13:28 BAUPRAXIS

Mehrgenerationenhaus in Altendorf SZ: Decken aus Holz und Lehm

Teaserbild-Quelle: Roland Bernaht

Von Allschwil im Baselbiet an den Zürichsee: Für ein Mehrgenerationenhaus im schwyzerischen Altendorf wurden die Holz-Lehmdecken, die für das Hortus-Projekt in Allschwil entwickelt worden sind, an die Bedürfnisse des Wohnungsbaus angepasst. Ein Augenschein vor Ort.

Das Innere des Mehrfamilienhauses mit Stampflehmdecke in Altendorf.

Quelle: Roland Bernaht

Das Innere des Mehrfamilienhauses mit Stampflehmdecke in Altendorf.

Seit der Mensch sesshaft ist, lebt er in Unterkünften aus Lehm oder Lehmziegeln. Das ist auch heute noch in den meisten Teilen der Welt der Fall. Mit Ausnahme des globalen Westens – in Europa und Nordamerika. Hier ist der bewährte Baustoff in Vergessenheit geraten. Doch nun, im Zuge der allseits geforderten Ressourcenschonung, erlebt Lehm eine Renaissance.

Beton und Zement wurden ab Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa und Nordamerika flächendeckend für Plattenbauten und Hochhäuser, aber auch einfache Einfamilienhäuser verwendet. Dass man den Lehmbau vernachlässigt und sich moderneren Techniken zugewandt hat, lässt sich auf einen Hauptgrund zurückführen: «Die Energie war in den vergangenen Jahrzehnten unglaublich günstig», erläutert Architekt Stanislas Zimmermann. Dass man die Beton-Bestandteile Kies und Sand um die halbe Erde transportiert, fiel deshalb bisher nicht gross ins Gewicht. «Aber Kies und Sand sind nicht unendlich vorhanden.» Gerade bei Sand macht sich der Mangel bemerkbar: Inzwischen wird er vom Meeresboden abgesaugt – ohne Rücksicht auf Pflanzen und Lebewesen, die am Grund des Ozeans leben. Leider eignet sich der zuhauf vorhandene Wüstensand wegen der Form seiner Körner nicht, um Beton und Zement herzustellen.

Auch Kies wird zur Mangelware: Der Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie sagte bereits vor zwei Jahren: «Zurzeit können wir der Nachfrage in der Schweiz noch weitgehend nachkommen - in Zukunft wird dies aber kaum mehr möglich sein.» Man gehe davon aus, dass die Probleme mit dem Kiesnachschub schon in fünf bis zehn Jahren zunehmen werden. «In einem Ranking zu den Schweizer Unternehmen, die am meisten CO2 emittieren, belegten Zementfirmen die ersten drei Plätze. Das besagt eine Studie des Carbon Disclosure Project aus dem Jahr 2019», weiss Architekt Stanislas Zimmermann. «Alle Baumaterialien, die gebrannt oder geschmolzen werden müssen, wie Backsteine, Beton oder Stahl, brauchen extrem viel Hitze, und enthalten damit viel graue Energie», erläutert er. Dazu kommen lange Transportwege.

Lehm hingegen ist praktisch überall vor Ort vorhanden. Die Lieferwege sind kurz und die Herstellung der Lehmziegel braucht wenig Energie. Das Zürcher Architektenbüro «jomini & zimmermann» hat eben in Altendorf SZ ein Haus verwirklicht, das zum grössten Teil aus Holz und Lehm besteht. Zimmermann: «Bislang war es eine körperlich harte Arbeit, die Ziegel zu pressen. Doch seit die Schweizer Firma Terrabloc eine Maschine konstruiert hat, die erdhaltigen Aushub zu gepressten Lehmsteinen verarbeitet, sind diese zu einer veritablen Alternative von Beton und Co. geworden.»

Sichtmauerwerk aus Lehmsteinen 

Die Innenwände des Hauses sind zum grössten Teil Sichtmauerwerk aus Lehmsteinen. Sie bieten viel thermische Speichermasse und können die Luftfeuchtigkeit ausgleichen. Die Fassadenwände bestehen aus konventionellem Holzrahmenbau ohne innere Verkleidung, um eine gute Wärmedämmung und tiefe Baukosten zu erreichen. Sowohl die Holzwände, wie auch die Lehmsteine haben auch unverkleidet einen optischen Reiz und bleiben daher sichtbar. Der Lehm ist in der Natur in zahlreichen Farben – von tonerdig über weiss bis rot – vorhanden und kann optisch auf das Holz abgestimmt werden.

Terrabloc arbeitet seit Jahren mit Lehmziegeln. Was es bisher nicht gab, waren Decken aus Stampflehm. Diese Lücke hat die Schweizer Firma Rematter – spezialisiert auf Roboter im Baubereich – nun geschlossen. Ihre Deckenelemente bestehen aus einer Schicht Stampflehm, getrennt durch Holzbalken, welche die Statik der Deckenkonstruktion übernehmen. Die Zwischenräume aus Lehm sind gewölbt und selbstragend.

Wand aus Lehmziegelsteinen.

Quelle: Aurelliano Ramella

Wand aus Lehmziegelsteinen.

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