Forschung an der HSLU: Eine lebendige Solarfassade
Textildesign und Photovoltaik: Wie geht das zusammen? Hervorragend, wie eine Demowand in der Viscosistadt in Emmenbrücke zeigt. Farbige Solarpanels fügen sich visuell in ihre Umgebung ein und sorgen so für mehr Akzeptanz der Technologie.
Quelle: HSLU
Unterschiedliche Rasterungen sorgen für Lebendigkeit.
Zehn
Quadratmeter Fläche bedeckt mit Photovoltaikmodulen – eigentlich nicht der Rede
wert, wären diese Panels nicht farbig. Von Ockergelb bis Ziegelrot, von
Elfenbeinweiss bis Taubenblau: In insgesamt 78 verschiedenen Farben und
Helligkeiten erstrahlt ein Stück Fassade in der Viscosistadt in Emmenbrücke.
Dabei handelt es sich um eine Demowand, die im Rahmen des
Innosuisse-Forschungsprojektes «Solar Design Tools» entstand.
«Die
heutige Solartechnologie ist technisch zwar weit fortgeschritten, bei deren
Verbreitung hapert es aber noch und sie hinkt ihrem Potenzial hinterher», sagt
die verantwortliche Co-Projektleiterin Brigitt Egloff. Dies läge unter anderem
auch an der derzeit noch tiefen Akzeptanz von Solarpanels an sichtbaren
Gebäudehüllen wie Fassaden und Steildächern. «Die üblichen schwarzen
Solarmodule genügen selten den Anforderungen des Ortsbildes oder des
Landschaftsschutzes: Sie wirken bezüglich Form und Farbe technoid und uniform,
setzen einen unwillkommenen Kontrast zu ihrer Umgebung.»
Damit
die Sanierung des Schweizer Gebäudeparks im Sinne der Energiestrategie 2050
vorangehen könne, sei es daher zentral, dass Photovoltaik künftig auch in einer
Vielzahl von Umgebungen genutzt werden kann.
Planungs- und Gestaltungstool für Architektinnen und Bauherren
Ein
Lösungsansatz findet sich im transluzenten, sprich lichtdurchlässigen digitalen
Keramikdruck auf dem Deckglas von Solarmodulen. Lichtdurchlässig deshalb, weil
die Panels sonst keine Energie produzieren können. Und da liegt auch einer der
bisherigen Knackpunkte des Verfahrens: Das Bedrucken führt zu Einbussen bei der
Stromeffizienz. «Darüber hinaus ist der Wunsch nach farbigen Solarmodulen im
Moment mit hohen Produktionskosten verbunden, weil derzeit noch viele Versuche
notwendig sind, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt», sagt Brigitt
Egloff.
Ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Designerinnen, Informatikern und Technikfachleuten, arbeitet daher daran, ein Planungs- und Gestaltungstool zu entwickeln, womit die Entwurfs- und Umsetzungszeit wesentlich verkürzt werden kann. Dabei können bereits Aussagen über die Ästhetik als auch die zu erwartende Energieeffizienz gemacht werden.
Quelle: HSLU
Unterschiedliche Rasterungen sorgen für Lebendigkeit.
Optische Farbmischung für mehr Lebendigkeit
Das
Zauberwort beim Bedrucken der Solarpanels heisst optische Farbmischung. Die
Textildesignerin Brigitt Egloff erklärt: «Wir arbeiten mit sechs Farben. Diese
bringen wir in unterschiedlichen Rasterungen – vergleichbar mit Tupfen – dicht
nebeneinander an; so dicht, dass optisch aus Gelb und Rot Orange wird.» Dies
habe den Vorteil, dass damit genau jene Lebendigkeit erreicht werden könne, die
für den Einsatz auf Fassaden und Steildächern notwendig ist. «Die bisherigen
monochromen Panels wirken «flach» und entsprechen so nicht den verbauten
Baumaterialien, die auch mal uneben, unregelmässig und verschiedenfarbig sind.»
Die Textildesignwissenschaft sei geradezu prädestiniert für solch eine Aufgabe.
«Wir wissen, wie wir mit einer limitierten Farbpalette zu arbeiten haben, dazu
in grossen Flächen, ohne dass es monoton wirkt.»
Chancen für den Denkmalschutz
Mit
den Modulen an der Demowand in Emmenbrücke können die Farbnuancen, deren
Wirkung und die Energieerzeugung der Solarpanels nun in der Praxis getestet
werden. Die dabei produzierte Energie wird in das bestehende Netzwerk der
Viscosistadt eingespeist. Zudem arbeitet das Forschungsteam auch an der
Umsetzung konkreter Installationen, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem
Verkehrshaus in Luzern. Das Museum baut in seinem «House of Energy» eine
solarbetriebene Handyladestation für die Besuchenden – mit farbigen Panels,
welche zusammen mit HSLU-Studierenden entwickelt wurden.
Auf
dem Dach des Hotels Drei Könige in Luzern ist die HSLU an einem weiteren
Anwendungstest beteiligt. «Bei der Farbkonzeption der PV-Anlage für einen Teil
des Daches ist nicht das Ziel, die Ziegel eins zu eins zu kopieren», erläutert
Brigitt Egloff. Vielmehr gehe es darum, die Solaranlage in die Dachlandschaft
des Quartiers einzupassen. Im Austausch mit der Denkmalpflege soll ein Mockup,
sprich Testmodell, für ein lebendig wirkendes Solardach erstellt werden. Die
optischen Farbmischungen und die voraussagbare Energieeffizienz erfüllten dabei
sowohl die Ansprüche des Denkmalschutzes als auch diejenigen des
Hotelbesitzers.
Durch die Verwendung der neuen bedruckten Solarpanels soll künftig der Einsatz von Solarmodulen auch in sensibler Umgebung möglich werden, so Brigitt Egloff. An Orten also, wo dies bislang nicht angezeigt war. «Dies erlaubt schliesslich, den notwendigen Ausbau der Photovoltaik schneller voranzutreiben.»
* Dieser Artikel ist zuvor auf news.hslu.ch erschienen.