Kunst am Bau vom Aldi-Tüten-Schöpfer Günter Fruhtrunk droht in Düsseldorf das Ende
Künstler Gunter Fruhtrunk, Schöpfer der Aldi-Nord-Plastiktüte, hatte für das Audimax der Fachschochule Düsseldorf monumentale Kunst am Bau geschaffen. Weil dem Gebäude der Abbruch droht, steht auch das gigantische Fliesenmosaik vor dem Aus.
Quelle: Klaus Graf, eigenes Werk, CC0
Entfernt erinnert die Fassadengestaltung des Audimax der Fachhochschule Düsseldorf zum Teil an die Aldi-Nord-Tüte.
Mit der Kampfansage der Grossverteiler an Plastiktüten und -seckli dürfte nach und nach ein Kulturgut verschwinden. Immerhin ist die eine und andere dieser Wegwerftaschen zur Legende geworden und schaffte es in Designsammlungen. In der Schweiz gilt das zum Beispiel für den ABM-Sack mit den orange- respektive magentafarbenen Punkten – das Werk des Schweizer Grafikerduos Ernst und Ursula Hiestand ist in der Kollektion des Museums für Gestaltung Zürich vertreten.
In Deutschland wurde diese Ehre unter anderem der Aldi-Nord-Tüte zuteil: Ihr blauweisses Streifenmuster ist legendär, entworfen hatte es Günter Fruhtrunk (1923-1982), einer der wichtigsten Vertreter Konkreter Kunst in Deutschland, in den 60er-Jahren im Auftrag des Discounters. Heute lässt sich seine Kreation etwa in der digitalen Sammlung des Landesmuseums Baden-Württemberg bewundern. Wie der ABM-Sack ist auch die klassische Aldi-Nord-Tüte heute nicht mehr in Gebrauch. Immerhin schmückt ihr Muster die Mehrwegeinkaufstasche - allerdings hat diese ein anderes Format als die alte Tüte.
700 Quadratmeter Fliesen für das Audimax
Quelle: Klaus Graf, eigenes Werk, CC0,
Detail der Fassade des Audimax der Fachhochschule Düsseldorf.
Das prägnante Muster taucht zurzeit noch anderswo auf, oder vielmehr Anleihen davon: Fruhtrunk hatte 1969 für das Audimax der Fachhochschule Düsseldorf auf dem Campus Golzheim in Nordrhein-Westfalen eine Fassadengestaltung entworfen, die an das blauweisse Muster seiner Einkaufstüte erinnert. Doch die 700 Quadratmeter grosse Kunst am Bau, deren Fliesen das gesamte Gebäude umhüllen, droht das Ende. Denn das Audimax soll einem Neubau weichen, in dem Teile der Bezirksregierung sowie die Musikhochschule einziehen sollen. In den Unterlagen des Architekturwettbewerbs hiess es, dass für Fruhtrunks Werk bisher keine Verwendung gefunden werden konnte und es optional im Neubau wiederverwendet werden könne oder dass sonst abgebaut und eingelagert wird.
Der drohende Abbruch des Gebäudes sorgt bei Fachleuten aber auch bei Kunst- und Architekturinteressierten für heftige Proteste. Sie fordern in einem Apell, hinter dem unter anderem der Bund Deutscher Architekten, Fridays for Future Düsseldorf und die Günter Fruhtrunk Gesellschaft stehen, das Bauwerk zu erhalten. Dies nicht nur aus denkmalpflegerischen Gründen, sondern auch wegen des Klimaschutzes. Die Unterzeichnenden sind der Auffassung, dass das Audimax in die Pläne für den neuen Campus integriert werden kann, zum Beispiel als Fahrradparkhaus, als Archiv oder als multifunktionaler Saal. Dafür sei eine Anpassung der erstplatzierten Entwürfe aus den Architekturwettbewerben von 2022 und 2024 nötig, die an dieser Stelle einen Freiraum vorsähen.
Rettet der Denkmalschutz Günter Fruhtrunks Werk?
Quelle: Klaus Graf, eigenes Werk, CC0
Das Mosaik aus Fliesen umfasst das gesamte Gebäude.
Vergangenen Frühling hat das Amt für Denkmalpflege beim Landschaftsverband (LVR) den Denkmalwert des Baus festgestellt und bei der Bezirksregierung eine Unterschutzstellung beantragt. Sven Kuhrau, Referent des Amtes, merkte dazu im Magazin «Denkmalpflege im Rheinland» an: «Selten gehen Architektur und Kunst am Bau eine Symbiose ein, die es unmöglich macht, beide voneinander zu trennen.» Fruhtrunks Düsseldorfer Fassadengestaltung sei so ein Fall. Zudem bildet der Bau laut Kuhrau auch einen «Blickfang in einem städtebaulich zerzausten Umfeld». – Ob der Bau unter Denkmalschutz gestellt und gerettet wird, dürfte sich demnächst zeigen. (mai)