; für die Zukunft der Siedlung müsse – wie von der Gegnerschaft verlangt – ein Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) eingeholt werden. Die Begründung: Ein durch den Kanton eingeholtes architekturhistorisches Gutachten einer Kunsthistorikerin, ein Bericht des Büros «Plan-Idee» sowie eine Stellungnahme der Bündner Denkmalpflege stammten alle aus der Zeit vor der Erarbeitung des Quartierplans. Chur und der Kanton müssen damit nochmal über die Bücher.
Projektwebseite: baumweissling.ch
Opposition: siedlungwaldhauschur.ch
Weitere Bauprojekte im Kanton Graubünden
Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Friedli, Werner / LBS_H1-010108 / CC BY-SA 4.0
Luftbild von 1947: Oben die Psychiatrische Klinik Waldhaus, direkt darunter befindet sich die Arbeitersiedlung.
Quelle: Barão Hutter
Visualisierung des Siegerprojekts «Baffi» von Barão Hutter für das geplante Tourismusprojekt auf dem TSH-Areal in Davos.
Thurgauisch-Schaffhausische Heilstätte in Davos wird Tourismusobjekt
Davos – Sie gilt als ein Pionierbau der Moderne in der Schweiz: Die 1909 als Queen Alexandra Sanatorium eröffnete Thurgauisch-Schaffhausische Heilstätte (TSH) in Davos. Viele Jahre war die TSH eine der wichtigsten Kliniken im Ort. Nachdem 2005 der Betrieb aufgegeben werden musste, wurde das Klinikgebäude an den Investor Remo Stoffel verkauft – und stand fast 20 Jahre lang brach. Das dürfte sich nun nach einem Eigentümerwechsel ändern. Seit 2022 ist das 23 500 Quadratmeter grosse Klinikareal im Besitz der Neue Haus AG, einer Tochterfirma der Lika Holding AG. Diese will das Relikt aus der Davoser Kurzeit nun zu touristischen Zwecken umnutzen.
Das Hauptgebäude der Klinik – das im generellen Gestaltungsplan der Gemeinde als «erhaltenswert» eingestuft ist – soll saniert und in ein Hotel umgewandelt, das Personalhaus zu Zweitwohnungen umfunktioniert werden. Auf dem noch unbebauten Bereich des Areals sind touristisch bewirtschaftete Wohnungen geplant. Noch offen ist, was mit dem 1934 erbauten Ärztehaus geschieht, das etwas abseits über dem Heilstättenkomplex thront. Nachdem ein erstes Projekt der Neue Haus AG nicht überzeugen konnte, empfahl die Gemeinde den Eigentümern einen Ideenwettbewerb durchzuführen. Teil der Jury war dabei auch der Bündner Heimatschutz.
Seit März ist das Siegerprojekt bekannt: Gewonnen hat das Projekt «Baffi» des St. Galler Architekturbüros Barão-Hutter. Der Entwurf sieht für das Klinikgebäude einen «Schnauz» vor – die neuen Nutzungen des alten Klinikhauses und unter dem Doktorhaus schmiegen sich mit einem neuen Gebäude wie ein Oberlippenbart der Geländekante entlang. Damit soll die Landschaft vor dem Gebäude möglichst freigespielt werden, heisst es im Jurybericht. Zurzeit wird auf Basis des Siegerprojektes ein Quartierplan erarbeitet.
likagroup.ch – heimatschutz-gr.ch – gemeindedavos.ch
Weitere Bauprojekte im Kanton Graubünden
Quelle: Gemeinde Davos
Illustration der geplanten Wohnüberbauung auf dem Färbi-Areal in Davos.
Überbauung mit 63 Erstwohnungen in Davos Platz
Davos – In vielen Bündner Gemeinden ist der Mangel an bezahlbarem Erstwohnraum ein Problem. Auch in Davos steht die Thematik auf der politischen Agenda. Das spiegelt sich in einem Wohnbauprojekt wider, das am Eingang zu Davos Platz auf einem Grundstück zwischen der Wohnsiedlung Färbi und den Spitalbauten geplant ist. Nachdem die Eigentümerin der Parzelle – die Hans Peter und Urs Hoffmann AG – eine Voranfrage für eine in der aktuellen Zone konforme Überbauung gestellt hatte, hatte die Gemeinde die Bauherren dazu angehalten «eine verdichtete Bebauung nach den Zielen des kommunalen räumlichen Leitbilds anzustreben».
Das Resultat ist nun ein Richtprojekt, das sechs Blöcke mit rund 55 Geschosswohnungen sowie acht Wohnungen in Reihenhäusern vorsieht. Laut der Gemeinde entstehen ausschliesslich Erstwohnungen. Von der zusätzlichen, mit einer Zonenplanänderung zu schaffenden Ausnützungsziffer müssen zudem zwei Drittel dauerhaft als Mietwohnungen genutzt werden, davon die Hälfte zur Kostenmiete. Das soll in einer Planungsvereinbarung festgehalten werden, die verbindlicher Bestandteil der zonenplanerischen Teilrevision wird. Damit soll sichergestellt werden, dass auf dem privaten Areal auch ein Wohnangebot für Haushalte mit geringerem Einkommen entsteht. Aktuell wird das Gesamtprojekt ausgearbeitet. Voraussichtlich noch dieses Jahr wird es eine Volksabstimmung zur Teilrevision des Zonenplans geben.
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