Forschungsprojekt: Hänge mit Holzwolle sichern
Seit Jahrhunderten sichern Reisig- und Rutenbündel - oder vielmehr Faschinen - Hänge und Ufer. Sie schützen vor Erosionen oder Rutschungen. Ob sich auch Holzwolle eignet ist Gegenstand eines Forschungsprojekts des Instituts für Bauen im alpinen Raum der Fachhochschule Graubünden.
Quelle: Paebi. eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Faschinen an der Glatt im Kanton Zürich.
Eine Alternative zu Reisig, Ruten und Holz könnten Faschinenelemente aus Holzwolle sein, die sich von Hand formen und verlegen lassen. Solche Faschinen kommen bereits seit Jahren in den USA zum Einsatz. Ein Forschungsprojekt des Instituts für Bauen im alpinen Raum der Fachhochschule Graubünden untersucht nun, ob sich Holzwolle auch für Faschinen in der Schweiz eignet. Das Material dazu produziert Lindner Suisse aus Wattwil, die Wirtschaftspartnerin des Projektes. Die Tessiner Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (Supsi) fungiert als Forschungspartnerin. – Das Projekt ist ein Folgeprojekt des erfolgreich abgeschlossenen Projekts «Erosionsschutz mit Schweizer Holzwolle».
Von der Hangsicherung bis zur Schutzbaute
Bei Faschinen wird zwischen Totholzfaschinen und
Lebendfaschinen unterschieden. Das heisst, je nachdem ob sie sich aus Reisig zusammensetzen,
das nicht austreibt, oder aus Laubholz, das noch Wurzeln schlagen kann.
Faschinen bestehen aus groben und feinen Ästen, die jeweils mittels Draht, Schilf oder einem Metallband zu walzenförmigen Bündeln zusammengebunden werden, und haben einen Durchmesser bis zu 50 Zentimetern. Die verwendeten Äste sind in der Regel zwischen 2 und 8 Zentimeter dick und bis zu 6 Meter lang. – Ist nicht genügend austreibfähiges Astwerk vorhanden, können Faschinen auch einen Anteil an Totholz enthalten, allerdings sollte dieser 50 Prozent nicht übersteigen. - Faschinen lassen sich vorgängig produzieren und damit auch schnell vor Ort verlegen. Werden austreibfähige Faschinen verbaut, verbinden sie sich im Laufe der Zeit mit dem Erdboden, was ihre Stabilität erhöht.
Quelle: Fachhochschule Graubünden
Hangfaschine aus totem Reisig.
In der Ingenieurbiologie haben sich diese natürlichen Infrastrukturen bewährt: Ihr Einsatzgebiet reicht von der Sicherung von Hängen und der Befestigung von Ufern bis hin zu militärischen Zwecken, zum Beispiel, um Gräben zu verfüllen oder Schutzbauten zu errichten. Hierbei werden jedoch zunehmend Faschinen aus Kunststoffen verwendet.
Holzwolle statt Reisig und Holz
Schweizer Holzwolle wird nach einem weltweit anerkannten
Standard produziert. Als ein naturbelassener Werkstoff wird sie aus
verschiedenen Schweizer Hölzern hergestellt. Für die Faschinen, die im Rahmen des
Forschungsprojekts der Bündner Fachhochschule getestet werden, kommen auch
Spezialhölzer aus dem Tessin zum Einsatz.
Mögliche Einsatzgebiete sieht das Forschungsteam im Wasserbau und bei Hangverbauungen als Alternative oder Ergänzung zu traditionellen Holzbündelfaschinen. Dabei wird die Holzwolle in ein Gewirke aus Naturfasern eingefüllt.
Quelle: Fachhochschule Graubünden
Hangfaschine aus Holzwolle.
Dieses Produkt ist aber keine Faschine im herkömmlichen Sinn, weil es aus Holzfasern und nicht aus Reisig besteht. Aufgrund der nur losen Verbindung der Holzwollefasern sind Holzwollefaschinen formbar und können so an die spezifischen Gegebenheiten ihres Standorts angepasst werden. Verlegt werden sie allerdings ähnlich wie die traditionellen Faschinen: die Elemente werden mit Holzpflöcken oder Stahlstäben am Verwendungsort fixiert und zusätzlich mit einem Sisalseil gesichert.
Stecklinge für die Stabilität
Damit auch die Holwollefaschinen mit dem Grund verwachsen können, werden sie mit Stecklingen versehen, die zu Beginn geschützt in der Holzwolle wurzeln können. Alle verwendeten Materialien der Schweizer Holzwollefaschine sind biologisch abbaubar, die Holzwolle verrottet nach einigen Jahren zu Humus. - Einfaches Handling und Logistikoptimierung sind weitere Themen, um die es bei der Entwicklung der Holzwollefaschine geht.
Faschinen aus Holzwolle sind in der Schweiz noch relativ unbekannt. Die bisher gemachten Erfahrungen und die jahrzehntelange Anwendung in den USA zeigten jedoch, dass diese nachhaltige Variante Potenzial habe, schreibt die Bündner Fachhochschule in ihrer Medienmitteilung. Erste Versuche auf dem Areal der Herstellerin sowie am Zürichsee haben bereits stattgefunden und einige erfolgversprechende Ergebnisse sind am Institut für Bauen im alpinen Raum der Fachhochschule Graubünden aufgenommen worden. (mai/mgt)