Strassenbau: Augmented Reality lässt tief blicken
Das Potenzial von Augmented Reality (AR) für den Tiefbau ist gross. Dieser Meinung ist das Ingenieurbüro Basler & Hofmann nach zwei Feldversuchen. Werkleitungen könnten etwa mittels AR-Brille abgesteckt werden.
Wird die menschliche Wahrnehmung der Realität computergestützt erweitert, spricht man heute von Augmented Reality oder kurz AR. Längst ist diese Technologie, die für ihre Datenbrillen bekannt ist, den Kinderschuhen entwachsen. Doch könnte AR auch im Tief- und Werkleitungsbau allen Beteiligten einen Mehrwert bringen? Das Ingenieurbüro Basler & Hofmann wollte es wissen. In Zusammenarbeit mit dem Start-up-Unternehmen V-Labs GmbH, das sich auf die Entwicklung von Software für die AR-Brille Hololens von Microsoft spezialisiert hat, führte es deshalb zwei Feldversuche durch.
Wissen, was wo liegt
Heute wissen Gemeinden, Werke und Bauunternehmer leider oft nicht, was sich unter der Strasse genau befindet. «Mit AR können wir für unsere Kunden Licht ins Dunkel zu bringen», lässt sich Regula Vedruccio, Leiterin Geoinformatik bei Basler & Hofmann, zitieren. Das Potenzial der Technologie sei gross: Absteckungen von Werkleitungen könnten etwa mit Hilfe der AR-Brille ausgeführt werden – ohne die Pläne dabei zu haben. Zudem könnten die Gemeinden und Werke so die Qualität ihrer Werkleitungsdaten erhöhen und Bauunternehmer sicherstellen, dass sie beim Ausgraben keine Leitung treffen. «Im Rahmen der zwei Pilotversuche hat unser Team zwei Anwendungsfälle getestet: den Einsatz von AR für das Infrastrukturmanagement von Gemeinden und die Nutzung auf Baustellen durch Bauleitungen und Unternehmer», so Vedruccio.
Einfachere Werkbegehungen
Basler & Hofmann unterhält für zahlreiche Gemeinden und Werke Geoinformationssysteme (GIS). Die meisten Gemeinden und Werke führen ihre Werkleitungsdaten in GIS. Diese Daten bilden die Grundlage für Strassenbau- oder Infrastrukturprojekte. Im ersten Feldversuch hat das Projektteam die Werkleitungsdaten der Gemeinde Pfäffikon ZH auf die AR-Brille gespielt. Liegen die GIS-Daten ohne Höheninformationen vor, bereiten Algorithmen die Daten automatisch als 3-D-Modell auf.
Die Resultate haben gemäss Vedruccio überzeugt: «In der Hololens wurden uns die Werkleitungsdaten bis auf zehn Zentimeter genau auf den Boden projiziert, während wir durch die Strassen der Gemeinde gegangen sind. Die Lage der Objekte wird während des Gehens mittels GPS laufend berechnet und korrigiert.» Die Lösung von V-Labs eigne sich deshalb auch für ganze Gebiete oder lange Strassenzüge. «Bei künftigen Begehungen können Gemeinden und Werke die Werkleitungen direkt auf der Brille anzeigen – das mühsame Interpretieren von Plänen entfällt», so Vedruccio. Der Einsatz von AR sei für alle Gemeinden und Werke interessant, die die Qualität ihrer Werkleitungsdaten erhöhen und die Effizienz ihres Infrastrukturmanagements steigern wollen.
Soll-Ist-Vergleich auf der Baustelle
Der zweite Feldversuch an der Eigenheimstrasse in Küsnacht ZH hat gemäss Vedruccio bestätigt, dass AR auch für Bauleitungen und Unternehmer grosses Potenzial birgt. Das Projektteam hat über die Hololens den digitalen Zwilling der Strasse vor Ort verfügbar gemacht – und zwar genau dort, wo Basler & Hofmann im vergangenen Jahr mit der Planung eines BIM-Tiefbau-Pilotprojekts beauftragt war.
«Wir stellen uns vor, dass Bauleiter und Unternehmer in Zukunft mit der Anzeige des digitalen Projektmodells vor Ort einfach einen Soll-Ist-Vergleich machen können», erläutert Vedruccio. Unsicherheiten, etwa über die Position bestehender Leitungen, liessen sich dann rasch klären, unnötige Schäden verhindern und die Ausführungsqualität steigern.
In Küsnacht waren die Bauarbeiten zum Zeitpunkt des Feldversuchs bereits abgeschlossen. «Als nächstes wollen wir AR auf einer laufenden Baustelle testen», betont Vedruccio deshalb. Sie ist überzeugt, dass die Visualisierungsmöglichkeiten mit AR zudem die Kommunikation über Strassen- und Tiefbauprojekte vereinfachen kann – sei es während des Bewilligungsverfahrens oder im Rahmen von Projektsitzungen.