Gutachter empfiehlt Überprüfung des Luzerner Bypass-Projekts
Ein Gutachten im Auftrag von Umweltverbänden kommt zum Schluss, dass die Grundlagen, auf denen das Strassenprojekt «Bypass Luzern» erarbeitet wurde, unvollständig sind. Der Gutachter empfiehlt eine Neubeurteilung. Das Bundesamt für Strassen Astra winkt ab.
Quelle: Manuela Talenta
Rathausen-Tunnel vor der Stadt Luzern: Als Teil des Gesamtsystems Bypass soll er eine dritte Röhre erhalten.
Die Zahlen für die Verkehrsmodellierung seien ungenügend,
veraltet und wenig aussagekräftig, fassen der Verkehrsclub der Schweiz (VCS)
und WWF in einer Mitteilung die Ergebnisse der Studie zusammen.
Erstellt hat das 24-seitige Gutachten Verkehrs- und
Mobilitätsprofessor Alexander Erath von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er
hält fest, die Auftraggeberin habe zwar die Fragestellungen definiert, aber
keinen Einfluss auf die Inhalte und das methodische Vorgehen bei der
Erarbeitung ausgeübt.
Objekt des Gutachtens ist der 1,8 Milliarden Franken teure
Bypass, mit dem der Bund der Verkehrsbelastung im Raum Luzern Herr werden will.
Herzstück ist ein 3,5 Kilometer langer Tunnel zwischen Ibach und Kriens. Der
Abschnitt der A14 von Ibach bis zum Anschluss Buchrain soll zudem von vier auf
sechs Fahrstreifen ausgebaut werden, beim Tunnel Rathausen ist eine dritte
Röhre geplant.
Gar nicht so eng
Grund für die geplante neue Umfahrungsstrasse mit einem
Tunnel bei der Stadt Luzern ist ein Engpass, der sich auf der Autobahn ab 2040
abzeichnet. Dieser sei «wohl gar nicht so eng», halten die Umweltverbände
dagegen. Das zeigten die «Verkehrsperspektiven 2050» des Bundes, bei denen die
Zunahme des motorisierten Individualverkehrs geringer ausfiel als die 2006
vorgestellten Perspektiven 2030.
Zudem hätte laut dem Gutachter für ein solches Bauprojekt
die Wirkung mit einem multimodalen Verkehrsmodell berechnet werden müssen, das
auch andere Effekte berücksichtigt, etwa den ÖV- und Velowegausbau. Auch werde
unterschätzt, dass alleine der Bau eines neuen Angebots Mehrverkehr bringe.
Dadurch verlängerten sich die Reisezeiten wieder, was den Nutzen des Projekts
reduziere.
Mehrverkehr laut Astra beziffert
Das Astra hält auf Anfrage fest, der Bypass sorge mit seiner
Angebotsverbesserung für Mehrverkehr in der Grössenordnung von 0,3 Prozent der
Verkehrsleistung im gesamten Modellgebiet. Dieser «geringe Mehrverkehr» sei
beziffert und ausgewiesen.
Es verweist darauf, dass die Autobahnen A2 und A14 bereits
heute an ihre Kapazitätsgrenzen stossen würden. Seit Jahren komme es zu
Überlastungen in Spitzenzeiten, daran habe auch das Homeoffice nichts geändert.
Der Verkehr nehme auch nach neusten Prognosen weiter zu, weshalb der Engpass zu
beseitigen sei.
Laut dem Gutachten sind auch die eingerechneten Klimakosten
unvollständig quantifiziert. Im Fall des Ausführungsprojekts Bypass dürfte der
Bau des Tunnels zu beträchtlichen CO2-Emissionen führen. Das Astra entgegnet,
man habe in jedem Projektschritt jeweils mit dem aktuellsten Stand der
vorhandenen Verkehrs- und Berechnungsmodelle auch hinsichtlich der Klimakosten
gearbeitet.
Astra: Keine Änderungen
Der Gutachter empfiehlt schliesslich, das Projekt zu
überprüfen und ein geeigneteres Verkehrsmodell zu verwenden. Auch die
Kosten-Nutzen-Analyse sei zu aktualisieren, insbesondere, da das kantonale
Projekt «Spange Nord» nicht so umgesetzt wird, wie ursprünglich angenommen.
Man habe, schreibt das Astra, das Projekt bereits anhand des
neusten Standes des Gesamtverkehrsmodells für den Kanton Luzern durchgerechnet.
«Es drängen sich keine Änderungen auf.»
Beim Kanton Luzern hiess es auf Anfrage, man nehme das Gutachten
zur Kenntnis. Der Bypass sei weiterhin ein notwendiges Schlüsselprojekt, an dem
der Kanton festhalte. Er sei auch in der strategischen Planung verankert.
Das Projekt Bypass Luzern befindet sich im
Plangenehmigungsverfahren. Der frühestmögliche Baustart der Vorarbeiten könnte
2024 erfolgen. Die Bauzeit wird auf rund zwölf Jahre geschätzt. (sda/pb)