Weltgrösste Murgang-Waage im Rhonetal wieder in Betrieb
Ein mit Felsbrocken durchsetzter Murgang zerstörte vor zwei Jahren die weltgrösste Murgang-Waage im Illgraben bei Leuk VS. Ihr technisch verbesserter Nachfolger ist seit kurzem in Betrieb und hat vor wenigen Tagen dem ersten Murgang des Jahres standgehalten.
Über 13 Jahre hinweg sammelte die alte Murgang-Waage im Kanton Wallis Daten von insgesamt 50 Geschiebe führenden Hochwassern und Murgängen im Illgraben. Bis sie 2016 zerstört wurde. Wie das WSL am Montag mitteilte, konnte vor kurzem die Erneuerung der Anlage abgeschlossen werden. Dabei wurde die technische Ausstattung optimiert. Entwickelt wurde der Nachfolger von der Eidgenössischen Forschungsanstalt und dem WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF.
Die neue Murgang-Waage besteht aus einer acht Quadratmeter grossen Stahlplatte, unter der sechs Kraftmesszellen angebracht sind, die die vertikal und horizontal wirkenden Kräfte eines Murgangs erfassen. Zusätzliche Daten zu Abflussmenge, Wassergehalt, Dichte und Fliessgeschwindigkeit liefern Radar- und Lasergeräte, Beschleunigungssensoren sowie Videokameras. Damit ein möglicher Murgang zudem nur über die Anlage und nicht seitlich vorbei ins Tal fliesst, ist die gesamte Waage in eine aus Beton erstellte Wildbachsperre eingebaut.
Die neue, weltweit grösste Murgang-Waage hat sich bereits am 10. Juni, beim ersten Murgang des Jahres, bewährt. Die Messgeräte hätten alle erwarteten Daten geliefert, wie das WSL weiter schrieb. Die Mure selber war von geringer Stärke und hatte mit etwa fünf Kilometern pro Stunde rund 5‘000 Kubikmeter Gesteinsmaterial ins Tal geschwemmt. Die Dichte ähnelte flüssigem Beton. Wie für einen ersten Murgang nach dem Winter typisch, transportierte das 30-minütige Ereignis zudem sehr viel Holz, wie das WSL mitteilte.
Quelle: WSL/SLF
Aufnahmen der automatischen Videokamera der neuen Anlage zeigen: Der Murgang vom 10. Juni transportierte viel Schwemmholz.
Für Schutzbauten und Gefahrenkarten
Die Forschenden möchten mit der neuen Anlage herausfinden, wie gross die Reibung während eines Murgangs ist und wie sich diese im Verlauf des Vorgangs verändert. Auch die Fliessdynamik der Naturgefahren müsse noch besser verstanden werden, insbesondere die Wechselwirkung von Wasser, mitgerissenen Felsbrocken und Sedimenten, wie das WSL mitteilte. Damit liesse sich die Abflussmenge und -geschwindigkeit auch für Orte berechnen, wo es keine Messinstrumente gibt.
Die gewonnenen Erkenntnisse im Illgraben sollen zudem Fachleuten dabei helfen, Schutzbauten und –massnahmen optimal zu gestalten und genauere Gefahrenkarten zu erstellen. Ziel der Murgang-Forschung sei es, Bauten wie beispielsweise Sedimentssperren, die grobes Gesteinsmaterial zurückhalten, so zu optimieren, dass die Naturgefahren talwärts an Intensität verlieren und damit weniger gefährlich für Mensch und Infrastruktur sind. (pb/mgt)