Textile Dämmung: Neue Hüllen für alte Hallen
Die meisten Sport- und Industriehallen müssen saniert werden. Die Hochschule Luzern hat eine textile Dämmung entwickelt, die das Verfahren erheblich vereinfacht – und diesen funktionalen Räumen erst noch eine neue architektonische Qualität verleiht.
Von Martin Zimmermann, Hochschule Luzern (HSLU)
Die Schweiz, das Land der Berge und Seen. Und der Sporthallen. Landesweit gibt es tausende Hallenbäder, Tennisanlagen und Turnhallen. Viele sind alt und schlecht isoliert. Eine energetische Sanierung tut not. Diese ist allerdings aufwendig und teuer – zumindest noch: Im Rahmen der Projektreihe «Texlining» entwickelten Textildesignerinnen und Architekten der Hochschule Luzern (HSLU) mit Partnern aus der Bauwirtschaft eine textilbasierte Dämmung, die den Sanierungsprozess revolutionieren soll.
«Unsere Dämmelemente weisen ähnlich gute wärmedämmende Eigenschaften auf wie handelsübliche Dämmplatten. Sie lassen sich aber wesentlich schneller installieren», erläutert Daniel Wehrli von der Forschungsgruppe Produkt und Textil. Die Elemente werden für jede Halle individuell vorproduziert und an Decken und Wände gehängt. Sanierungsarbeiten dauern dadurch nur noch Tage statt Wochen oder Monate.
Das eigentlich Revolutionäre an der textilen Dämmung ist laut Wehrli die ungewöhnliche Kombination der Materialien: Die einzelnen Elemente bestehen aus zwei Textilschichten, die mit einem wärmedämmenden Granulat aus Steinwolle oder Altpapier-Zellulose gefüllt werden. Die Forscher setzen auf ein feuerfestes Glasfasergewebe, wie es in der Luft- und Raumfahrt oder im Bootsbau zum Einsatz kommt. Eine direkt auf das Glasfasergewebe aufgebrachte transparente Folie schützt das Dämmmaterial vor zu viel Feuchtigkeit.
Weisse Wände sind langweilig
Das «Texlining»-Team hat drei Dämmelement- Varianten kreiert, die sich in puncto Form, Gewicht und Aufhängung unterscheiden. Jede Variante belastet Decken und Wände anders und kann deshalb nicht für jeden Gebäudetyp eingesetzt werden. So eignet sich die Variante «Kissen» vorwiegend für Massivbauten aus Beton, der «Baldachin» für Leichtbauten aus Stahl oder Holz und der «Schirm» für Hallendecken in beiden Gebäudetypen.
Der pyramidenförmige Schirm hat es Daniel Wehrli besonders angetan: «Er ist in der Herstellung teurer als die anderen Varianten. Dafür bietet er das grösste Potenzial in Bezug auf das Design.» Schliesslich bleibe eine textile Dämmung sichtbar und verleihe Innenräumen eine neue ästhetische und haptische Qualität, die Architekten gestalterisch nutzen können. Die Glasfaserplanen liessen sich etwa mit Mustern und Farbverläufen bedrucken, um die jeweils passende Raumwirkung zu erzielen. «Decken und Wände müssen ja nicht zwangsläufig weiss sein», so Wehrli.
Beträchtliches Marktpotenzial
Das «Texlining»-Team hat nicht nur die Dämmung entwickelt, sondern auch ihr Marktpotenzial analysiert. Dieses ist demnach beträchtlich: Zwar kommen die Dämmelemente für Wohnungen und Einfamilienhäuser weniger infrage, weil sie für grossflächige Anwendungen ausgelegt sind. Allerdings lassen sich gemäss Analyse damit mindestens 250 der rund 5000 Schweizer Sporthallen ausstatten. Im Visier haben die Forschenden ausserdem alte Industriehallen, die zu Büro- oder Ausstellungsgebäuden umfunktioniert werden. Daniel Wehrli: «Landesweit könnten rund 2000 Gewerbebauten textil saniert und so vor dem Leerstand oder Abriss bewahrt werden.» Prototypen der Dämmelemente hängen derzeit zu Demonstrationszwecken in einer Lagerhalle des Membranspezialisten und Hauptwirtschaftspartners HP Gasser AG in Lungern. Sie sind für Interessenten auf Anmeldung einsehbar. Die textile Dämmung ist laut Andreas Gasser, Mitglied der Geschäftsleitung, ab Juni 2019 erhältlich.
«Das Magazin» der Hochschule Luzern publizierte diesen Artikel in seiner April-Ausgabe.
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