Präzisionsarbeit in der Lammschlucht: Sprengung der alten Chlusbodenbrücke
Mitte Februar wurde in der Lammschlucht bei Schüpfheim LU die alte Chlusbodenbrücke gesprengt. Dabei war Präzisionsarbeit gefragt, da direkt daneben bereits die neue Brücke lag. Gasser Felstechnik griff bei der Sprengplanung auf einen Baubericht von 1920 zurück.
Die Sprengung der alten Chlusbodenbrücke im Video. (Quelle: Kanton Luzern / Gasser Felstechnik AG)
Der Kanton Luzern baut derzeit im Bereich der Lammschlucht
zwischen Schüpfheim und Flüeli die Kantonsstrasse K36 aus. Die durch
topografisch und geologisch schwieriges Gelände führende Strasse wird erneuert
und besser vor Stein- und Blockschlägen sowie Sturmschäden geschützt. Ebenfalls
Teil des Projekts ist der Ersatz mehrerer Kunstbauten, da diese
sanierungsbedürftig sind und heutigen Sicherheits- und Verkehrsanforderungen
teilweise nicht mehr genügen.
Zu diesen zählte auch die 1915 erstellte Chlusbodenbrücke
über der Waldemme. Die einbogige Betonkonstruktion mit Sandsteinmauerwerk
entstand im Zuge des Baus der neuen Kantonsstrasse ins Mariental, die damals
den schmalen Fahrweg über den Klusstalden ablöste. «Die Bausubstanz der Brücke
war in einem schlechten Zustand», erklärt Marco Rohrer, Leiter Sprengbetriebe
bei der Gasser Felstechnik AG, auf Anfrage. Ein Erhalt der historischen
Steinbogenbrücke hätte hohe Unterhaltskosten mit sich gebracht. Deshalb entschied
sich der Kanton Luzern für den Rückbau der Querung.
Rückbau mit Sprengtechnik
Mit den Arbeiten im Abschnitt 1 der Kantonsstrasse von
Chlusbode bis Under Lammberg beauftragt wurde die Arbeitsgemeinschaft Chluse,
bestehend aus der PK Bau AG, Gebr. Brun AG, Hans Renggli Bau AG, Sustra Tiefbau
+ Strassen AG und der Gasser Felstechnik AG. Vor dem eigentlichen Rückbau der
alten Steinbogenbrücke wurde in unmittelbarer Nähe eine neue Brücke gebaut, die
die alte Verbindung und den ebenfalls in schlechtem Zustand befindlichen
Chlusstaldentunnel ablöste. Der Neubau wurde im Dezember 2024 eröffnet.
Anschliessend wurde der Rückbau der über 110-jährigen Querung vorbereitet.
Dass erst der Neubau erstellt und danach der Rückbau
angegangen wurde, hat einen einfachen Grund: Die Kantonsstrasse erschliesst die
Gemeinde Flühli und das Skigebiet Sörenberg. «Vollsperrungen mussten deshalb so
kurz wie möglich gehalten werden», führt Rohrer aus. Daneben wurde das Bauwerk
auch für die Baustellenversorgung in der Lammschlucht genutzt. «Der
Rückbauzeitpunkt nach Eröffnung der neuen Brücke machte deshalb Sinn.» Als
effiziente und sichere Rückbaumethode der exponiert gelegenen Brücke hat sich
laut Rohrer dann Sprengtechnik angeboten: «Dadurch musste die neue
Strassenverbindung lediglich für die Sprengung kurzzeitig gesperrt werden.»

Quelle: A.-G. Buss Cie_Schweizerische Bauzeitung_1920
Als Hauptgrundlage für die Sprengplanung diente ein historischer Baubericht der Schweizerischen Bauzeitung aus dem Jahr 1920. Dieser enthielt den Längsschnitt und die Kubaturen der Brücke.
Alter Baubericht als Grundlage
Zwar stellte eine Sprengung die beste Lösung dar, brachte
aber durch die Nähe zur neuen Brücke auch Herausforderungen mit sich. Das
Manöver musste umfassend vorbereitet und geplant werden. Die Basis für die
Sprengplanung lieferte hauptsächlich ein historischer Baubericht der
Schweizerischen Bauzeitung aus dem Jahr 1920. «Darin waren die originalen
Baupläne der Brücke zu finden, damals entworfen von der A.-G. Buss & Cie.»,
erzählt Rohrer. Der Bericht enthielt so etwa den Längsschnitt und die Kubaturen
der Steinbogenbrücke. «Dieser archivierte Plan war unsere wichtigste
Planungsgrundlage.»
Dass historische Bauberichte für eine Sprengplanung genutzt
werden, kann gemäss Rohrer durchaus vorkommen: «Bei sehr alten Bauwerken sind
Plangrundlagen öfters verschollen oder unvollständig.» Bei der alten
Chlusbodenbrücke war dies der Fall. Die Mehrheit der Sprengprojekte der unter
anderem auf Sprengungen spezialisierten Gasser Felstechnik AG beträfen jedoch
den Abbau von Felsen. «Da gilt es immer, über präzise Drohnenvermessungen des
Geländes selbst Planungsgrundlagen zu schaffen.»
Neben den Plänen aus der Bauzeitung wurden für die Sprengung
auch Sondierbohrungen vorgenommen, um die Beschaffenheit der Steinbogenbrücke
zu analysieren. Weiter konnte das Team auf Erfahrungen aus der letzten
Bausaison rund um die alte Brücke zurückgreifen. Die Erkenntnisse bestimmten
das Bohrschema und die Ladeberechnung, die in einem Sprengkonzept eingereicht
wurden. «Die grosse Herausforderung in der Lammschlucht war die unmittelbare
Nähe zur neuen Brücke», erklärt Rohrer.
Dabei galt es, die Sprengladung so zu bemessen, dass das
alte Bauwerk komplett einstürzt, dabei aber kein Material auf die neue Brücke
geschleudert wird. «Entscheidend für eine präzise Brückensprengung ist ein
detaillierter Sprengplanungsprozess mit einer exakten Ladeberechnung, sodass
nicht zu viel aber auch nicht zu wenig Energie freigesetzt wird», erklärt der
Sprengexperte. Auch die genaue Ausführung der Bohrlöcher sei ein wichtiger
Faktor.

Quelle: Gasser Felstechnik AG
Die neue Chlusbodenbrücke wurde unmittelbar neben der alten erstellt und im vergangenen Dezember eröffnet.
Abdeckung mit Sprengmatten
Für die Chlusbodenbrücke wurden insgesamt 81 Bohrlöcher
angelegt. Die entsprechenden Arbeiten waren logistisch anspruchsvoll und
mussten teilweise 28 Meter über dem Wasserspiegel der Waldemme bei den
Widerlagern unten an der Brücke erstellt werden. «Hierfür haben wir unseren
Bohr-LKW mit Personenkorb eingesetzt». Die Sprenglöcher wurden dabei von Hand
mit einer Säulenbohrmaschine ausgeführt. Diejenigen in der Brückenmitte
erstellte man konventionell von oben mit einer Handbohrmaschine.
Neben den Bohrlöchern wurden auch die Fahrbahnplatten
mechanisch abgebrochen. Dabei kam ein bislang noch unbekannter, längs
gerichteter, armierter Betonriegel im Brückenkörper zum Vorschein, der bei der
Sprengung ebenfalls durchtrennt werden musste. Die Rückbauarbeiten wurden
mittels geodätischer Vermessung permanent überwacht, um Bewegungen der Brücke
erkennen zu können. Weiter sind zwei Erschütterungsmessgeräte an den
Widerlagern der neuen Brücke montiert worden.
Als zusätzliche Massnahme gegen Schleuderwurf setzte das
Team schwere Sprengmatten ein. Diese legte man über die Detonationsstellen, um
während der Sprengung zu verhindern, das Material gegen die neue Brücke daneben
prallt. Wegen des Gewichts und der Lage der Sprengmatten konnten allerdings
nicht alle mit dem Kran des LKWs montiert werden – einige wurden per Helikopter
auf die Brücke eingeflogen.
24 Kilogramm Sprengstoff
Als Sprengtermin hatte man den 18. Februar 2025 bestimmt.
Zufällig gewählt war das Datum nicht: In dieser Jahreszeit wird mit weniger
Niederschlag und kaum Schmelzwasser gerechnet. Im Falle der alten
Chlusbodenbrücke war das wichtig, da direkt unter ihr die Waldemme verläuft.
«Unter der Brücke wurde vorgängig ein Auffangraum errichtet, der den Flussraum
vom Sprenggut trennt», erklärt Rohrer. Bei stärkerem Niederschlag hätte dieser
Auffangraum geflutet und das Material vom Wasser weggetragen werden können. Deshalb
wurde eine stabile Wetterlage von mindestens fünf Tagen vorausgesetzt.
Nach rund einwöchigen Vorbereitungsarbeiten war es
schliesslich so weit: der Sprengtermin stand an. Zunächst wurden vom
Personenkorb des LKWs aus die Sprengladungen in den beiden Widerlagern
angebracht. Ein grosses Augenmerk lag auf der Verdämmung der steigenden
Bohrlöcher, damit die Sprengladungen nicht verrutschten. Oben auf der Brücke
konnten die Sprenglöcher konventionell geladen werden. Insgesamt setzten die
Sprengtechniker 24 Kilogramm Sprengstoff in die gebohrten Löcher ein. Für
maximale Zuverlässigkeit wurde die Sprenganlage zusätzlich mit elektronischen
Zündern versehen.
Drei Hornsignale markierten dann am 18. Februar um 15.45 Uhr
die Zündung. Zuerst liessen die Sprengtechniker die Brückenmitte detonieren,
dann leicht zeitversetzt, die beiden Seiten mit den Brückenwiderlagern.
Schlussendlich gelang die Brückensprengung ideal. «Die Brücke wurde wie geplant
gesprengt. Wir haben keinerlei Schäden an den umliegenden Infrastrukturen»,
freut sich Rohrer. «Für solch ein Resultat braucht es neben einer akribischen
Sprengvorbereitung vor allem ein eingespieltes und topmotiviertes Team, in
welchem alle zum Erfolg beitragen.»
Projektbeteiligte
- Bauherrschaft: Kanton Luzern, Verkehr und Infrastruktur (vif)
- Ingenieure: WSP Suisse AG, Bänziger Partner AG
- Geologen: Keller+Lorenz AG
- Bauunternehmen: ARGE Chluse (PK Bau AG, Gebr. Brun AG, Hans Renggli Bau AG, Sustra Tiefbau + Strassen AG, Gasser Felstechnik AG)
- Sprengausführung: Gasser Felstechnik AG