11:23 BAUPRAXIS

Empa-Forscher entwickeln Strassenbelag mit Faden statt Bitumen

Teaserbild-Quelle: Empa

Forscher der Empa untersuchen derzeit, wie sich Strassenbelag ohne Bitumen realisieren lässt. Statt mit Bindemittel sollen die Schotterschichten im Belag mit einem Bindfaden zusammengehalten werden – und damit umweltverträglicher sein.

Als ein Kunst- und Forschungsprojekt sollte vor über drei Jahren mit dem «Rock Print Pavilion» vor dem Gewerbemuseum in Winterthur die Kraft digitaler Bauprozesse demonstriert werden. Die damalige Installation bestand aus hohen Stelen aus Schotter, die von einem mobilen Roboter mittels eines eingewobenen Bindfadens aufeinandergetürmt wurden.

Das Projekt des Gramazio Kohler Research Labs der ETH Zürich zeigte damit auf, dass nur durch die Verzahnung und Verspannung des Schotters mittels Bindfaden enorme Stabilität erreicht werden kann – ganz ohne Zement. Tests im Labor zeigten ausserdem, dass Schotterstelen mit einer Höhe von 80 Zentimetern und einem Durchmesser von 33 Zentimetern einem Druck von 20 Tonnen standhalten konnten.

Erstmals digitale Bauweisen im Strassenbau

Das Grundprinzip der Schotter-Installation lieferte die Idee zu neuen robotergestützten Bautechniken für den Strassenbau, wie die Empa mitteilt. Denn auch Asphalt besteht aus Gestein verschiedener Grösse und dem Bindemittel Bitumen. So übertrugen die beiden Empa-Forscher Martin Arraigada und Saeed Abbasion aus der Abteilung «Concrete & Asphalt» das Grundkonzept des Pavilions auf den Strassenbau.

«Wir wollen herausfinden, wie man einen recyclingfähigen Belag in Zukunft herstellen könnte. Dabei setzen wir auch erstmalig digitalisierte Bauweisen im Strassenbau ein», so Arraigada in der Mitteilung. Ein Schnur-verstärkter Strassenbelag, der ohne Bitumen auskommt, verspricht hierbei einige Vorteile. Denn Bitumen wird aus Erdöl gewonnen, wodurch bei der Herstellung und auch später beim Gebrauch Luftschadstoffe freigesetzt werden.

Bitumen macht den Asphalt zudem undurchlässig für Regenwasser und anfällig für Risse und Verformungen. Auch das liesse sich mit dem Schnur-Belag überwinden. Die Forscher könnten sich aber auch vorstellen, dass Gestein eingesetzt wird, welches für den Strassenbau sonst nicht geeignet, dafür aber weniger rar ist. Mit dem Verfahren wäre laut Empa nicht zuletzt auch ein ausrollbarer und recyclingfähiger Belag denkbar.

Ein Bindfaden und loser Schotter

Die Forscher überprüfen derzeit anhand verschiedener Experimente Lösungen für die genannten Aspekte. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der Roboterarm. Dieser legt den Bindfaden in einem bestimmten, einprogrammierten Muster auf übereinander geschichtete Schotterlagen. Für die mechanischen Tests werden fünf solcher Schotter-Schichten und Fadengewebe in einer Versuchsbox übereinandergelegt.

Der Boden der Box ist dabei mit einer Gummimatte ausgelegt, die das ganze Paket auf dem Untergrund fixiert und parallel dazu das verformbare Bett simuliert, auf dem der Strassenbelag aufgebracht wird. Beim eingesetzten Bindfaden handelt es sich zudem tatsächlich um genau denjenigen, den jeder Schweizer fürs Papierbündeln verwendet. Damit würden die Forscher völlig neue, kostengünstige Wege bestreiten.

Mechanische Tests und Modellierung

Das Schotter-Bindfaden-Paket wird anschliessend mit einer rotierenden Platte und mit Druck belastet. Der Belastungstest zeigt: Durch die Verstrickung der einzelnen Steine mit dem Faden hält das Paket einem Druck von 5 Kilonewton – also einer halben Tonne – stand, ohne dass sich die Steine stark verschieben. Normalerweise übernimmt genau diese Aufgabe der Bitumen im Asphalt.

Parallel zu ihren Laborversuchen modellieren die Forscher alles im Computer in 3D mittels «Discrete Element Method» (DEM), wie die Empa weiter mitteilt. Hier soll sich die Verschiebung der einzelnen Steine zeigen und welche Zugkräfte auf den Faden einwirken – etwas, das im Labor nicht untersucht werden kann. Daneben werden auch verschiedene Muster und Maschenweiten sowie deren Auswirkungen auf die Stabilität des Belags näher untersucht.

Ein anwendungsreifes Produkt, das im Strassenbau eingesetzt werden könnte, gibt es laut Empa zwar noch nicht. Doch die Grundlagenarbeit liefere viel Innovationspotenzial, um mit einfachen Mitteln einem rezyklier- und vielleicht auch ausrollbaren Strassenbelag näher zu kommen. (mgt/pb)

Weitere Informationen: www.empa.ch

Labor Bauhalle Empa

Quelle: Empa

In mehreren Testreihen untersuchen die Empa-Forscher diverse Muster.

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