Neophyten: Wenn der Bagger den Schädling ersetzen muss
Die Bekämpfung von invasiven Neophyten wie Goldrute oder Japanischem Staudenknöterich gehört bei vielen Bauprojekten längst zum Pflichtenheft. Was dabei zu beachten ist und wie man die Kosten im Rahmen hält.
«Ein Befall mit invasiven Neophyten kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass wertvoller Boden als Abfall behandelt werden muss. Durch sorgfältige Arbeit gilt es zu verhindern, dass noch mehr Abfall entsteht, weil durch unsachgemässen Umgang weiterer Boden biologisch verseucht wird», sagt Sascha Gregori von der Gregeco GmbH an der Weiterbildungsveranstaltung «Umgang mit invasiven Problempflanzen auf Baustellen und Deponien» der Sanu AG in Lenzburg. Gregori führt unter anderem Aufträge für das Amt für Natur und Umwelt Graubünden oder das Bundesamt für Umwelt im Bereich Neobiotamanagement aus.
Die Bekämpfung invasiver Neophyten hat nur mit guter Planung und konsequentem Vorgehen Aussicht auf Erfolg. Vor Baubeginn sollten die Bestände invasiver Neophyten erhoben und kartiert werden, um den Umfang der Arbeiten und die anfallenden Aushubmengen abschätzen zu können.
Von Anfang an budgetieren
Die Umweltbaubegleitung sollte bereits in der Submissionsphase beigezogen werden. Biologisch belastetes Material muss beispielsweise immer im gedeckten LKW transportiert werden. Durch konsequente Reinigung der Fahr- und Werkzeuge muss sichergestellt werden, dass keine belastete Erde, etwa aus den Reifenprofilen oder den Sohlen der Arbeiter, in unbelastete Regionen gelangt. Derartige Zusatzkosten gehören von Anfang an mit ins Budget, wenn die Regiekosten wegen nachträglicher Massnahmen nicht ausufern sollen.
Der Bauherr wird um diese Massnahmen kaum herumkommen. Daher sollte er von Anfang an wissen, was finanziell auf ihn zukommt. Der Aufwand kann je nach Pflanzenart beträchtlich sein. Bei Goldrute oder Springkraut ist nach Gregoris Erfahrung durch Entfernen des Grünguts und der obersten, mit Samen versetzten Bodenschicht schon viel geschafft. Detaillierte Empfehlungen zum Umgang mit den Grünabfällen und dem biologisch belasteten Boden lassen sich bei der Arbeitsgruppe invasive Neobiota nachlesen.
Beim gefürchteten, da in der Bekämpfung besonders aufwendigen Japanischen Staudenknöterich müssen sich die Bagger bei grossen und alten Beständen mehrere Meter in die Tiefe arbeiten, da die Wurzeln bei Altbeständen bis zu drei Meter in den Boden reichen können. Aus jedem Stück Rhizom, das versehentlich in der Erde verbleibt, kann eine neue Pflanze austreiben.
Quelle: Von Alexandra von Ascheraden
Doris Hösli, Projektleiterin in der Abteilung Natur beim Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie, zeigt bei der Ortsbegehung in der Kiesgrube, wie eine Robinie fachgerecht geringelt wird. Würde man sie einfach fällen, würde sie aus dem Wurzelgeflecht zahlreiche neue Austriebe bilden. Daher muss sie erst durch Unterbrechung der Leitungsbahnen unter der Rinde geschwächt werden.
Boden entsorgen
Aus der Baustellenpraxis berichtet Yves Schachenmann, Leiter Fachbereich Umweltbaubegleitung bei der Gruner AG, am Beispiel des Vierspur-Ausbaus der SBB-Strecke Aarau-Olten: «Im Bereich Gretzenbach trafen wir auf eine ‹Neophytenhölle›. Es waren sämtliche invasiven Arten da, die Feuchtigkeit lieben.»
Er zeigt Fotos von üppig gedeihendem Schmetterlingsflieder, von Springkraut und Goldrute. «Beim Japanischen Staudenknöterich haben wir noch in 2,5 Metern Tiefe Rhizome gefunden. Zudem wurde chemische Belastung durch die Vorbesitzer festgestellt, etwa durch Fremdstoffe wie Lederabfälle. Den Boden konnten wir nur noch entsorgen.» Also wurde erst einmal kartiert, gerodet und alle Grünabfälle in die Kehrrichtverbrennung gebracht. «Selbstverständlich mit gedeckten Lastwagen, damit keine Verschleppung stattfindet.» Im kommenden Jahr erfolgte eine weitere Rodung und dann erst begannen die Aushubarbeiten.
Sorgfältige Kartierung ist grundlegend für den Erfolg der Sanierungsmassnahmen. Im Winter sieht man schliesslich von Pflanzen wie der Goldrute oder dem Staudenknöterich nichts. Dabei genügt es nicht, die betroffenen Gebiete auf den Plänen einzuzeichnen. Sie müssen auch vor Ort dauerhaft und für alle klar markiert werden. Bei Gruner behilft man sich mit Bodenmarkierungen aus der Spraydose. Passend zur Blütenfarbe benutzt man zum Beispiel gelb für Goldrute, rosa für den Schmetterlingsflieder. «Wir schlagen auch farbige Pflöcke ein. Teilweise markieren wir ganze Pflanzen farblich, damit die Leute vor Ort Bescheid wissen, und natürlich verorten wir die Bestände auch in den Plänen», erläutert Schachenmann.
Bautrassee nicht verlassen
Gute Organisation half, die Kosten einzudämmen. «Wir haben alles mit einem Bagger erledigt. So konnten die LKW auf dem versiegelten Bautrassee rückwärts heranfahren. Lediglich der Bagger war im umgegrabenen Neophytenbereich unterwegs», so Schachenmann. Das ersparte viel Reinigungsaufwand, da nur dieser nach Abschluss der Arbeiten vorschriftsmässig gesäubert werden musste.
Insgesamt wurden 8000 Kubikmeter Aushub und Grünmaterial abtransportiert. Das Grüngut kam in die Kehrrichtverbrennung, der Rest musste auf der Deponie abgelagert und fünf Meter hoch überschüttet werden. Es hat sich gelohnt. «Zurzeit gibt es dort keine Bestände mehr», berichtet der Umweltbaubegleiter.
Den grössten Aufwand erforderten dabei Geländeteile, die mit Knöterich durchsetzt waren. Schachenmann fasst zusammen: «Erdreich aus Knöterich-Gebieten darf nur anderweitig eingebracht werden, wenn es mindestens fünf Meter hoch überdeckt wird. Natürlich muss das Erdreich bei der Deponie angemeldet werden.»
Vorgängig wurden auf der Baustelle zudem alle Rhizomstücke ab der Grösse eines Fünffrankenstücks entfernt. «Bei einem dichtem Bestand ist das nicht zu machen und sowieso kaum noch Boden zwischen den Rhizomen. Da liefern wir die oberen 20 Zentimeter Boden direkt in die Kehrrichtverbrennung», räumt Gregori ein.
Am besten hat sich bewährt, die Strünke mit dem Bagger abzuziehen oder mit dem Pickel zu lösen. Dann kann der Boden schichtweise mit dem Bagger abgetragen werden und die grösseren Stücke kann man von Hand entfernen. Die Rhizome leuchten orange aus dem Boden und sind daher gut zu finden. Der aufwändige Prozess lohnt sich, denn so wird der organische Gehalt deutlich verringert, «und das Material kann auf der Deponie in den geforderten zehn Jahren Ablagerung inaktiviert werden», so Gregori.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Sascha Gregori zeigt anschaulich, wie viel Luft in den Stängeln des Japanischen Staudenknöterichs ist: «Wir entsorgen grössere Bestände meist in Pressmulden. Dann hält sich das Volumen in Grenzen.»
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