08:04 BAUPRAXIS

Interview mit Ferdinand Ludwig: «Wir müssen die gesamte Bauindustrie dekarbonisieren»

Geschrieben von: Simone Matthieu
Teaserbild-Quelle: Biocom AG

Architektur und Natur sollen verbunden werden, indem lebende Bäume Teil eines Bauwerks – hauptsächlich im städtischen Bereich – werden. Ferdinand Ludwig, Begründer des Begriffs Baubotanik, erklärt dem Baublatt, warum diese Bauweise nicht nur ein ästhetisches Plus ist, sondern auch eine praktikable Lösung, um Hitzeinseln in Ballungsräumen zu verhindern.

Ferdinand Ludwig

Quelle: Biocom AG

Ferdinand Ludwig ist Professor an der Technischen Universität München.

Zusammen mit anderen Stadtbegrünungs-Ansätzen könnte die Baubotanik in Zukunft die urbane Gestaltung verändern. Die Idee, Baubotanik zum Klimaschutz im Sinne einer CO2-Speicherung heranzuziehen, weist Ferdinand Ludwig jedoch als Greenwashing zurück. – Er ist Professor für Grüne Technologien in der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität München.

Herr Ludwig, wann haben Sie einen Bedarf für die Baubotanik erkannt?
Den Begriff prägten wir zwischen 2005 und 2007. Das war am Anfang eine ganz kleine, studentische Initiative. Dahinter stand keine dicke Firma, sondern ich mit Kommilitonen. Wir schrieben darüber und setzten erste Projekte um, wie den baubotanischen Steg in Wald-Ruhestetten (D), im Jahr 2005. Das Thema habe ich also schon als Architektur-Student an der Uni Stuttgart aufgegriffen, weil mich historische Beispiele faszinierten. Und, wenn Sie das als Bedarf sehen wollen, hatte ich die Hypothese, dass diese historischen Beispiele, aber auch die ersten Adaptionen aus der Ökoarchitektur-Bewegung grundsätzlich ein Potenzial für die Klimawandel-Anpassung oder für die Stadtgestaltung mit grüner Architektur haben. Das war bisher nicht erkannt und systematisch erforscht worden. Deshalb habe ich mich dahintergeklemmt und 2012 meine Promotion darüber geschrieben.

Was war der Schlüsselmoment?
Während meines Studiums bin ich in Zeitschriften und Büchern auf historische Beispiele gestossen, die mich sehr stark fasziniert haben. Die habe ich recht bald besucht, etwa die Tanzlinde in Peesten (In der Baumkrone befindet sich eine Aufenthaltsplattform, die von steinernen Säulen gestützt wird, A. d. Red.). Etwas später, so um 2009, bin ich auf die lebenden Brücken der Khasi in Indien gestossen (die aus lebenden Luftwurzeln des Gummibaums Ficus bestehen, A. d. Red.). Diese lebendigen Bauwerke zu sehen, hat mich zusätzlich angetrieben.

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