Windräder aus Holz: Besseres Recycling, weniger Emissionen?
Sie sollten, anders als ihre Stahl-Pendants, gut recycelbar sein: Windräder aus Holz. Ein deutsches Start-up scheiterte mit dieser Idee an den Auflagen. Ein schwedisches Ingenieurbüro hat mit einem ähnlichen Konzept nun aber einen Investor gefunden.
Quelle: Gerd Fahrenhorst wikimedia CC BY 4.0
Der Prototyp der deutschen Timbertower GmbH, der heute noch immer am Wissenschaftspark Marienwerder steht.
Die Idee von Windrädern, die aus Holz statt aus Beton und
Stahl gefertigt werden, ist nicht neu. Bereits vor über zehn Jahren stellte das
deutsche Start-up Timbertower GmbH ein Konzept für hölzerne Windkraftwerke vor
und erfreute sich in Hannover grosser Resonanz. Ihr Ziel: Ökologische und
recycelbare Windräder, deren Turmsäulen komplett aus Holz gebaut werden.
Aus dem ehrgeizigen Projekt resultierte Ende 2012 ein
Prototyp, dessen Rotorblätter sich auch heute noch am Wissenschaftspark
Marienwerder auf einem Gelände der Leibniz-Universität drehen. Der 100 Meter
hohe Turm besteht aus verleimten Hölzern, die als versetzte Platten in einer
Helixstruktur montiert wurden, um dem Windrad Stabilität zu verleihen.
Keine Schwertransporte für Timbertower
Die Holzstruktur ist von weitem jedoch nicht sichtbar, da
das Windrad von einer weissen, beschichteten Folie umhüllt wird, die das Holz
vor Witterung schützen soll. Auf der Spitze des «Timbertower» befindet sich
zudem eine konventionelle Stahl-Turbine. Deshalb sieht die Konstruktion auch wie eine herkömmliche Windkraftanlage aus.
Die ökologischere Variante sollte damals alles besser machen
als ihr Stahl-Gegenstück. So sollten sich die Holzplatten vor Ort in lokalen
Betrieben gewinnen lassen und damit schwierige Schwertransporte von sperrigen Stahlteilen
ablösen. Vorteile wurden zudem auch hinsichtlich des Rückbaus vorgestellt, da Holz
einfacher wiederverwertet werden kann, als Beton oder Stahl.
Quelle: Modvion
Der Modvion-Prototyp wurde in Zusammenarbeit mit Moelven in der Leimholzfabrik von Töreboda vorgefertigt.
An Genehmigungen gescheitert
Im Probebetrieb zeigte sich dann aber, dass die
Leistungsfähigkeit des für heutige Verhältnisse eher kleinen Windrades eigentlich
zu gering war. Als Timbertower 2015 dann fünf grössere Windanlagen im
Fichtelgebirge bei Heidelheim realisieren sollte, wurde die Firma mit
grundlegenden Fragen nach der Belastbarkeit und Standfestigkeit konfrontiert,
wie die «Hannoversche
Allgemeine» im Januar 2020 berichtete. Die Gründer der Timbertower GmbH verliessen
die Firma dann im März 2015.
Schlussendlich sei man an den Genehmigungen gescheitert,
weil immer neue Auflagen gefordert wurden, wie der aktuelle Geschäftsführer Jeroen
Haberland gegenüber der Zeitung erklärte. Denn letzten Endes wurde der Windpark
bei Heidelheim von einer anderen Firma mit konventionellen Anlagen erstellt.
Von der einstigen Idee nach ökologischeren Windrädern des deutschen
Unternehmens zeugt heute deshalb nur noch der Prototyp am Wissenschaftspark.
Schweden macht kräftig Wind
Etwas mehr Erfolg beim Bau von ökologischeren Windrädern
dürfte das schwedische Ingenieurbüro Modvion haben. Dieses setzt auf eine
ähnliche Lösung wie die deutsche Firma: So sollen auch die schwedischen
Windräder ein hölzernes Turmstück erhalten. Anders als
Timbertower beschäftigt sich das Büro aber vor allem auch mit dem Transport der
riesigen Konstrukte.
Denn bei Windrädern gilt in der Regel: Je grösser die Nabe,
desto grösser der Ertrag. Vor diesem Hintergrund eignet sich aber nicht jede Strasse
für den Transport der teils tonnenschweren Bauteile. Darum schlägt Modvion die Vorfertigung einzelner Elemente des Turms vor. Dies, in
Form von Leimholzringen, die auf einem LKW ganz einfach aufeinandergestapelt
werden können. An ihrem künftigen Standort lassen sich die einzelnen Segmente dann
aufeinander montieren.
Erstes Holz-Windrad von Schweden
Dass ihre Holz-Windräder funktionieren, zeigte die Firma im
April 2020 mit dem Bau eines Prototyps. Auf der Insel Björko vor
Göteburg wurde ein 30 Meter hohes Windrad für Forschungszwecke erstellt. In
Auftrag gegeben hatte es das Svenskt Vindkraftstekniskt Centrum der Technischen
Hochschule Chalmers. Die Konstruktion war damals zugleich auch das erste Holz-Windrad
von Schweden.
Der Turm wurde in Zusammenarbeit mit Moelven in der
Leimholzfabrik von Töreboda angefertigt. Dank des geringeren Gewichtes von Holz
und des Modulkonzepts mit dem Aufeinanderstapeln sei es möglich, höhere Türme
zu bauen, die sich dennoch auf öffentlichen Strassen transportieren liessen,
wie die Firma damals in einer Pressemitteilung zum Prototyp schrieb.
Der Bau von Windanlagen aus Holz ist zudem gemäss Otto Lundman, dem Geschäftsführer von Modvion, deutlich kostengünstiger als der Bau solcher Anlagen aus Stahl. Verbundholz sei ausserdem bei gleichem Gewicht «stärker als Stahl» und mit Holz als Baumaterial würden die CO2-Emissionen bei der Fertigung reduziert. Daneben wird für die Säulen eine Art Biomaterial aus Furnierschichtholz (LVL) verwendet, welches aus nachhaltigen Ressourcen stammt.
Kommerzielle Holztürme ab 2022
Ab 2022 sollen bereits die ersten Holztürme zu kommerziellen
Zwecken realisiert werden. Modvion hat mit dem Energiedienstleister Varberg
Energie und dem Windparkentwickler Rabbalshede Kraft Absichtserklärungen unterzeichnet.
Für erstere soll demnach ein 110 Meter hoher Turm realisiert werden. Für Rabbalshede
wird eine Windkraftanlage mit 10 Türmen gebaut, die alle mindestens eine Höhe
von 150 Metern aufweisen sollen.
Ende letzter Woche konnte das Unternehmen ausserdem einen
weiteren Meilenstein verzeichnen: Die weltweit grösste Herstellerin von
Windkraftanlagen, die dänische Vestas Wind Systems, ist als Investorin eingestiegen.
In diesem Zusammenhang hob Vestas in einer Pressemitteilung das Potenzial von
Windkraftanlagen aus Holz im Hinblick auf die Energiewende hervor.
Vor allem die LVL-Verwendung ist für das Unternehmen interessant, wie es weiter erklärte. So sollen unter anderem
dadurch die CO2-Emissionen über die gesamte Produktionskette einer
Windkraftanlage um 80 Prozent reduziert werden können. Dies unter anderem, weil
energieintensiver Stahl nicht mehr benötigt wird.
Modvion ist dabei die allererste Investition der
Investmentgesellschaft Vestas Ventures, die Ende 2020 gegründet wurde. Diese
will frühzeitig junge Unternehmen für sich gewinnen, die für die Energiewende
interessant sind. Die LVL-Technologie von Modvion soll nun schrittweise in das
Design von Vestas integriert werden.
Lesetipp: Wohin mit ausgedienten Rotorblättern?
Quelle: Karsten Würth, unsplash
Rund 20 Prozent des Stroms wurden in Deutschland 2018 von Windenergieanlagen erzeugt. Im Bild: Windturbinen in Mölsheim, Deutschland.
Das Recycling von Windkraftanlagen rückt immer mehr in den Fokus, da diese allmählich ihre Lebensdauer erreicht haben oder durch neuere, effizientere Anlagen ersetzt werden. In Deutschland sind rund 30‘000 Windräder in Betrieb. Bereits 2019 mussten davon 2000 Rotorblätter entsorgt werden. Bis 2024 rechnet man mit 15‘000 Rotorblättern.
Doch wohin mit den ausgedienten Rotorblättern? Denn nicht nur der Transport stellt aufgrund ihrer enormen Ausmasse und ihres Gewichtes von bis zu 15 Tonnen eine Herausforderung dar, sondern auch das Recycling selbst, wie eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT aufzeigte. Denn während für den in Windkraftanlagen verbauten Stahl oder Beton bereits umweltverträgliche Entsorgungsverfahren existieren, ist dies bei den Rotorblättern nicht der Fall.
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