13:42 BAUPRAXIS

Wenn ein Holzbau zehn Mal mehr Wärme als Beton speichert

Teaserbild-Quelle: Unsplash / BB

Der Kühleffekt eines schmelzenden Eiswürfels in einem Cocktail lieferte das Vorbild für ein neuartiges Material, das das Zehnfache an Wärme von Beton speichern und im Holzbau eingesetzt werden kann. Entwickelt wurde es an der Hochschule Mannheim in Kooperation mit einer Holzbaufirma, der Willi Mayer Holzbau GmbH & Co. KG.

Holzhaus im Test

Quelle: CeMOS, Hochschule Mannheim

Blick in das Testgebäude: Insgesamt sind über 990 Kilogramm des Materials verbaut worden.

Bei dem Material handelt es sich um ein sogenanntes Phasenwechselmaterial oder PCM (Phase Change Materials – PCM). Derartige Materialien brauchen beim Phasenwechsel von fest nach flüssig oder vielmehr beim Schmelzen eine vergleichsweise hohe Menge Energie. Diese Energie wird der Umgebung in Form von Wärme entzogen. Das Besondere daran: Solange der Wechsel noch nicht abgeschlossen ist, ändert das PCM seine Temperatur nicht. Auf diese Weise lässt sich eine grosse Wärmemenge genau bei der Schmelztemperatur des entsprechenden Stoffes speichern. Umgekehrt wird Wärme frei, wenn sich das PCM abkühlt und wieder verfestigt.

Eine Art Kühlakkus in der Wand

Das PCM, das die Wissenschaftler vom Kompetenzzentrums CeMOS (Center for Mass Spectrometry and Optical Spectroscopy) der Hochschule Mannheim nun entwickelt haben, besteht aus einer speziellen Mischung aus Salzhydraten, deren Schmelztemperatur genau einer gewünschten Raumtemperatur von 21 bis 22 Grad Celsius entspricht.

Das Material wird in Behältern aus Polyethylen mit einem Fassungsvermögen von je einem Liter verpackt. Die an Kühlakkus erinnernden Einheiten müssen dann so in die Gebäudehülle eingebracht werden, dass ein möglichst hoher thermischer Kontakt zur Raumluft gewährleistet wird und das Material so zur Klimatisierung eines Raumes beitragen.

992 Kilogramm Material verbaut

Für das Projekt wurde ein 18 Quadratmeter umfassendes Gebäude mit zwei identischen, durch einen kleinen Flur voneinander getrennten Räumen errichtet. Im einen Raum wurde das verkapselte PCM in zwei hinterlüfteten Schichten in den Wänden eingebaut, im  anderen blieben die Wände leer. Insgesamt sind 992 Kilogramm des Materials verbaut werden.

DIe 87-tägige Testphase bestätigte die Erwartungen der Wissenschaftler, wie die Hochschule Mannheim in ihrer Medienmitteilung schreibt. Das Speichermaterial konnte Temperaturspitzen merklich abfangen und die Raumtemperatur senken. Beim Auskristallisieren, wie es zum Beispiel im Winter beim Lüften geschieht, wenn die Raumtemperatur unter 21 Grad absinkt, kann Wärme freigesetzt werden und die Heizleistung unterstützen.

Besseres Wohnklima in Leichtbauhäusern

Laut den Wissenschaftlern ist diese Technik richtungsweisend. Sie habe das Potenzial, das Wohnklima gerade in Leichtbauhäusern erheblich zu verbessern, heisst es in der Medienmitteilung der Hochschule Mannheim.

Das System soll nun noch weiter optimiert werden, um beispielsweise den Platzbedarf zu verringern oder Einheiten als Element im Raum zu integrieren. Des Weiteren arbeiten die Experten der Hochschule auch daran, dass das Material in einem zentralen Speicher untergebracht werden kann, um die Phasenwechsel durch eine geregelte Zwangsbelüftung zu realisieren, die zum Beispiel mit der verbauten Lüftungs- und Wärmerückgewinnungsanlage kombiniert werden könnte. (mai/mgt)

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