Zürcher Stadtrat will Mindestanteil günstiger Wohnungen einführen
Die Stadt Zürich will mehr bezahlbare Wohnungen: Künftig soll bei Bauprojekten, die zusätzlichen Wohnraum schaffen, die Hälfte dieser Wohnungen günstig sein. Für die Bewohner gelten Belegungsvorschriften sowie Einkommens- und Vermögenslimiten.
Quelle: Greater Zurich Area, eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Blick auf die Stadt Zürich. (Symbolbild)
Auslöser für das Einfordern von günstigem Wohnraum bei
privaten Investoren ist eine kantonale Volksabstimmung im Jahr 2014. Die Zürcher
sagten damals Ja zu einer Ergänzung des Planungs- und Baugesetzes, dem Paragraf
49b.
Dieser neue Paragraf erlaubt es Gemeinden und Städten, bei
zusätzlicher Ausnutzung einen Mindestanteil an preisgünstigen Wohnungen vorzuschreiben.
Der Paragraf ist eine «kann»-Formulierung, die Gemeinden können also selber
wählen, ob sie das tun wollen.
«Für uns ist aber klar, dass wir diese Möglichkeit nutzen
wollen», sagte Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) am Mittwoch vor den Medien.
Bisher ist Zürich damit allein auf weiter Flur. Andere Gemeinden haben noch
keine solchen Vorlagen entwickelt, obwohl die Abstimmung bereits sieben Jahre
her ist.
Doch der Kanton seinerseits benötigte stolze fünf Jahre, um
das Gesetz 2019 in Kraft zu setzen. Nun präsentierte der Stadtrat seine
Umsetzung, mit der er den Anteil günstiger Wohnungen im nach wie vor teuren
Zürich erhöhen will.
Viereinhalb Zimmer für 1650 Franken
Diese Umsetzung sieht vor, dass bei einer Mehrwertausnutzung
jeweils die Hälfte der zusätzlichen Fläche günstig vermietet werden muss.
Konkret bedeutet dies etwa, dass ein Bauherr, der eine Etage aufstocken kann,
die Hälfte dieser Fläche günstig vermieten muss.
Der Stadtrat wählte bewusst die Hälfte und nicht noch mehr,
um Investoren nicht abzuschrecken. Würde die Stadt mehr einfordern, würden wohl
viele Bauherren auf die zusätzliche Etage verzichten, weil sie zu wenig daran
verdienen würden.
Diese günstigen Wohnungen sollen nach Kostenmiete vermietet
werden, die über eine komplexe Formel ausgerechnet wird und dem Hausbesitzer
aber trotz Etikett «günstig» noch eine kleine Rendite ermöglicht. Eine
Viereinhalbzimmer-Wohnung würde so 1650 Franken kosten.
Es sind aber auch teurere Wohnungen möglich, wenn der
Bauherr schwierige Umstände geltend machen kann. Schwierige Umständen sind
gemäss Stadtrat etwa eine Hanglage oder eine schwierig geschnittene Parzelle.
Dann kostet eine Viereinhalbzimmer-Wohnung 1920 Franken.
Stadt gibt Einkommenslimite vor
Die Bauherren dürfen sich ihre Mieter zwar selber aussuchen.
Diese müssen aber gewisse Kriterien erfüllen, die von der Stadt vorgegeben
werden. Erstes Kriterium ist, dass die Personen dort auch wirklich wohnen. So
soll verhindert werden, dass aus den günstigen Wohnungen Zweit- und
Ferienwohnungen werden.
Zudem will die Stadt eine Einkommens- und Vermögenslimite
vorgeben. Auch was die Zahl der Bewohner betrifft, soll es Vorschriften geben:
Der Stadtrat schlägt vor, dass die Zahl der Bewohner mindestens der Zimmerzahl
minus 1 entsprechen muss. Wer alleine wohnt, kann also maximal eine
Zweizimmerwohnung beziehen.
Dreizimmerwohnungen gibt es erst ab zwei Personen. Die Stadt
will alle zwei Jahre überprüfen, ob die Kriterien eingehalten werden. Wer
plötzlich alleine in einer Vierzimmer-Wohnung lebt oder im Lotto gewonnen hat,
muss innert drei Jahren ausziehen.
Erstes Beispiel Neu-Oerlikon
Ein Beispiel, wo der kantonale Paragraf 49b als erstes
angewendet wird, ist das Neubauprojekt in Neu-Oerlikon. Dort verlangt die Stadt
günstigen Wohnraum von 8000 Quadratmetern Fläche, weil die Mehrausnutzung
16'000 Quadratmetern betragen wird.
Gemäss Odermatt sind in den kommenden Jahren auch
Aufzonierungen in Seebach, Schwamendingen, Witikon, Zürich-West, Altstetten,
Albisrieden und Wiedikon geplant. Auch dort wird der neue Paragraf 49b also zur
Anwendung kommen.
Für diese Förderung von günstigem Wohnraum benötigt die Stadt
aber noch eine Teilrevision der Bau- und Zonenordnung. Auch die Verordnung für
die Vermietungskriterien muss genehmigt werden. Beides wird nun ab Freitag bis
am 25. Mai öffentlich aufgelegt.
Danach werden die Vorlagen überarbeitet und kommen in den Gemeinderat.
Läuft alles nach Plan, wird das Parlament im Herbst darüber entscheiden. In
Kraft gesetzt würde die Umsetzung des kantonalen Paragrafen 49b dann Mitte
2022. (sda/pb)