12:16 BAUPRAXIS

Sisikon UR wünscht sich mehr Ruhe

Knapp eine Milliarde Franken wird der Ausbau der Axenstrasse kosten. Die grössten Brocken sind der Sisikoner- und der Morschachertunnel. Doch herrscht über das Vorhaben in den beiden Kantonsparla-menten von Uri und Schwyz keine Einigkeit.

Der Murgang vom Juni oberhalb von Sisikon hatte auch den Verkehr auf der Axenstrasse in Mitleidenschaft gezogen. Das Ereignis dürfte Wasser auf die Mühlen der Befürworter eines Ausbaus der Axenstrasse sein: Denn der Ausbau hat genau den Zweck, diese Verkehrsverbindung vor Naturgefahren zu schützen.

Doch von Anfang an: 2002 hatte das Bundesamt für Strassen (Astra) die Kantone Schwyz und Uri beauftragt, ein «Generelles Projekt» für den Axenausbau zwischen Ingenbohl und Sisikon-Süd auszuarbeiten. Ende Januar dieses Jahres hat der Bund das Vorhaben gutgeheissen.

Seine Kernstücke sind der Sisikoner- und der Morschachertunnel. «Mit den Neubauten werden die Verkehrssicherheit und der Verkehrsfluss auf der A4 entlang dem Urnersee verbessert und der Kanton besser mit der Wirtschaftsregion Zürich verbunden. Gleichzeitig wird Sisikon vom Durchgangsverkehr befreit und die Axenstrasse vor Naturgefahren geschützt», schreibt das Astra. Oft kommt es in diesem Gebiet zu Felsstürzen, Steinschlag oder Murgängen.

Die Bauarbeiten beginnen 2011 und sollen 2025 abgeschlossen sein. Die Kosten belaufen sich auf 750 Millionen Franken. Der Sisikonertunnel wird 4,4 Kilometer lang und verbindet Ort und Gumpisch, der Morschachertunnel hat eine Länge von 2,8 Kilometern und führt von Ingenbohl nach Ort. Die bestehende Axenstrasse wird vom Durchgangsverkehr befreit und zum Wanderweg.

Vier Etappen

Zwischen 2011 und 2017 wird, als erste Etappe, der Sisikonertunnel gebaut. Die zweite Etappe betrifft die Umgestaltung und Sanierung der Axenstrasse zwischen Sisikon und Ort. Die dritte Etappe ist der Morschachertunnel, der zwischen 2018 und 2025 erstellt werden soll. In einem vierten Schritt wird die bestehende Axenstrasse zwischen Brunnen und Ort umgestaltet und erneuert. Die erste und die dritte Etappe gehören zum inzwischen genehmigten sogenannten Generellen Projekt und belaufen sich auf 743 Millionen Franken. Die zweite und die vierte Etappe werden schätzungsweise 215 Millionen Franken kosten. Sie zählen zu den klassischen Unterhaltsarbeiten. Einen Teil der Kosten müssen die beiden Kantone Uri (fünf Millionen) und Schwyz (45 Millionen) tragen.

Widerstand sinnlos?

Das Projekt stösst bei fünf Schwyzer Kantonsräten auf Widerstand: Der Axenausbau bringe Mehrverkehr und hohe Folgekosten; man möge darauf verzichten. Die Regierung wies darauf hin, dass es sich dabei um ein Bundesprojekt handle und dass man Geld für den Nationalstrassenbau nicht einfach für etwas anderes einsetzen könne. Ein Zeitungskommentator bezeichnet diese Opposition des Schwyzer Parlaments als «Sturm im Wasserglas». Das Parlament scheint ohnehin derartigen Argumenten nicht zugänglich: Inzwischen hat eine Gruppe aus Mitgliedern aller Fraktionen und unter der Führung von Peter Steinegger (CVP, Schwyz) den Regierungsrat in einem Postulat aufgefordert, sich beim Bund gegen das Bauvorhaben zu engagieren: «Wir brauchen keine neue zweispurige Autobahn. Wir sind aber für eine Kurzvariante, mit der das Dorf Sisikon umfahren werden kann», sagte Steinegger laut einem Zeitungsbericht im Parlament. Eine Mehrheit des Rats folgte Steinegger.

Allerdings sind nicht alle Schwyzer dieser Meinung. Ein Komitee namens «Sicherer Axen», bestehend aus Schwyzer und Urner Politprominenz von CVP, SVP und FDP, setzt sich für die Entlastung von Sisikon und Brunnen ein. Ihr Argument ist die stets bedrohte Sicherheit durch Steinschlag auf der bereits bestehenden Strecke, was immer wieder Sperrungen nach sich ziehe. Sisikon leide sehr stark unter dem Verkehr. Im Auge haben die Befürworter auch eine Vermehrung der Arbeitsplätze und einen Impuls für die Wirtschaft. Das Komitee will vermeiden, dass «falsche Signale nach Bern gesandt werden», wird das Komitee im «Bote der Urschweiz» zitiert.

Uris "Strategie Strasse"

Nach der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA, seit 1.1. 2008), mit der der Bund die Aufsicht über die Autobahnen übernahm, sind die Kantone, bei weiterhin beschränkten Finanzressourcen, zu neuer Prioritätensetzung gezwungen, schreibt die Baudirektion Uri in ihrem Strategiepapier «Strasse». Die knappen Mittel würden gemäss Finanzplan und Budget nun dort eingesetzt, «wo sie für Uri den grössten Nutzen stiften». Dabei beziffert die Behörde die Summe aller aktuellen Bauwerkschäden auf 228 Millionen Franken. Die hohe Summe erkläre sich so, dass eine grosse Zahl von Infrastrukturen bereits älter als 100 Jahre sei, dass es einen grossen Nachholbedarf aufgrund zu kleiner Investitionen ins Kantonstrassennetz während vieler Jahre gebe und eine massive Zunahme des Verkehrs sowie des Gewichts der Fahrzeuge stattgefunden habe.

Dabei wird realistisch hinzugefügt, dass hohe Investitionen die Schadensumme auf hohem Niveau nur zu stabilisieren vermöge. «Der Bedarf für Unterhalt und Erneuerung des Strassennetzes für die nächsten 20 Jahre wird auf zirka 450 bis 490 Millionen Franken geschätzt.»

Als Kernpunkt der Strategie bezeichnet die Baudirektion die Erschliessungsqualität, die anhand von sieben Kriterien erfasst wird: Siedlungsgrösse, Takt des öffentlichen Verkehrs, Lastwagenanteil, Bedeutung der Strasse (Tourismus), Häufigkeit beim Versorgungs- und Notfallverkehr, Ausmass des Pendlerverkehrs und Bedeutung der Wertschöpfung für den Kanton Uri. Demgemäss ergibt sich ein Standard von A bis D. Dabei entspricht A einer «sehr hohen Verfügbarkeit» oder mit 26 Kilometern (17 Prozent Anteil am Strassennetz) einem Betrag von 62 Millionen Franken (von 228 Millionen). Prioritäten sind: Axenstrasse mit der Umfahrung Sisikon (Zugang zum Kanton) sowie ein Schwergewicht im unteren Reusstal. Bei den übrigen Strassen beschränkt man sich auf dringliche Schadenbehebungen.

Auch der Regierungsrat des Kantons Schwyz hat neue Prioritäten bei den Infrastrukturprojekten gesetzt. Im Programm finden sich unter anderen die Südumfahrung Küssnacht (2013 bis 2018; 51 Millionen); die Umfahrung Pfäffikon (2011 bis 2017; 75 Millionen); Entlastung Lachen (2011 bis 2015, 16 Millionen); Verlegung Anschluss Wollerau und Zubringersystem (2012 bis 2017, 21 Millionen); Fertigstellung der Hochleistungsstrasse 8 (2011 bis 2016; 60 Millionen); A4-Ausbau Axen (2012 bis 2021, 45 Millionen).

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