Ihre jahrhundertealte Handwerkskunst ist bei den Jungen hoch im Kurs
Aline Dold führt einen von 16 Schweizer Betrieben für Glasmalerei. Als Restauratorin alter Werke gilt sie international als gefragte Expertin. Doch ihr Handwerk liesse sich auch bestens mit moderner Architektur kombinieren, findet sie.

Quelle: Peter Weiss
Die Glasdoktorin: Aline Dold in ihrem Atelier am Stadtrand von Winterthur. Hauptsächlich widmet sie sich, wie hier im Bild, der Restaurierung alter Glaskunstwerke. Den Engel im Hintergrund aber hat sie selbst erschaffen.
«Hier sind Sie richtig, kommen Sie ruhig rein», ruft Aline Dold aus dem anderen Ende ihres Ateliers freundlich zu. Die Tür stand offen, eine Klingel hatte der verdutzte Besucher im Gang vergebens gesucht. Hier, im Parterre eines historischen Fabrikgebäudes, das einst zur Spinnerei Hard im Nordwesten Winterthurs gehörte, hat der Betrieb der Glasmalerin 2024 ein neues Zuhause gefunden. Gegründet hatte Dold ihn schon 20 Jahre früher.
Auf einem von zwei grossen Werktischen aus klobigem Holz liegt eine rund 120 Jahre alte Verbleiung aus dem Entrée einer Winterthurer Jugendstil-Villa. Zur Sprungsicherung, Reinigung sowie zum Ausgleichen einer Ausbuchtung sei das Stück schon seit sechs Monaten in ihrer Obhut, erklärt Dold. In einem Eck des weiten Raumes mit den hohen Decken steht eine Glasskulptur, welche sie selbst angefertigt hat. «Das ist die kleine Version des Engels», verrät sie mit einem Lächeln. «Der über zwei Meter grosse steht bei uns daheim vor dem Haus.» An einem Fenster brechen zwei bunte, vorgehängte Glasbilder als eine Art moderner Sichtschutz die Sonnenstrahlen. An einem andern fängt eine Palette aus kleinen Glas-Quadraten in verschiedensten Farben das Licht ein.
Die Technik aus dem 14. Jahrhundert
Aline Dold sitzt am anderen Holztisch. Ihr hochkonzentrierter Blick nach unten gilt einer farbigen Wappenscheibe. Genauer gesagt, den darin enthaltenen Konturen. «Ich prüfe, ob, sie so schwarz sind, wie sie sein müssen», schildert sie. «Nachher kommt die Scheibe zum Einbrennen bei 600 Grad Celsius in den Brennofen – die Technik ist seit dem 14. Jahrhundert die gleiche.» Einzig abgesehen davon, dass sie den Ofen heutzutage nicht mit Holzkohle, sondern mit elektrischem Strom heize. Den künftigen Besitzer oder die Besitzerin der Scheibe kenne sie nicht – schliesslich führe sie die Arbeit im Auftrag eines Berufskollegen aus. «Er ist gerade anderweitig stark ausgelastet – wir helfen einander regelmässig aus», verrät Dold. Das gelte nicht nur für ihre beiden Betriebe, sondern für alle verbliebenen 16 Glasmaler in der Schweiz.
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