Mit der Höhe steigt das Risiko
Hochhäuser können ein Instrument für verdichtetes Bauen in den Zentren sein. Grünzonen können so erhalten bleiben, es entstehen Begegnungsräume für unterschiedliche Nutzer. Wenn sie attraktive Wohn-, Geschäfts- und Freizeitnutzungen in einem Gebäude zusammenfassen, stellen sie ein Mittel zum nachhaltigen Bauen dar. Trotzdem ist der Nutzen von Hochhäusern umstritten.
Hochhäuser entstehen in der Schweiz nicht mehr primär als Folge des wirtschaftlichen oder demografischen Booms – etwa als effiziente Nutzung teuren Baulands –, sie folgen vielmehr gesellschaftlichen Trends. Der treibende Faktor heute ist das Comeback eines urbanen Lebensstils. Tatsächlich besitzen die kleineren Schweizer Hochhäuser – als Bebauungsform – nur selten eine höhere Dichte als Blockrandbebauungen oder der Zeilenbau. Aber sie bieten offene Grundrisse, viel Prestige und eine gute Aussicht. Aus städtebaulicher Sicht weisen sie jedoch auch Nachteile auf: die teilweise schwierige Integration der Hochhäuser ins Quartier sowie die Veränderung des Mikroklimas, beispielsweise durch Fallwinde, den hohen Verschattungsgrad umliegender Bauten oder die Unterbrechung von Sichtachsen. Zudem gibt es heute kaum mehr Hochhausprojekte für weniger kaufkräftige Nutzer.
Fehlende soziale Durchmischung
Neubauprojekte versprechen oftmals eine spannende funktionale Durchmischung von Wohn- und Geschäftsnutzungen, sie bieten aber selten eine soziale Durchmischung. Während bei anderen Bautypologien die Kombination von Miet- und Eigentumswohnungen und von verschiedenen Nutzungsgruppen möglich ist (Familien, Geschäftsleute, Senioren, Singles usw.), wird die Integration solcher Gruppen durch vertikale Erschliessungsprobleme und die Nicht-Teilbarkeit des Investitionsobjektes «Hochhaus» erschwert.
Limitiertes Spektrum potenzieller Investoren
Ausser bei sehr hohen und zentral gelegenen Bauten wie dem Prime Tower oder dem Messeturm ist die Bodennutzung der Schweizer Hochhäuser nicht wesentlich besser als bei anderen Bautypen; die Ausnützungsziffer liegt im Median bei lediglich 2.7. Die durchschnittliche Nutzfläche pro Obergeschoss variiert bei den meisten Hochhäusern zwischen 250 und 650 Quadratmetern (HNF). Die aktuellen Projekte weisen tendenziell eine hohe Anzahl Geschosse und – aus statischen und Effizienzgründen – auch eine grosse Etagenfläche auf.
Aufgrund von aufwändigen vertikalen Erschliessungen – multifunktionale Gebäude benötigen mehrere Treppenhäuser und Fluchtwege – ist der Nutzflächen-Koeffizient (Nutzflächen im Verhältnis zu den Geschossflächen) bei Hochhäusern tendenziell tief. Mit optimalen Grundrissen kann in einem Hochhaus ein Nutzflächen-Koeffizient zwischen 0.70 und 0.80 erreicht werden. Bei multifunktionalen Bauten mit mehreren Erschliessungskernen sind die Verkehrsflächen tendenziell grösser als bei monofunktionalen Konstruktionen. Insgesamt kann in einem modernen Hochhaus deshalb zwar eine akzeptable, aber keine ausgezeichnete Flächeneffizienz erreicht werden, die einen Nutzflächen-Koeffizienten von über 0.80 bedingen würde.
Höhere Baukosten
Der Nutzflächen-Koeffizient ist ein wichtiger Bestimmungsfaktor der Bau- und Unterhaltskosten pro vermietbare Fläche. Schwere Tragstrukturen, aufwändige Ingenieurleistungen und Materialien sind ebenfalls zusätzliche Kostentreiber bei hohen Bauten. Der Zuschlag gegenüber einfachen Bautypologien ähnlicher Dichte beträgt mindestens 15 Prozent der Kosten im Bereich der SIA-Baukostenposition 2.
Höhere Realisierungsrisiken
( Hervé Froidevaux)